C. Kulturkampf

DER BALD NACH DER REICHSGRÜNDUNG ZWISCHEN DER REICHSREGIERUNG UND DER KATHOLISCHEN KIRCHE ENTSTANDENE SOG. KULTURKAMPF, DER NACH DEM MUSTER PREUßENS AUF EINE KLARE TRENNUNG DER STAALICHEN UND KIRCHLICHEN BEFUGNISSE AUSGERICHTET IST UND BALD AUCH DAS GROßHERZOGTUM HESSEN ERFASST, SCHLÄGT SICH IN WIMPFEN SELBST ZUNÄCHST FAST NICHT MEHR ALS IN DEN REICHS- UND LANDESPOLITISCHEN BERICHTEN DES „WIMPFNER BOTE“ NIEDER, NICHT JEDOCH AUF DEN ABLAUF DER ZWEITEN REICHSTAGSWAHL, AUF DIE EINFÜHRUNG DER STAATLICHEN SCHULAUFSICHT SOWIE DIE SCHAFFUNG DES ZUM VOLLZUG DER ZIVILEHE SOWIE DER FÜHRUNG DER PERSONENSTANDSREGISTER EINGERICHTETEN STANDESAMTES; DOCH ZIEHT DAS IM ZUGE DES KULTURKAMPFES GESCHAFFENE HESSISCHE VOLKSSCHULGESETZ DIE AUFHEBUNG DER FÜR ZU KLEIN BEFUNDENEN KATHOLISCHEN KONFESSIONSSCHULE WIMPFEN IM TAL UND DAS STAATSKIRCHENGESETZ SCHLIEßLICH EINE ÜBER NEUNJÄHRIGE NICHTBESETZUNG DER KATHOLISCHEN PFARRERSTELLE SOWIE EINE FAST VIERJÄHRIGE SOLCHE DER BENEFIZIATENSTELLE NACH SICH.

  1. Der 1873 nach dem Tod des Buchdruckers Carl Rapp in die Hand von Carl Dieterich gelangte „Wimpfener Bote“ spiegelt die Kämpfe wider, welche die nach Trennung von Staat und Kirche strebende Regierung des Deutschen Reiches gegen die Römische Kurie insbesondere durch den sog. Kanzelparagraphen, die Ersetzung der geistlichen durch die staatliche Schulaufsicht sowie die Einführung der Zivilehe führt.

Die vorstehende häufige Zitierung des „Wimpfener Bote“ lässt sichtbar werden, welch wichtige Rolle diese 1869 (ca. anderthalb Jahre vor der Reichsgründung) von BUCHDRUCKER CARL RAPP ins Leben gerufene, dreimal pro Woche erscheinende und jeweils nur wenige Blatt umfassende sog. „Amts-, Anzeige- und Unterhaltungs = Blatt“ als Informator der Einwohnerschaft über bedeutsame Fakten und Geschehnisse hineingewachsen ist (siehe dazu schon in Band 2 die Seiten 538 und 539, 590 bis 592). Dies gilt nicht minder für das durch die Reichsgründung bei aller noch bestehenden Einengung des Bewusstseins der Menschen auf die tägliche Bewältigung des Daseins deutlichst gewachsene Interesse am politischen, insbesondere jetzt dem reichspolitischen, Geschehen, wobei dessen Weckung bei der Masse der Einwohnerschaft gerade durch die vielen gezielt aufgenommenen diesbezüglichen Zeitungsmeldungen maßgebliche Unterstützung erfuhr. Nach dem im Januar 1873 erfolgten Tod von Carl Rapp gelangten Druckerei, Redaktion und Verlag in den Besitz von REDAKTEUR CARL DIETERICH und wurden in das Nebenhaus von KAUFMANN MÜNCH verlegt. Hier sei in

  • Abb. C 1: Kopfteil des „Wimpfener Bote“ Nr. 105 vom 1. Oktober 1873 (5. Jahrgang)[1]

das damals durch die Auswechslung des Logo (anstelle des Staatswappens des Großherzogtums Hessen jetzt das Wimpfener Stadtwappen) veränderte Gesicht des Blattes gezeigt, dessen vierteljährlicher Abonnementpreis jetzt von 30 auf 33 kr erhöht wurde und dem das bislang kostenlos gelieferte „Illustrirte Unterhaltungsblatt“ fortan nur gegen ein Extra-Abonnement von 18 kr pro Vierteljahr beigegeben wurde. Zum Beginn des Folgejahres 1874 gibt der „Wimpfener Bote“ den folgenden (hier gekürzt wiedergegebenen) Rückblick auf das vergangene sowie Ausblick auf das neue Jahr, worin die Aufforderung an die Leserschaft eingebettet ist, „an der Entwicklung der Menschheit (dazu gehören auch die hier angesprochenen reichspolitischen Dinge) Anteil zu nehmen“:

„Äußerlich so still sinkt selten ein Jahr in den Schoß der Zeit hinab wie das Jahr 1873. … Ganz abgesehen von dem furchtbaren Ringen des Staates mit der römischen Kurie um die Oberherrschaft und abgesehen von den mächtigen, die tiefen aufwühlenden sozialen Kämpfen unserer Zeit, gibt es ein überreiches Arbeitsfeld für die Zeitungen und die Leser, die sich nicht in die Stille der Zelle einpuppen, sondern an der Entwicklung der Menschheit Anteil nehmen wollen. Die Zeit setzt sich nicht zur Ruhe wie ein reicher Kaufmann, der seine Schäflein ins Trockene gebracht hat und am 31. Dec. sein dickes Kontobuch zuklappt und seine Ladentür schließt für immer, um im Schatten seines feuerfesten Geldschranks auszuruhn. … Wir wünschten, wir hörten in dem neuen Jahr etwas weniger von den Geistlichen als im alten. Die Kirche würde sich etwas besser dabei befinden und der Staat auch. Täglich liest man von den Geldstrafen, die den Bischöfen auferlegt sind. Ledochowski in Posen hat es schon zu 21 000 Thlrn. gebracht. Der Bischof wird gestraft, weil er unbefugt (d. h. ohne Anmeldung bei der Regierung) Geistliche anstellt, die Geistlichen werden gestraft, weil sie unbefugt geistliche Amtshandlungen vornehmen, und am meisten gestraft ist das Publikum; denn eine Trauung z. B., die ein solcher Geistlicher vorgenommen, ist nicht rechtsgültig.“

Was mit der Passage „dem furchtbaren Ringen mit der römischen Kurie um die Oberherrschaft“ gemeint ist, das ist der von der Politik des REICHSKANZLERS OTTO VON BISMARCK entfachte und von dem berühmten politisch hoch engagierten PROFESSOR DER MEDIZIN RUDOLF VON VIRCHOW 1873 so betitelte „Kulturkampf“. Auf der einen Seite stand der erzkonservativ ausgerichtete PAPST PIUS IX., der hatte erleben müssen, dass der Kirchenstaat nach dem durch den Deutsch-Französischen Krieg erfolgten Abzug der französischen Schutztruppen aus Rom im September 1870 in den neuen italienischen Nationalstaat einverleibt worden war. Und durch den Aufstieg des protestantisch dominierten Preußen im Deutschen Reich sah dieser seinen Einfluss und den Katholizismus elementar bedroht. Somit lehnte er die von Bismarck und den dessen Politik stützenden Liberalen (in weitestem Sinne) angestrebte Trennung von Staat und Kirche sowie die Gewährung von Rede- und Religionsfreiheit strikt ab. Ihm und den sich Ende 1870 in der Zentrumspartei organisierenden politischen Katholiken standen Bismarck und seine Anhänger unversöhnlich gegenüber. Und diese setzten Schlag auf Schlag die folgenden Gesetze und Bestimmungen durch, die direkt oder indirekt als gegen die Katholische Kirche gerichtet verstanden werden konnten, jedoch, so weit es nicht um alleinige Angelegenheiten derselben ging, auch für die Protestantische Kirche Gültigkeit besaßen:[2]

  • Juli 1871: Die katholische Abteilung im preußischen Kultusministerium wird aufgelöst.
  • Dezember 1871: Laut dem sog. „Kanzelparagraph“ wird den Geistlichen verboten, bei Verlautbarungen in ihrem Beruf den „öffentlichen Frieden“ zu stören. Eine Ergänzung von 1876 weitet diese Vorschrift auch auf die Verbreitung von Schriften aus.
  • 1872: Durch das „Jesuitengesetz“ dürfen die Jesuiten in Deutschland keine Niederlassungen mehr errichten. Und durch das „Schulaufsichtsgesetz“ wird die geistliche durch eine staatliche Schulaufsicht ersetzt.
  • 1873: Durch die „Maigesetze“ kontrolliert der Staat die Ausbildung und Einstellung der Geistlichen. Jetzt wird das kirchliche Vermögen durch gewählte Gemeindevertretungen verwaltet.
  • 1874: Durch die Einführung der „Zivilehe“ ist nur noch die Eheschließung des Standesamtes gültig, nicht mehr die kirchliche. Wer kirchlich heiraten will, darf dies erst nach erfolgter standesamtlicher Trauung.
  • 1875: Das „Brotkorbgesetz“ entzieht der Kirche die staatlichen Zuwendungen und das „Klostergesetz“ löst in Preußen die Klostervereinigungen mit Ausnahme solcher, die Krankenpflege leisten, auf.

Was im obigen Zeitungsbericht an Beispielen der Maßregelung von Bischöfen und Geistlichen aufgeführt ist, bezieht sich auf preußisches ehemals dem Norddeutschen Bund zugehöriges Gebiet, wo die Kirchengesetzgebung der obigen Art und die „Zivilehe“ früher als im übrigen Gebiet Deutschlands des Deutschen Reiches zur Anwendung gelangten. Und wenn anfänglich die Rede ist von den „tiefen aufwühlenden sozialen Kämpfen“, so ist damit die sich anbahnende weitere schwerwiegende Auseinandersetzung des Reiches mit der aufstrebenden Sozialdemokratie gemeint, worüber an späterer Stelle noch ausführlich zu berichten sein wird.

Zum Jahresbeginn 1875, um noch einmal den Blick auf die Zeitung zu richten, berichtet der „Wimpfener Bote“ u. a. Folgendes:
„Im Wiener Karltheater, wo man gegenwärtig Offenbachs ‚Schönröschen’ gibt, erregt allabendlich ein Couplet die allgemeine Heiterkeit. Ein Gendarmen-Chor singt seine Verse mit dem ständigen Refrain ‚wird arretiert’. Erst gegen den Schluß aber erhebt er sich aus dem Localen in die ‚hohe Politik’: ‚Wer einem Kanzler nicht pariert, wer Akten dem Archiv entführt, wird arretiert, wird arretiert, wird arretiert’, wiederholt der Chor mit tiefstem Baß und unerschütterlichem Ernst.“
Daraus ist zu schließen, dass man im katholischen Wien und in Österreich überhaupt, das den Krieg von 1866 gegen Preußen verloren hatte und von der im Sinne der sog. Kleindeutschen Lösung erfolgten Reichsvereinigung ausgeschlossen blieb, die von Bismarck initiierten Gesetze und Anordnungen, die schließlich unzählige Widerstand leistende katholische Geistliche und auch Bischöfe ins Gefängnis bringen sollte, alles andere als liebte und hier, sich abreagierend, im Couplet den Reichskanzler „auf den Arm nahm“.

  • Diese Entwicklung des Verhältnisses zwischen Staat und Kirche übertrug sich im Zuge der Übernahme der vom Reich vorgegebenen Gesetzgebung mehr oder minder auch auf die Länder. Was das protestantisch orientierte und mit Preußen verwandtschaftlich eng verbundene Großherzogtum Hessen betrifft, so folgte dieses gesetzgeberisch in allen Stücken dem preußischen Gesetzesmustern nach. Die Landstände und die Regierung verabschiedeten somit in den Jahren 1874 und 1875:
  • Das im Benehmen mit der versammelten außerordentlichen Synode am 6. Januar 1874 erlassene „Edict, die Verfassung der evangelischen Kirche des Großherzogtums betreffend“ (wirksam werdend ab 15. April 1874). Dieses sollte die stärkere Mitwirkung in der Kirchengemeinde durch die Einführung einer gewählten Kirchengemeinde-Vertretung und eines teilweise gewählten Kirchenvorstandes und somit das eigenkirchliche Leben fördern und die Kirche auch von der Bevormundung des Staates befreien helfen.
  • Das „Gesetz das Volksschulwesen betreffend“ vom 16. Juni 1874 (wirksam werdend ab 1. Januar 1875), das die Leitung des gesamten Volksschulwesens staatlichen Behörden übertrug und die bestehenden diesbezüglichen Beziehungen zwischen Kirche und Schule lockerte.
  • Die nach dem Muster der o. g. preußischen Gesetze der Jahre 1871 – 73, insbesondere der „Maigesetze“ von 1873, am 23. April 1875 erlassenen die Kirchen betreffenden Gesetze, nämlich:
  1. das „Gesetz, die rechtliche Stellung der Kirchen- und Religionsgemeinschaften im Staat betreffend“,
  2. das „Gesetz, den Mißbrauch der geistlichen Amtsgewalt betreffend“;
  3. das „Gesetz, betreffend die Vorbildung und Anstellung der Geistlichen“;
  4. das „Gesetz, die religiösen Orden und ordensähnlichen Congregationen betreffend“.

Die vier letztgenannten gleichzeitig erlassenen Gesetze gingen, was die Eingrenzung kirchlicher und die Ausdehnung staatlicher Rechte anbelangt, teilweise sogar über die preußischen sog. Maigesetze und sonstigen Gesetze der Jahre 1871 – 1875 hinaus.[3] Das ergab sich vor allem daraus, dass das durch sein historisches Herkommen genau wie Preußen ausgeprägt protestantische Großherzogtum Hessen nach den Napoleonischen Kriegen mit der Zuweisung insbesondere von kurmainzischen und kurpfälzischen Gebieten vorwiegend katholische Bevölkerung dazubekommen hatte. Und deren 1850 ernannter streitbarer BISCHOF VON MAINZ WILHELM EMMANUEL VON KETTELER (1811 – 1877), ein erklärter Gegner der Trennung von Staat und Kirche und einer der großen Widersacher Bismarcks im Kulturkampf, Mitgründer zusammen mit LUDWIG WINDTHORST der Zentrumspartei, des führendem Repräsentanten derselben, festes Mitglied der Ersten Kammer der hessischen Landstände sowie gewähltes Mitglied des ersten Deutschen Reichstages, setzte sich so wie schon zwei Jahrzehnte zuvor (siehe dazu Band 2, S. 632 – 633) mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln für die Erhaltung der Macht und Autonomie der Katholischen Kirche ein. Doch hatten seine Proteste gegen die Gesetzentwürfe und seine Gehorsamsverweigerung die Inkraftsetzung derselben nicht verhindern können. Denn seitdem der papsttreu, österreichfreundlich und kleindeutsch eingestellte hessische Ministerpräsident seit 1852 REINHARD VON DALWIGK auf das Drängen Bismarcks abgelöst worden war und im September 1872 der liberal und national gesonnene bisherige Vertreter im Bundesrat KARL HOFMANN das hessische Ministerpräsidentenamt übernommen hatte, hatte sich in Regierung und Landtag der Kurs der Befreiung von kirchlichem Einfluss durchgesetzt.

  1. Durch das Edikt über die Verfassung der Evangelischen Kirche im Großherzogtum Hessen wird den Geistlichen über den bisherigen Kirchenvorstand hinaus eine 40-köpfige Kirchengemeindevertretung zur Seite gestellt.

Im vorwiegend protestantischen Wimpfen dürfte wohl durch diese politische Entwicklung der immer wieder im 19. Jahrhundert von den evangelischen Geistlichen als gegeben erklärte Friede mit der zwar noch kleinen, aber an Zahl und Einfluss wachsenden katholischen Minderheit – wenigstens vorläufig – nicht oder kaum gelitten haben. Denn als z. B. am 19. August 1875 der seit dem 5. Mai 1858 in Wimpfen tätige KATHOLISCHE PFARRER GEORG WAGNER sein 50-jähriges Priesterjubiläum begehen konnte, wurde – wie in der Chronik der evangelischen Kirchengemeinde vermerkt ist – eine kirchliche Feier veranstaltet, „woran auch der evangelische Kirchenvorstand und der Stadtvorstand Anteil nahm, ein schönes Zeichen des confessionellen Friedens in unserer Stadt“. Aus diesem Anlass verlieh der Großherzog dem Jubilar den Ludwigsorden. Wie bereits in Band 2, S. 148 sowie 506 und 512, umrissen, wurden in den beginnenden 1870er Jahren die vorhandenen beiden evangelischen Pfarrerstellen von folgenden Geistlichen versehen:

– Die I. Pfarrerstelle hatte der per Dekret des Großherzogs vom 29. Februar 1868 ernannte und am Sonntag Judica (29. März) 1868 durch den GROßHERZOGLICHEN PRÄLATEN DR. CARL ZIMMERMANN eingesetzte DEKAN UND ERSTE PFARRER WILHELM SCRIBA als Nachfolger des seit 1848 tätig gewesenen FERDINAND ZIMMERMANN bzw. durch des dessen Stelle vom 25. Juni 1866 ab als Pfarrvikar versehenden LUDWIG FROHNHÄUSER inne. Laut dem von ihm in der Chronik der Evangelischen Kirchengemeinde gegebenen Lebenslauf seien folgende Daten und Fakten seines bisherigen Lebens herausgestellt:

Geb. am 27. Mai 1817 zu Darmstadt als Sohn eines Garnisons-Freipredigers und Lehrers an der Garnisons-Töchterschule; Besuch des Gymnasiums in Darmstadt mit Abiturientenprüfung Ostern 1836; Studium der Theologie in Gießen mit dortiger Fakultätsprüfung Ostern 1841; einjähriger Besuch des Predigerseminars Friedberg; dann Tätigkeiten als Hauslehrer; Sommer 1843 Ablegung des Theologischen Staatsexamens in Darmstadt; ab November 1844 neben der Hauslehrertätigkeit vierzehntägige Versehung des Gottesdienstes der evangelischen Gemeinde Seligenstadt mit Anerkennung als Vikariat; von Januar 1846 bis Mai 1856 Pfarrverweser in Seligenstadt und Groß-Steinheim; dann Pfarrer bis März 1868 in Ober-Lais im Kreis Nidda in Oberhessen. Diesem oblagen die Seelsorge und die Predigten in Wimpfen am Berg und im Tal sowie die Nachmittagspredigten und die Katechismuslehre im Zeitraum zwischen Ostern und Advent in Wimpfen am Berg, außerdem die Seelsorge in Hohenstadt und Helmhof. Er wohnte mit seiner Familie und amtierte im der sog. Kollektur zu Wimpfen gehörigen und neben dem sog. Maringerhaus nahe der Stadtmauer gelegenen sog. Ersten Pfarrhaus, gelegen in der Oberen Kirchgasse 34, ab 1895 geändert in: Mathildenbadstraße 45).

– Die mit der Stelle des Rektors der Lateinschule verbundene II. Pfarrerstelle war als Nachfolger von KARL DRAUDT seit 10. April 1859 mit dem Zweiten Pfarrer CHRISTIAN SCHIMPFF besetzt, der am vorgenannten Tag im Beisein von DEKAN UND  ERSTEM PFARRER WILHELM STOCKHAUSEN in Wimpfen am Berg und in Hohenstadt seine Antritsspredigten gehalten hatte. Dessen in der Pfarrchronik niedergeschriebener Lebenslauf weist Folgendes aus:

Geb. am 26. März 1825 zu Butzbach, Kreis Friedberg in Oberhessen, als Sohn eines Großherzoglich-hessischen Stabsarztes; bisherige Diensttätigkeiten: dreijähriges Vikariat in Villingen, Kreis Nidda; anschließend fünfjährige Tätigkeit als Diakon im überwiegend katholischen Gernsheim am Rhein, Kreis Bensheim. Wie sein Vorgänger hatte er außer der Leitung der städtischen Lateinschule, an der er 12 – 15 Stunden Unterricht zu erteilen hatte, die Predigten in Hohenstadt und Helmhof sowie von Advent bis Ostern die Nachmittagspredigten und den Katechismusunterricht in Wimpfen am Berg zu halten. Als Wohnung und Amtssitz diente ihm das ebenfalls im Besitz der Kollektur zu Wimpfen stehende und rechts neben dem Eingang zum Friedhof befindliche sog. Zweite Pfarrhaus in der Oberen Kirchgasse 29 (ab 1895: Mathildenbadstraße 23). Allerdings war er, als ausgangs September 1859 Dekan Stockhausen ein plötzlicher Tod getroffen hatte, mit der interimistischen Führung der Dekanatsgeschäfte sowie dem Vorsitz im Kirchenvorstand betraut und bis zur Neubesetzung der ersten Pfarrstelle durch Pfarrverwalter LUDWIG DOSCH ersetzt worden.- Wie in Band 2 aus dem Anfang des letzten Kapitels I.1, S. 626/627, hervorgeht, zeichnete Pfarrer Schimpff vorab sich als herausragend tiefgründiger Schreiber der Chronik der Evangelischen Kirchengemeinde aus, worin er aber 1861 durch den o. g. Dekan und Ersten Pfarrer FERDINAND ZIMMERMANN abgelöst worden war, der jedoch wegen seines schlechten Gesundheitszustandes in den Jahren 1862 – 1865 die Führung der Chronik unterlassen hatte. Nach dem überraschenden Tod desselben und dem dadurch eintretenden Wechsel der Besetzung der ersten Pfarrstelle war auf das schon lange bestehende Verlangen der Hohenstadter hin eine Veränderung der Dienstobliegenheiten der beiden evangelischen Geistlichen dahingehend getroffen worden, dass dem Zweiten Pfarrer in Hohenstadt und Helmhof auch die Seelsorge sowie ganzjährig die Nachmittagspredigt wie auch dem Ersten Pfarrer der anschließende Katechismusunterricht für das ganze Jahr übertragen worden war. Mit diesen sicherlich eine Vereinfachung der Zuständigkeiten bringende sowie Hohenstadt und Helmhof eher zufriedenstellenden Regelung war ein wechselseitiger Austausch von Besoldungsteilen erfolgt, die im Bereich der Naturalleistungen dahin gegangen war, dass der bislang dem Ersten Pfarrer zugeordnete im Hohenstadter Markungsteil gelegene sog. Pfarracker sowie der sog. Pfarrweinberg mit Wiese im „Sommerberg“ unter beide Pfarreien aufgeteilt worden waren, wobei das Los bestimmt hatte, dass vom Pfarrweinberg der Ersten Pfarrei der Offenau zu gelegene Abschnitt, der Zweiten Pfarrei der Hohenstadt zu gelegene Abschnitt zugefallen war.

Diese beiden Pfarrer wie auch die Angehörigen der Evangelischen Kirchengemeinde nahmen die o. a. die Kompetenzen der Kirchen einschränkenden Bestimmungen der neuen Kirchengesetze und -dekrete ohne Widerstand hin, zumal sich diese entschieden weniger durch diese tangiert fühlten als die Katholiken. Und so ist am Beginn der Eintragung der Chronik der Evangelischen Kirchengemeinde diesbezüglich für 1874 und 1875 sowie 1877 kommentarlos Folgendes vermerkt (die gewählten Gremien sind hier durch Unterstreichung herausgehoben; und eingeschobene Ergänzungen sowie Hinweise sind in Aufrechtschrift wiedergegeben):

Das den vorgenannten Wahlen zugrundeliegende Edikt über die presbyterial-synodale Verfassung der Evangelischen Kirche des Großherzogtums Hessen (einschließlich der Wahlverordnung vom 21. April 1874) hatte nach wie vor zwar dem Landesherren das Regiment über die Evangelische Kirche des Landes zugestanden. Diese konstituierte sich jetzt aber als selbständige Körperschaft. Jede mit der Zustimmung der Landessynode gebildete Kirchengemeinde übte die ihr zugestandenen Befugnisse der Selbstverwaltung über den aus den amtierenden Geistlichen und (in Wimpfen – siehe oben – aus 8) gewählten Kirchenvorstehern bestehenden Kirchenvorstand aus. Diesem war jetzt jedoch eine durch Wahl bestimmte (in Wimpfen aus der stattlichen Zahl – siehe oben – von 40 mindestens 30 Jahre alten auf 6 Jahre Gewählten bestehenden, doch zur Hälfte durch Los nach 3 Jahren ausscheidenden, doch wieder wählbaren) sog. Gemeindekirchenvertretung zur Seite gestellt. Diese hatte bei Veränderungen im Bestand des Kirchenvermögens, Festlegung der Art und Größe neuer Bezüge der Kirchendiener und Beamten, Feststellung der Voranschläge sowie Beschaffung von Sondermitteln, Einführung von Umlagen und Vergleichen bei Rechtsstreitigkeiten mitzuentscheiden und trat mindestens einmal im Jahr zusammen. Die nächsthöhere Ebene bildeten wieder „größere Bezirke – Decanate“, in denen die Kirchengemeinde über die fungierenden Pfarrer und Pfarrverwalter hinaus jetzt mit weltlichen Abgeordneten (Wimpfen mit einem solchen und Stellvertreter für 6 bzw. auf 3 Jahre) vertreten war. Z. B. wurde der Dekan jetzt durch die Dekanatssynode gewählt und nicht mehr von oben bestimmt. In ihrer Gesamtheit wird die Evangelische Kirche des Großherzogtums durch die Landessynode vertreten; diese besteht aus 7 (3 geistlichen und 4 weltlichen) vom Großherzog bestimmten und 2 (einem geistlichen und einem weltlichen) von der Dekanatssynode gewählten Vertretern sowie dem evangelischen Prälaten. Was die Besetzung erledigter Pfarrstellen betrifft, so erfolgt diese bis zur anderweitigen Regelung unter Beteiligung der Gemeinden durch den evangelischen Landesherren auf Vorschlag des Oberkonsistoriums.

Sicherlich konnte sich die Kirche durch die gesetzliche Einbindung so vieler gewählter Vertreter aus den Gemeinden in ihre Dinge eine Belebung ihrer Arbeit, insbesondere auch des Gottesdienstbesuchs zumindest durch die bürgerlichen Kreise versprechen. Der Blick auf die angegebenen Berufe der Kirchenvorstände zeigt, dass vornehmlich die Handwerker und Gewerbetreibenden, und besonders stark die weniger Begüterten unter den Bauern, aber auch vermögendere Bauern und gleichzeitig Wirte (Ökonomen), jedoch kaum Amtsträger und gar nicht die Unterprivilegierten (Arbeiter und Taglöhner) vertreten waren. Befremdlich wirkt aus heutiger Sicht das völlige Fehlen (wie bei allen Arten der damaligen Wahlen infolge ihres totalen Ausgeschlossenseins von jeglichem Wahlrecht) der Frauen! Aus der Sicht der übrigen Einträge der Kirchenchronik der Evangelischen Kirchengemeinde findet sich außer den vorstehend wiedergegebenen Wahlen und ihrer Ergebnisse nichts, was in diesen und den folgenden Jahren bis 1880 auf besondere Veränderungen durch die neue Kirchenverfassung hinweisen würde.

  1. Das kirchliche und mehr oder minder auch sonstige gemeindliche Leben wird von den Pfarrern nach wie vor in der Chronik der Evangelischen Kirchengemeinde festgehalten.

Nunmehr sei ergänzend – und zwar in genauer chronologischer Folge – dargelegt, was über das vorstehend bereits hauptsächlich berichtete Personelle hinaus der ERSTE EVANGELISCHE PFARRER (UND DEKAN) WILHELM SCRIBA und nach dessen Erkrankung 1891 PFARRVERWALTER HEINRICH BECKER sowie die Nachfolger des ZWEITEN PFARRERS CHRISTIAN SCHIMPFF namens PETER SCHNEIDER (ab 1873) und ADOLF PETERSEN (ab 1881) in der Chronik der Evangelischen Kirchengemeinde noch Weiteres an ihnen berichtenswert erscheinenden Geschehnissen der 1870er Jahre bis hin zum Jahr der Zurruhesetzung 1892 des Erstgenannten aufgezeichnet haben. Dabei handelt es sich zunächst zwar vorrangig nach wie vor um speziell Kirchengemeindliches, doch darüber hinaus, entsprechend der Weisung des Großherzogs des Jahres 1857, dann auch noch um in der Stadtgemeinde Wimpfen in ihrer Gesamtheit spielende und ihnen berichtenswerte erscheinende Ereignisse vielerlei Art, wobei allerdings vieles später gesondert im Rahmen der jeweiligen Sachbereiche Berichtetem vorbehalten bleibt, so vor allem

– die personelle Besetzung der Schulen (siehe nachfolgend in Unterkapitel C.4) und deren Fortentwicklung (siehe Kapitel I) sowie der Staatsämter (siehe Kapitel D);

– das Geschehen um die Wahlen zum Gemeinderat sowie des Bürgermeisters und der Beigeordneten (siehe Kap. E),

– die Geschehnisse und Neues im Vereinsleben oder im Bau- und Denkmalwesen (siehe insbes. in Kap. M); außerden insbesondere noch

– das obligatorisch jährlich berichtete Wettergeschehen mit den von diesem elementar abhängigen Ergebnisse der Ernte in all ihren Zweigen des Land- und Gartenbaus (siehe insbes. in Kap. K).

Was nachfolgend noch über das gemeindliche Grundgeschehen hinaus Jahr für Jahr in der Evangelischen Kirchenchronik Berichtete aufzuführen ist, das sind die vielen tragischen – die Gemeinde aufwühlenden – Ereignisse wie vor allem: das Zutodekommen von Menschen aller Altersstufen durch Unfall aller Art, darunter ganz besonders häufig im Bereich der Landwirtschaft sowie durch Ertrinken insbesondere im Neckar sowie nicht selten auch durch Selbstmord. Dazu zählen auch die überdies immer wieder berichteten gesetzwidrigen (darunter auch speziell sog. sittenwidrigen) Handlungen, wodurch die Geistlichen seelsorgerisch immer wieder wie auch durch das häufige Zugrabebringenmüssen von Kindern tiefgreifend gefordert gewesen sind. Parallel dazu erscheinen auch Ereignisse dieser Art sowie andere nicht in der Kirchenchronik berichtete solche in der örtlichen Zeitung, die hier, kenntlich gemacht durch (Z), hinzugebracht werden sollen. So weit das Berichtete wörtlich übernommen wird, erfolgt die Wiederghabe in Schrägschrift. Erläuterungen hierzu sind in Klammer eingefügt:

1872:

– Im vorgenannten Jahr, demnach schon vor den vorbeschriebenen Wahlen der Kirchengemeindevertretung und des Kirchenvorstandes der Jahre 1874, zur Dekanatssynode 1875 und der Ergänzungswahl der Kirchengemeindevertretung 1877, war für den bislang auch als Leiter der Lateinschule amtierenden ZWEITEN PFARRER CHRISTIAN SCHIMPFF eine neue Situation eingetreten. Es war dem Gemeinderat nämlich nach einigen vergeblichen Anläufen gelungen, die von der Kreisschulkommission befürwortete Genehmigung der schon lange erwünschten Realschule zu erwirken; denn: „Am 22. April wurde die städtische Realschule (vor der Hand noch eine Privatanstalt) eröffnet und zum Dirigenten derselben ein Reallehrer Wiedow aus Mecklenburg ernannt. Es wurde die bisher hier bestehende Lateinschule aufgehoben bzw. mit der Realschule verschmolzen und hat der zweite Pfarrer gegen eine Vergütung von 100 Gulden 16 Stunden Unterricht an dieser Schule zu ertheilen.“ Die so entstandene „Städtische Real- und Lateinschule“ umfasst 3 Lehrer (einschließlich des 2. Pfarrers), 2 Klassen und 31 Schüler. Näheres siehe in Kapitel I!)

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1873:

– Im Zuge einsetzender nicht zuletzt auf Einsparungen ausgerichteter Umstruktuierungen übergeordneter Behörden wird mit Wirkung vom 1. Januar 1873 als erste solche Maßnahme das bisher bestandene Dekanat Wimpfen aufgehoben und die zu demselben gehörigen Pfarreien dem Dekanat Zwingenberg an der Bergstraße zugewiesen (Näheres siehe unter D.1).

– Am 16. März 1873 feiern der STADTDIENER JOHANN LUDWIG BARTH und seine Ehefrau JOHANNA KATHARINA, geborene WEILEMANN, das (damals seltene Fest) ihrer 50-jährigen Jubelhochzeit. Die alten Leute begeben sich – wie damals üblich – in feierlichem Aufzuge in Begleitung ihrer Kinder und Enkel in das Gotteshaus, wo sie nochmals eingesegnet werden. Von Sr. Königlichen Hoheit dem Großherzog und von der Gemeinde erhalten sie Geldgeschenke und von der Kirche eine Bibel.

– Laut Dekret vom 22. Mai 1873 wird der PFARRER SCHIMPFF nach 14-jähriger Dienstzeit in Wimpfen nach Gettenau im Dekanat Nidda in Oberhessen versetzt und er hält am 27. Juli 1873 in Wimpfen am Berg sowie in Hohenstadt seine Abschiedspredigt. Sein Abtreten hat natürlich mit seiner vor stark zwei Jahren erfolgten Ablösung als Leiter der Lateinschule trotz seiner unverändert dort weitergehenden Pflicht der Unterrichtserteilung zu tun (siehe Weiteres unter I.1.a).

– Für ihn kommt PFARRER PETER SCHNEIDER zunächst als Pfarrverwalter, der am 4. September 1873 seine Tätigkeit in der Schule beginnt und seine Antrittspredigten in Wimpfen am Berg und in Hohenstadt am 7. September und fünf Tage später auch in Helmhof Gottesdienst hält. Aus seinem umfänglichen Lebenslauf in der Kirchenchronik geht hervor, dass er im oberhessischen Lorbach bei Büdingen am 12. Dezember 1840 geboren ist, an der Universität Gießen Theologie studiert und dort im Herbst 1863 die Fakultätsprüfung abgelegt und anschließend in Friedberg in der Wetterau ein Jahr das Predigerseminar besucht hat. Nach bestandener Definitorialprüfung in Darmstadt im Februar 1865 und zehnmonatiger Leitung der Privatschule Meerholz bei Hanau war er zunächst im ausgehenden Jahr 1865 als Pfarrvikar nach Queckborn bei Grünberg in Oberhessen in den Kirchendienst berufen worden sowie gleichzeitig auch als zeitweiliger stellvertretender Lehrer an der Rektoratsschule Grünberg tätig gewesen. Diesem waren Tätigkeiten in Reichelsheim/Wetterau von Mai 1868 bis November 1871 und in Neu-Ysenburg bei Frankfurt ab Dezember 1871 gefolgt. Er schließt seine vorstellenden Worte in der Chronik wie folgt: „Wie ich meine Arbeit in Kirche und Schule begonnen, so will ich sie weiter treiben, so lange es dem Herrn gefällt, mit der Hoffnung, die Er seinen Knechten gibt durch die Verheißung Jesaj. 55,10-11 und mit Gebet für die anvertraute Gemeinde, daß sie durch Gottes Gnade und Hilfe dahin kommen möge wie St. Paulus schreibt Phil. 3,9-11, dazu hilf uns, lieber Herr und Gott!“

– Am 15. Juni 1873 findet eine „außerordentliche Kirchenvisitation“ durch den SUPERINTENDENTEN DR. LEISS, Darmstadt, statt, über deren Ergebnis nichts berichtet ist.

– 8. Juli 1873 (Z): Vorgestern Abend wurde im Einsiedelwald die stark in Verwesung übergegangene Leiche eines erhängten und bis jetzt noch unbekannten Mannes aufgefunden. Der Verstorbene mag etwa 30 Jahre alt sein und war ordentlich gekleidet. Derselbe wurde gestern Abend 8 Uhr auf dem hiesigen Friedhofe beerdigt.

– Am 27. November, nachts nach 12 Uhr, wurde LUISE REGINE, geborene FISCHER, Ehefrau des FRIEDRICH CARL HORN, Ackermann dahier, von einer Maschine in der Neckarmühle ergriffen und schrecklich verstümmelt.

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1874:

– Durch Dekret vom 25. Februar 1874 wird der vorgenannte PFARRER PETER SCHNEIDER zum Zweiten Pfarrer ernannt. Am 8. Mai stirbt dahier der ledige HEINRICH AUGUST RAPPOLD, welcher der Kirche ein Legat von 50 Gulden testierte.

– Am 10. April starb in Folge von Brandwunden, welche er beim Öffnen des Dampfkessels in der Papierfabrik des CARL LINK dahier erhalten hatte, der Taglöhner JOHANN JAKOB WIELAND.

– 25. Juni (Z): Laut einer von Darmstadt hierher gelangten glaubwürdigen Mitteilung hat der frühere Mathildenbad-Besitzer Müller bei Darmstadt im Tannenwalde seinem Leben ein Ende gemacht.

– Seit Weihnachten 1874 schmückt den Altar in der Kirche zu Hohenstadt, das PFARRER SCHNEIDER zusammen mit Helmhof kirchlich zu betreuen hat, ein Kruzifix von Zink mit versilbertem Christus. Dasselbe hat einen Wert von 24 Mark und ist ein Geschenk der dortigen Gemeindeglieder.

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1875:

– Am 1. August 1875 hält REISEPREDIGER PFARRER SCHUSTER von Stuttgart vormittags Gottesdienst in der Kirche und nachmittags einen Vortrag im Rathaus über die Innere Mission, worin er insbesondere sich über die sozialdemokratischen Bewegungen dieser Zeit verbreitet. Er findet großen Anklang in der Gemeinde und auch bei den anwesenden Auswärtigen. Die erhobene Kollekte von 50 Mark wird für die Innere Mission verwendet.

– In diesem Jahr wird in Weiterführung der im April 1870 vorläufig nach fast einjähriger Schließung abgeschlossenen Restaurierung der Evangelischen Stadtkirche (siehe Band 2, S. 506 – 511; Kosten 20.780 fl) von PROFESSOR NOACK von Darmstadt das Wandgemälde an der Orgelbühne, die vier großen Propheten darstellend, für 200 Gulden angefertigt.

– In der Kirche zu Hohenstadt wird im Oktober 1875 eine Kanzelbekleidung von rotem Tuch mit seidenen goldgelben Fransen angeschafft. Dieselbe ist wieder ein Geschenk der Einwohner Hohenstadts im Wert von 18 Mark 50 Pfennig.

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1876:

– Am 17. Januar 1876 bekräftigt der Gemeinderat, was in der Kirchenchronik damals zwar nicht erwähnt, doch für die Evangelische Kirchengemeinde sehr wichtig ist, die folgende acht Jahre zuvor getroffene Festlegung: „Nach dem Gemeinderaths-Beschluss vom 23. Januar 1868 soll das erforderliche zur Restauration der Kirche erforderliche Kapital von Privaten zu 4 ½ % aufgenommen sowie die Bezahlung der Zinsen u. ratenweise Rückzahlung des Kapitals von der Gemeinde übernommen werden … und stimmt der jetzige Gemeinderath umsomehr für die Uebernahme der Kosten von der ganzen Gemeinde, da die Kirche eine Zierde der Stadt bildet.“

– Die Tage vom 18. – 20. Juli 1876 sind hohe Fest- und Ehrentage für die Evangelische Gemeinde Wimpfen, weil dort der Hauptverein der Gustav-Adolf-Stiftung im Großherzogtum Hessen seine 33. Jahreshauptversammlung abhält. Der Wimpfener Zweigverein dieser zur geistlichen und materiellen Förderung vor allen Dingen der evangelischen Diasporagemeinden gegründeten und im Großherzogtum Hessen weit verbreiteten Vereinigung soll nach der Angabe im „Wimpfener Bote“[4] bereits am 25. Mai 1842 entstanden sein, und dieser soll sich am 25. März 1862 durch ein „Frauenverein“ erweitert haben. Die beiden Ortsvereinigungen hatten es sich zur besonderen Aufgabe gemacht, durch Sammlungen Gelder für die Unterstützung von Diasporagemeinden im Hessenlande und darüber hinaus zu sammeln. Z. B. hatte der „Frauenverein“ im Frühjahr 1873 eine Verlosung von 110 eingegangenen Gaben im Rathaussaal vorgenommen und die über 750 Lose erzielte Einnahme von 89 fl zu je einem Drittel dem Landesverband, der evangelischen Gemeinde in Diedenhofen/Elsaß sowie den jungen hessischen Diasporagemeinden Horchheim, Weinsheim und Wies-Ippenheim bei Worms zur Verfügung gestellt. Innerhalb der jährlichen Ermittlung der „Opfer und Spenden“ der Evangelischen Kirchengemeinde bildete die Rubrik „für die Gustav-Adolf-Stiftung“ (ab 1877 oft getrennt in: „a. von Gemeindegliedern, b. vom Frauenverein“) eine ständige feste Größe. Die bis zu diesem Datum erzielte Spendensumme betrug beim Wimpfener Zweigverein 1.431 fl 26 kr und beim sehr viel jüngeren Frauenverein bereits schon 1.072 fl 10 kr. Über diese Festtage ist wie folgt berichtet:

„Schon am 18. kamen die Abgeordneten der Zweigvereine und Festgäste hier an und wurden in den Familien der hiesigen Bürger gastfreundlich aufgenommen. Abends um 8 Uhr war Vorversammlung im hiesigen Rathaussaal.- Am 19. bewegte sich um 9 Uhr der feierliche Zug durch die festlich geschmückte Stadt zur Kirche, in welcher Professor Diegel die Festpredigt hielt über das Wort des Herrn: ‚Ohne mich könnt ihr nichts tun’ (Joh. 15,5). Darauf folgten die Verhandlungen und dann ein gemeinschaftliches Essen im Gasthaus zum Ritter.- Am 20. machten dann eine große Anzahl der Festgenossen noch einen Ausflug nach Weinsberg und auf die Weibertreu.- Welch günstige Beurtheilung das Fest auch außerhalb Hessens gefunden hat, mögen folgende Zeilen beweisen, welche einem Bericht aus den Blättern des Gustav-Adolf-Vereins für das evangelische Württemberg, vierter Jahrgang, 1876, pag. 25 entnommen ist: ‚Freundlich begrüßt von Bürgern der Stadt, sahen wir nun mit Lust die Straßen festlich geschmückt mit Eichenlaub, mit grünen Zweigen überall und mit wehenden Fahnen, deutschen und hessischen, darüber. Jetzt bedauerten wir ernstlich, daß aus dem Württemberger Lande nicht mehr Freunde der Sache sich eingestellt hatten, ist doch Wimpfen als ein vorgeschobener Posten des Hessenlandes und ganz umschlossen von Baden und Württemberg, auf die nachbarschaftliche Gemeinschaft besonders angewiesen. Um so zahlreicher waren die Mitglieder aus Hessen selbst herbeigekommen, und auch wir wurden herzlich willkommen geheißen. pp.’“ Die festliche Umrahmung der Jahreshauptversammlung des Gustav-Adolf-Vereins ist als eine in der Zeit des Kulturkampfes dem Protestantismus dargebrachte demonstrative Huldigung anzusehen.

Hier sollen jetzt zur Belebung zwei im Jahr dieses Kirchenfestes 1876 entstandene qualitätvolle Zeichenwerke eingefügt sein. Diese stammen aus der Hand des zuerst in Nürnberg und ab 1888 in München wohnhaft gewesenen begabten, fleißigen und anerkannten insbesondere LANDSCHAFTS- UND ARCHITEKTUR-ZEICHNERS, (STAHL)STECHERS, FARBLITOGRAFEN und MALERS LUDWIG ROHBOCK, der u. a. auch Stahlstiche für das 1853 beim Verlag G. G. Lange in Darmstadt herausgegebene Bildwerk „Das Großherzogtum Hessen, 1842 – 49“ geliefert hatte:[5]

  • Abb. C 2a: Blick auf die Evangelische Stadtkirche Wimpfen am Berg vom Marktplatz her, beschriftet mit „Wimpfen“ und signiert mit „R. 76“ von Ludwig Rohbock (* 30. März 1824 in Sulzbach bei Nürnberg – am 12. Januar 1893 in München);

  • Abb. C 2b: Schrägblick auf das Bürgermeister-Elsäßer-Haus im Burgviertel, ebenfalls beschriftet mit „Wimpfen“ und signiert mit „R. 76“ vom Vorgenannten.

Dieser ist zwar wenig bekannt geworden, ist jedoch auf vielen Reisen in allerlei Landschaften und Städten Deutschlands, in Österreich, der Schweiz, Ungarn und Siebenbürgen zeichnend unterwegs gewesen, und hatte 1855 eine Serie von ihm selbst in Stahl gestochener Donauveduten geschaffen und nach dessen Zeichnungen waren um 1875 teilweise Chromlithografie-Serien mit Ansichten vom Harz, Rhein und aus Ungarn und Siebenbürgen erschienen.

– Am 31. Mai 1876 stirbt das KIRCHENVORSTANDSMITGLIED JOHANN DANIEL BERGSCHICKER.

– 15. Juni 1876 (Z): Am Fronleichnamstag ereignete sich in der Nähe von hier ein recht bedauerlicher Unglücksfall. Zwei junge Leute im Alter von 25 und 27 Jahren begaben sich nachmittags nach Offenau, der eine zu dem Zwecke, seine dort wohnhafte Braut zu besuchen. Gegen 9 Uhr machten sie sich auf den Heimweg, und zwar der eine in Gesellschaft seiner Geliebten, welcher jedoch an der Offenauer Überfähre sich wieder verabschiedete. Kurz nachdem aber die Letztere sich entfernt hatte, kehrten beide wieder nach Offenau zurück, um sich noch in einem dortigen Wirtshause zu amüsieren. Erst nach 11 Uhr kam ihnen der Gedanke, ernstlich zum Heimwege aufzubrechen, aber der Fährmann weigerte sich, in dieser späten Stunde bei dem hohen Wasserstande die beiden zu überführen. Sie entfernten sich und gingen allein an die Fähre, wo sie den Nachen mit Gewalt loslösten, um sich selbst überzuführen; inmitten des Neckars stieß der Nachen auf ein großes mit Kohlen beladenes Schiff, woran sich der eine festhielt, während der andere mit dem Nachen, welcher sich ohne Zweifel mit Wasser angefüllt hatte, seinem Schicksal überlassen war. Hierüber ist bis jetzt nur so viel ermittelt, dass der Nachen andern Tags in Haßmersheim aufgefangen wurde; von dem einen, der sich auf dem großen Schiff rettete, konnte man Näheres ebenfalls nicht erfahren, da derselbe durch das große Kohlenschiff das Land erreichen konnte und von da aus sich direkt auf den Heimweg machte. Von dem Unglücklichen, welcher sich in nächster Zeit verehelichen wollte, ist nun leider anzunehmen, dass er nun im Neckar verunglückt ist.

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1877:

– Am 11. November 1877 wird durch den jetzt zuständigen Großherzoglichen Dekan des Dekanats Zwingenberg, KIRCHENRAT DORNSEIFF zu Bickenbach an der Bergstraße, eine ordentliche Kirchenvisitation gehalten und den folgenden Tag die Schulen von demselben visitiert.

– 20. November (Z): Einige Subjekte pflegen gegenwärtig bei der Heimkehr vom Wirtshause um mitternächtliche Stunde beliebige Hausbewohner durch Läuten an den Hausglocken von ihrer Ruhe zu stören. Es sind dies einfältige Bubenstreiche, die man von Erwachsenen entfernt nicht sollte erwarten dürfen. Hoffentlich gelingt es, diesen noch auf die Spur zu kommen.

– Sonntag, 28. Oktober: Der am Schluss gegebene ausführliche Bericht über das 1877 zu Hohenstadt erbaute neue Schulhaus und die aus diesem Anlass am vorgenannten Sonntag geschehene Einweihungsfeier ist im nachfolgenden Unterkapitel C.4 wiedergegeben.

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1878:

– Am 18. Februar 1878, abends 8 Uhr, hat sich der SALINEARBEITER HEINRICH AUGUST GRECKE infolge häuslicher Zerwürfnisse im trunkenen Zustande durch einen Messerstich ins Herz getötet. Derselbe war aus Seebnitz, Regierungsbezirk Liegnitz in Schlesien und beim Eisenbahnbau hierher gekommen.

– Am 24. März 1878 stirbt der KATHOLISCHE PFARRER WAGNER und wird die Stelle vor der Hand nicht wieder besetzt, sondern von dem KAPLAN JAKOB KOCH zu Wimpfen im Tal verwaltet. Weiteres über dieses für die Katholische Kirchengemeinde im Zuge des Kulturkampfes folgenschwere Ereignis findet sich an späterer Stelle unter C.7 und C.8 dargestellt.

– 8. September (Z – siehe den zweiten Abschnitt): An diesem Tag, so berichtet die Chronik der Evangelischen Kirchengemeinde, wird JOHANN JAKOB ROßBACH, Ackermann in Wimpfen im Tal, von LUDWIG CARL RINCKER, lediger Sohn des verstorbenen KARPFENWIRTS JOHANN MARTIN RINCKER, mit einem Metzgermesser erstochen. Rincker wIrd vom Schwurgericht wegen Körperverletzung mit tödlicher Folge zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt.

Die „Wimpfener Zeitung“ berichtet unter dem 10. September 1878 über den Hergang der Tat Genaueres: Bluttat in Wimpfen im Tal. Die Einwohner von Wimpfen im Tal und hier wurden am letzten Sonntag Abend gegen 8 Uhr in nicht geringe Aufregung versetzt durch eine furchtbare Tat, die in dem Wohnhause des Jakob Roßbach daselbst verübt wurde. In Folge eines vorangegangenen Wortwechsels wollte der bei ihm wohnhafte Tochtermann W. H. noch am selbigen Abend seine Hausgeräte ausräumen, was Roßbach ihm mit der Bemerkung nicht zugeben wollte, dass es Sonntag Abend und deswegen nicht passend sei, mit dem Mobiliar etc. auszuräumen, dagegen könne er andern Tags (also Montag) sein Eigentum in Empfang nehmen. Darob geriet der oben Genannte ca. 25 Jahre alte Tochtermann und dessen Stiefbruder, der 20 Jahre alte L. R., seines Zeichens Metzger, mit ihm ins Handgemenge und noch ehe sich Roßbach seiner Angreifer erwehren konnte, wurde ihm von einem dieser Beiden (man sagt von dem Metzger) ein Stich in die linke Seite des Unterleibs beigebracht, in Folge dessen Roßbach sofort tot zusammenstürzte.- Während die inzwischen herbeigekommene Hilfe einiger Männer sich von dem furchtbaren Geschehen überzeugten, waren die beiden Attentäter auf und davon, und war dies vor ihrer Verhaftung noch ihr Glück, denn die herbeigeholten Einwohner hätten sicher Volksjustiz an ihnen geübt.- Um 8 Uhr war die Gendarmerie ihrer habhaft und wurden sie sofort im hiesigen Gefängnis hinter Schloss und Riegel gebracht.- Der so plötzlich seines Lebens Beraubte war allgemein bekannt als ein äußerst fleißiger Mann und wird sein frühzeitiger Tod um so mehr bedauert, als der Unglückliche noch 7 unmündige Kinder hinterlässt, welche vor 3 Jahren auch die Mutter durch den Tod verloren haben.[6]

– Im selben Jahr wird in Hohenstadt der Turm auf der Kirche ganz mit Schiefer gedeckt, was einen Kostenaufwand von ca. 400 Mark erfordert.

Um ein Beispiel der jährlich vom ERSTEN PFARRER und DEKAN WILHELM SCRIBA kontinierlich in gleichartiger Weise vorgenommenen Eintragung im Chronikbuch der Evangelischen Kirchengemeinde zu geben und vor allem das Vielerlei der Blickrichtungen spüren zu lassen, seien hier die dem Jahr 1878 geltenden drei Seiten eingefügt:

  • Abb. C 3a, C 3b, C 3c: Die auf die Geschehnisse des Jahres 1878 bezogenen Seiten 104, 105 und 106 der Chronik der Evangelischen Kirchengemeinde Wimpfen mit beigegebener Transkription.

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1879:

– Nachdem im vorausgegangenen Jahr zu Hohenstadt niemand, außer einem nur elf Tage alten Kinde, gestorben ist, kehrt der Tod im Jahre 1879 schon am Neujahrstage früh ein, und am 25. Januar verliert der ACKERMANN JAKOB FRIEDRICH STRAIB durch einen Sturz in seiner Scheuer im Alter von 41 Jahren und 56 Tagen das Leben.

– 3. Juni 1879 (Z): Bei einer Auseinandersetzung in der Familie des G. Sch. ist es wieder zu höchst unangenehmen Auftritten gekommen, was den nicht bei seinem Vater wohnenden Sohn veranlasste, in die Wohnung des Vaters zu gehen und denselben wegen grober Misshandlung der Mutter zur Rede zu stellen. Der Vater griff sofort nach seinem scharf geladenden Jagdgewehr, welches ihm jedoch der Sohn aus der Hand riss und teilweise zertrümmerte, wobei der eine Lauf losging und das rechte Bein desselben so stark verletzte, dass eine bleibende Entstellung desselben zu befürchten ist.

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1880:

– Am 17. März 1880 stirbt die ledige EVA BARBARA STRAIB in einem (damals höchst selten erreichten) Alter von 93 Jahren 3 Monaten 1 Tag. Sie durfte sich bis kurze Zeit vor ihrem Tode einer guten Gesundheit erfreuen, doch schon längere Zeit hatte sie ihr Gehör verloren.

– Im Frühjahr 1880 wird der am Hang des Sommerbergs über der Fleckinger Mühle gelegene und immer noch zur Pfarrerbesoldung (Naturalanteil) beitragende sog. Pfarrweinberg, dessen unterer Bereich vor einem starken Jahrzehnt durch den Bahndamm zugedeckt worden ist, wieder neu angelegt. Die Kosten für das Reuten des Bodens, die Maueranlage und das Setzen der Reben betragen 293 Mark.

– Am 31. März wurde morgens im Schiedsee ein neugeborenes weibliches Kind gefunden. Es stellte sich heraus, dass eine unverheiratete NÄHERIN JAKOBINE ROSINE KUBACH in der Nacht vorher dasselbe geboren und nachdem sie es (Z: nach den Wunden am Kopf zu schließen) getötet in das Wasser geworfen hatte. Dieselbe wurde vom Schwurgerichtshof zu Darmstadt wegen Kindstötung zu 3 Jahren Gefängnis verurteilt.

– Auf Frühjahr und Sommer 1880 bezieht sich die folgende von PFARRER PETER SCHNEIDER erfolgte Eintragung: „Durch Allerhöchstes Decret vom 20. April 1880 wurde der Unterzeichnete zum Pfarrer in Groß-Rohrheim, im Decanat Zwingenberg ernannt. Nachdem sich sein Wegzug von hier durch Familienverhältnisse verschoben hatte, legte er seine hiesige Dienststelle am 28. Juni 1880 nieder, nachdem er sich Tags zuvor, am V. Sonntag Trinit., von der Gemeinde Wimpfen und Hohenstadt mit der Predigt über II. Cor. 13,13 verabschiedet hatte mit dem Wunsch und der Bitte, daß der Herr auch ferner über die ganze Gemeinde walte und alle Glieder segne mit seiner Gunst und seinem Frieden in Herz und Haus, im Leben und Sterben, in Zeit und Ewigkeit.- Peter Schneider.“ Nach dem Weggang desselben werden dem ERSTEN PFARRER SCRIBA (vorläufig bis zur Wiederbesetzung der Stelle) die Funktionen des Zweiten Pfarrers sowie der Vorsitz im Kirchenvorstand zu Hohenstadt übertragen, während PFARRER KUHN zu Heinsheim die Predigten und Casualien (kirchlichen Amtshandlungen) sowie die Erteilung des Religionsunterrichts in Hohenstadt übertragen erhält.

– Am 11. Juli 1880 findet die Ergänzungswahl der Mitglieder der Evangelischen Gemeindevertretung zu Wimpfen statt und werden sämtliche austretenden Mitglieder wieder gewählt. Dasselbe Resultat ergibt die am 12. September stattfindende Ergänzungswahl von vier ausscheidenden Mitgliedern des Kirchenvorstandes. Am 25. Juli nimmt PFARRER SCRIBA die Ersatzwahl der Mitglieder der ev. Gemeindevertretung in Hohenstadt und am 20. August diejenige zu Helmhof vor.

– Am 11. August, vormittags zwischen 4 und 7 Uhr, hat sich FRIEDRICH CHRISTOPH KNIEHSEL, Landwirt dahier, im Gefängnis erhängt, wohin er in Untersuchungshaft am Tage vorher wegen Meineid abgeführt worden war.

– Am 12. September, vormittags 6 Uhr, erschoss sich im Haag mit einer Pistole der NAGELSCHMIED CHRISTOPH HEINRICH GROßLAUB. Er war am 24. Oktober 1807 geboren, ein unchristlicher Mensch.

– Am 16. November feierten der Calcant (Orgeltreter) an der Stadtkirche und NACHTWÄCHTER CHRISTIAN BERNHARD SPEER und dessen Ehefrau ELISABETHA BARBARA, geborene GEROLD, die goldene Jubelhochzeit und wurden in ihrer Wohnung eingesegnet. Die Frau stirbt am 21. Februar 1881.

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1881:

– An Stelle des am 17. Januar 1881 verstorbenen BEIGEORDNETEN KAUFMANN FRIEDRICH MUCKH, der auch Mitglied des evangelischen Kirchenvorstandes gewesen ist, wird RENTNER DR. EMIL MÖRICKE gewählt.

– Am 3. April 1881 wird als Nachfolger von PFARRER SCHNEIDER im Amt des 2. Pfarrers von DEKAN KIRCHENRAT DORNSEIFF zu Bickenbach in Hohenstadt und Wimpfen den Gemeinden PFARRER (GEORG FRIEDRICH HEINRICH) ADOLF PETERSEN vorgestellt, der als am 7. August 1821 in Landau in der Rheinpfalz Geborener bereits fast 60 Jahre alt ist. Unter dem biblischen Leitwort „Er leitet mich nach deinem Rat“ (Psalm 73.24) stellt der aus der rheinhessischen Kirchengemeinde Mußbach bei Neustadt an der Weinstraße Gekommene sein dienstliches Werden und sein bislang bereits über fast 4 Jahrzehnte gegangenes vielfältiges dienstliches Tun in der Chronik der Evangelischen Kirchengemeinde gründlichst über nicht weniger als sechs Seiten vor. Dessen Basis hatte er nach philosophischen und juristischen Studien in Erlangen durch den Wechsel zur Theologie mit weiteren Studienzeiten in Bonn, Berlin und zum Schluss wieder in Erlangen sowie schließlich bestandener Vorprüfung gelegt. Nach Diensttätigkeiten an verschiedenen Orten der Rheinpfalz als Vikar bzw. selbständiger Pfarrverweser, schließlich 1845 nach in Speyer bestandener Anstellungsprüfung hatte er mehrere Jahre die Pfarrei Erlenbach im Dekanat Germersheim versehen und war ab 1852 zum Pfarrer von Rhodt bei Landau ernannt worden. Als solchem war ihm die Distrikts-Schulinspektion für den Canton Edenkoben sowie interimistisch auch für den Canton Landau übertragen worden, wodurch er mehrere Jahre die Aufsicht über 60 Schulen zu führen und neben der pastoralen Tätigkeit auch pädagogische und administrative Arbeit sowie die Unterrichtung von Schulpräparanden zur Vorbereitung für das Seminar zu leisten gehabt hatte. Nach siebenjährigem solchem Wirken hatte er die Stelle eines Hausgeistlichen im Kgl. Bayrischen Central-Gefängnis zu Kaiserslautern, schließlich die Vorstandschaft des protestantischen Schullehrer-Seminars der Bayrischen Rheinpfalz zu Kaiserslautern versehen. Gesundheitliche Probleme hatten ihn nach siebenjähriger anstrengendster verantwortungsvoller Tätigkeit veranlasst, 1869 aus der Stelle des Kgl. Staatsbeamten auszuscheiden und in die des Geistlichen zurückzukehren. Nach rund siebenjähriger Tätigkeit in der 5 Ortschaften umfassenden kleinen Pfarrei Ernstweiler bei Zweibrücken hatte er sich durch ein bedenkliches Darmleiden gezwungen gesehen, in das oben genannte Mußbach am Fuße der Hardt zwischen Neustadt und Dürkheim zu wechseln. Die hier nunmehr wiedergebene originale Schilderung gibt Einblick in die damaligen den Pfarrern der Landorte gebotenen instabilen Besoldungsverhältnisse sowie die infolge der inzwischen eingetretenen Mitwirkung der Pfarrgemeindevertreter geänderte Praxis der Besetzung der Pfarrstellen: „Leider bestand dort das Pfarrgut aus Weinbergen und zwar meist aus älteren. Die Jahre 1878, 79 und 80 waren aber so ungünstig, daß der größte Teil der Weinberge wiederholt erfror und zum Aushauen verurteilt werden mußte, um dem Pfarrer durch Anbau und Düngung nicht mehr zu kosten, als ihm einzutragen. Das Pfarreinkommen sank nun so, daß, als ich im Jahre 1881 nach fast 38 Dienstjahren die Stelle verließ, kein einziger Pfarrer sich darum bewarb, sondern ein Candidat für dieselbe ernannt wurde.- Nach diesen Vorgängen bei ohnehin steigenden Ausgaben für meine Familie, verbunden mit empfindlichen Vermögensverlusten, noch einmal zu einem Wechsel gedrängt, wurde ich zugleich vor die Frage gestellt: Wohin? – Auf höhere Alterszulagen war keine Aussicht mehr vorhanden … Zudem war inzwischen die Art der Besetzung der Pfarreien in der pfälz. Kirche an die Abstimmung des Presbyteriums geknüpft worden, wobei ein Pfarrer von 40 Jahren als Mitbewerber gegenüber einem von 60 Jahren auftreten kann, natürlich zum Nachteil des letzteren. Während nun meine Gedanken zunächst auf das rechtsrheinische Baiern gerichtet waren, wurde von anderer Seite mein Augenmerk auf die hessische Landeskirche gelenkt und auf den dortigen Mangel an Geistlichen.- Durch Gottes gnädige Fügung und die Huld Sr. Königlichen Hoheit des Großherzogs Ludwig II. wurde mir nun am 5. Februar 1881 die Stelle eines 2ten evang. Stadtpfarrers dahier verliehen … , in welche ich mit frischem Mut und neuer Freudigkeit eintrete. Der Gott aller Gnade und allen Segens gebe nun zum Wollen das Vollbringen. Nach seinem Wohlgefallen zum Segen für die 2 evangelischen Christengemeinden in Wimpfen und Hohenstadt.“

Natürlich spiegeln die vom schon dem Betagtenalter nahen neuen Zweiten evangelischen Pfarrer geschilderten Gründe für seine Wahl gerade des hessischen Exklaventädtchens Wimpfen die für dieses gegebene Gefahr wider, nach wie vor gerade noch gut genug für anderswo nicht unterbringbare Kirchen- und Staatsdiener zu sein. Doch lassen die gewissenhafte aufrichtige Akribie, mit der Pfarrer Petersen sein Herkommen und Ringen im Beruf wiedergibt, dazu der fraglos positive Eindruck, der sich aus seinem noch 12 Jahre bis Herbst 1893 in Wimpfen gehenden Wirken ergibt, dessen Anstellung durchaus als Gewinn für Wimpfen erscheinen. Dieses dürfte z. B. auch daraus hervorgehen, dass im Gegensatz zur Zeit seines Vorgängers fortab in der Chronik der Evangelischen Kirchengemeinde unter den Rubriken „Statistisches“ sowie „Opfer und Collecten“ aus seiner Hand für die von ihm erstrangig zu betreuenden Teilorte Hohenstadt und Helmhof gesonderte jährliche kurze Berichterstattungen erfolgen, die nach dessen Abgang für einige Jahre wieder abreißen.

– Am 22. Juni 1881 verunglückte der 7 ½ Jahre alte EMIL FRIEDRICH MAISENHÄLDER, Sohn des LANDWIRTES JAKOB FRIEDRICH MAISENHÄLDER, in Wimpfen im Tal, indem der steinerne Pfosten des Hoftors auf ihn fiel und sogleich tötete.

– Am 18. Juli ertrank der siebenjährige Sohn des POLIZEIDIENERS LUDWIG GERSPACH beim Baden im Neckar. Tags darauf wurde die Leiche bei Gundelsheim aufgefunden und daselbst beerdigt.

– Am 24. Juli erschien ein Komet und dann am 18. August ein zweiter, beide am nördlichen Himmel.

– 6. November 1881 (Z): Vor einem Haus in der Stadt ist ein etwa 4 – 5 Monate altes Kind ausgesetzt worden. Es wird vorläufig im Hospital untergebracht..

– In Helmhof starb, so weist der zweite Pfarrer Petersen zum ersten Mal auf diese seine abgelegene Kirchen-Kleinstgemeinde hin, am 23. Januar 1881 der BEIGEORDNETE FRIEDRICH HAFFELDER. An seine Stelle wurde gewählt FRIEDRICH RÜGLER.

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1882:

– 23. Januar 1882 (Z): Gestern Abend gegen 7 Uhr kam eine Frau des Weges von hier nach dem Tal; in der Nähe der Neckarmühle fuhr plötzlich ein Hund, um den Hals weiß gezeichnet und angeblich einem hiesigen Metzger gehörend, auf sie zu; das Tier zerrte die Geängstigte derart am Rock, daß derselbe stellenweise zerriss und sie die zwei Würste, die sie im Korbe trug, demselben hinwarf, um vor dem Hundevieh vor weiterem Schrecken und Schaden befreit zu werden. Die Frau kam somit nicht nur mit Schrecken, sondern auch mit zerrissener Kleidung nach Hause.

– Am 11. Juni 1882 feierten SCHUMACHER JOHANN CONRAD METZGER mit seiner Ehefrau CHRISTINE BARBARA, geb. HESS, ihre goldene Hochzeit.

– Am 12. August starb LANDWIRT FRIEDRICH THOMAS ROßBACH an einem Schädelbruch, den er sich infolge eines Sturzes in der Scheuer am 10. August zugezogen hatte.

– Im September ertrank im Neckar PHILIPP GAYER, der 7 ½ -jährige Sohn des Sägemüllers in der Neckarmühle JOHANN JAKOB GAYER; die Leiche wurde am 10. September bei Zwingenberg a. N. geländet und daselbst beerdigt.

– Aus dem bürgerlichen Leben von Hohenstadt, so weist der neue Zweite Pfarrer Petersen wiederum in seinem zusätzlichen Part aus, ist nichts Besonderes zu melden; in kirchlicher Hinsicht trat ebenfalls kein besonders bemerkenswertes Ereignis ein. Unter den Todesfällen ist zu bemerken das Ableben des BEIGEORDNETEN JOHANN CHRISTOPH MAYER. An seiner Stelle wurde GOTTLIEB SCHMIDT Beigeordneter. Und er schließt seinen Bericht wie folgt:

– Im Juli wurden für die Kirche zwei neue Glocken im Wert von 374 Mark gegossen.

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1883:

– Am 22. Juli 1883 (Z): Ein dreijähriges Kind fällt in der Klostergasse aus dem zweiten Stock auf die Straße und bleibt bis auf eine Platzwunde an der Stirn unverletzt.

– 24. Juli (Z): Ein hiesiger Bürger findet beim Himbeersuchen im Einsiedelwald die Leiche eines Kindes von etwa 6 Wochen. Die Sektion ergibt, dass das Kind an Ruhr gestorben ist. Näheres ist nicht zu ermitteln

– In kirchlicher Hinsicht, so wird berichtet, fanden mehrere Ergänzungswahlen statt. Zuerst am 16. September diejenige von fünf Mitgliedern des Kirchenvorstandes. Es wurden gewählt, respektive wiedergewählt: 1. BÜRGERMEISTER FRIEDRICH ERNST, 2. LANDWIRT PHILIPP BORNHÄUSER, 3. RENTNER LUDWIG KLENCK, 4. FLEISCHER FRIEDRICH EHEBALDT (neugewählt), 5. KAPPENMACHER JOHANN FRIEDRICH FRANK (desgleichen). Am 30. November war die Wahl von sieben Mitgliedern des Stadtvorstandes.

– Aus dem bürgerlichen und politischen Leben der Gemeinde Hohenstadt, so setzt der ZWEITE PFARRER PETERSEN seine gesonderte Berichterstattung weiter fort, ist neben dem, was aus dem Leben der Stadtgemeinde Wimpfen oben berichtet wurde, nichts Besonderes zu bemerken. In kirchlicher Hinsicht ist zu berichten , dass am 16. September 1883 bei der Ergänzungswahl des Kirchenvorstandes gewählt wurden: JOHANN SCHMALZHAF mit 10 Stimmen, CARL SCHIHWETZ mit 7 Stimmen, Dieselben wurden am 3. November durch das Dekanat bestätigt. Am 9. Oktober wurde an Stelle des verlebten SYNODALMITGLIEDES J. CHR. MAYER mit 3 unter 4 Stimmen JOHANN FRIEDRICH STAUDT zum Mitglied der Synode Zwingenberg gewählt und unterm 17. Oktober durch das Großherzogliche Dekanat bestätigt.

– In Helmhof wurden am 14. Oktober in den Kirchenvorstand gewählt: MICHAEL RÜGNER mit 6 Stimmen, JOHANN RÜGNER mit 4 Stimmen, GOTTLIEB SCHNELL mit 4 Stimmen.

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1884:

– Am 10. August 1884 wurde von dem hiesigen Kirchenchor ein Konzert in der Kirche gegeben, welches stark besucht war. Es kam das Oratorium Athalja zur Aufführung.

– 25. September (Z): Der 12-jährige Sohn des W. STAUDINGER wollte sich heute Mittag einen Spaß damit machen, im elterlichen Hause Pulver in die Herdfeuerung zu streuen. Plötzlich ertönte ein Knall, so dass der Herd teilweise beschädigt und dem kleinen Feuerwerker Haut und Fleisch der einen Hand erheblich verwundet wurde, so dass solche an acht Stellen genäht werden musste.

– Das einfache Stillleben der Gemeinden Hohenstadt und Helmhof verlief in diesem Jahr ohne bemerkenswerte Vorfälle.

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1885:

– Vom 4. – 10. September 1885 war das 1. Bataillon des 121. Württembergischen Infanterie-Regiments, welches in Ludwigsburg eincaserniert ist, hier einquartiert.

– 17. September (Z): Der TAGLÖHNER J. B. von hier geriet heute Vormittag mit seiner Ehefrau, wie schön öfters, in sehr heftigen Wortwechsel, welcher schließlich in Tätlichkeiten ausartete, wobei der Genannte u. a. mit einem stumpfen Gegenstande seiner Frau mehrer Schläge derart auf den Kopf versetzte, dass sie bewusstlos zu Boden sank … der Zustand der Betroffenen ist sehr bedenklich. Der Täter wurde sofort ins Gefängnis gebracht.

– Aus der Gemeinde Hohenstadt ist zu berichten, dass am 5. Juli 1885 an Stelle des verlebten JOHANN FRIEDRICH STAUDT der BEIGEORDNETE GOTTLIEB SCHMIDT in den Kirchenvorstand gewählt wurde. Im Übrigen verlief das Leben der kleinen Gemeinde wie gewöhnlich still und einfach. Was die Erträgnisse des Jahres in landwirtschaftlicher Beziehung betrifft, so gilt hier im Wesentlichen dasselbe wie bei der Stadtgemeinde Wimpfen. Auch von der noch kleineren Gemeinde Helmhof ist für dieses Jahr nichts Besonderes zu berichten.

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1886:

– Jahreswechsel 1885/86 (Z): Der Silvesterabend in den Wirtschaftslokalen wurde allseitig in fröhlicher Stimmung gefeiert. Weniger fröhlich und richtig gesagt abscheulich und bubenhaft war dagegen der Lärm, der sich von ½ 12 Uhr an namentlich in der oberen Stadt durch Schreien, Schießen usw. entwickelte und in einer Weise bis nach 3 Uhr währte, dass nur einstimmig gewünscht werden muss, solch skandalösem und sittenverderbendem Treiben, an dem sich leider auch die Jugend in hervorragender Weise beteiligt und worauf wir nicht näher eingehen wollen, mit allen zu Gebote stehenden Mitteln entgegengeschritten werden dürfte. Einen großen Schuldteil an der erwähnten Zügellosigkeit tragen diejenigen Eltern, welche ihre Söhne und Töchter nicht nur bis Mitternacht, sondern auch bis zur Morgenstunde – unbekümmert, wo und wie sie die Zeit verbringen – herumziehen lassen.

– Anfang Februar 1886(Z): Sandschiffer finden am Neckarwöhr die Leiche eines unbekannten Mannes.

– Es ereigneten sich im Jahre 1886 verschiedene tragische Fälle:

Am 10. August ertrank der zehnjährige REALSCHÜLER ALBERT BUHSER beim Baden im Neckar.

Am 17. September starb der 5-jährige Knabe CARL FRIEDRICH PLIENINGER, Sohn von LANDWIRT BALTHASAR PLIENINGER, in Folge dessen, dass der geladene Wagen, auf dem er saß, umfiel und er unter die Räder kam.

– 18. September (Z): Auch die „Wimpfener Zeitung“ berichtet, dass im Laufe der Woche mehrere schwere Unfälle in der Stadt passierten, bei denen ein fünfjähriger Knabe getötet und drei Personen schwer verletzt worden seien.

– Am 19. September starb der TAGLÖHNER HEINRICH HARTWICK, dem das Bein von einer Dreschmaschine zerrissen wurde und mit welchem der alte Familienname „Hartwick“ dahier erloschen ist. Verloren hat die Gemeinde an ihm nichts, da er ein entlassener Zuchthaussträfling und Schnapssäufer war.

– Am 1. Oktober starb der Knabe WILHELM PFOH (katholisch), Sohn von LANDWIRT FRANZ PFOH, in Folge eines Falles in der Scheuer.

– Aus der Gemeinde Hohenstadt ist für 1886 zu berichten, dass in Folge des Testamentes der verlebten Ehefrau HAUSER, geb. KLENK, der evangelischen Gemeinde Hohenstadt ein Vermächtnis von 34 Mark zufiel, welche Summe mit Vorbehalt späterer Verwendung einstweilen in der Sparkasse Wimpfen angelegt wurde.

– Das junge Ehepaar KARL STAUDT und ELISE, geb. SCHMIDT, haben sich nach mehrjähriger Trennung Ende des Jahres wieder vereinigt zu einem gemeinschaftlichen Haushalte. Es ist zu wünschen, dass die Vereinigung eine aufrichtige und bleibende sein möge.

– Ferner ist zu berichten, dass in diesem Jahre die Übergabe der Traubibel eingeführt und zum ersten Mal zur Ausführung gebracht wurde bei der Trauung des LANDWIRTES KARL LEPF (?) von Hasselbach mit (KAROLINE) LUISE CHRISTINE STRAIB.

– Über den in diesem Jahr erwähnten nähergerückten Plan der Erbauung einer Kapelle in Helmhof und die Schritte bis zur Realisierung im Jahr 1892 ist gesondert in Teilkapitel K.3.c berichtet.

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1887:

An tragischen Fällen im Jahr 1887 sind zu erwähnen:

– Am 12. Januar starb ein siebenjähriger Knabe GUSTAV FRIEDRICH SCHÖLL (geb. am 23. Januar 1880), Sohn des ZIGARRENMACHERS PHILIPP SCHÖLL, welcher in der oberen Schied Schlitten fuhr, beim Herabfahren unter einen auf der Chaussee von Rappenau daher kommenden beladenen Holzwagen geriet und überfahren wurde.

– Am 17. Juni erhängte sich der 75-jährige SALINENARBEITER HEINRICH FRIEDRICH VEYHL aus Lebensüberdruss.

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1888:

– Am 10. Mai 1888 fand eine Ersatzwahl der Kirchengemeindevertretung statt. Es wurden folgende 20 Mitglieder in dieselbe gewählt: 1. WILHELM BERG, Hospitalpächter; 2. JOHANN FRIEDRICH BERGMANN, Wirt; 3. DAVID DAUTEL, Glaser; 4. JOHANN WILHELM DAUTEL, Glaser; 5. FRIEDRICH BERNHARD GRUNER, Schuhmacher; 7. LUDWIG HAUSER, Schmied; 8. LUDWIG HOFFMANN, Metzger; 9. FRIEDRICH KERN, Landwirt; 10. ADAM VON LANGEN, Landwirt; 11. HEINRICH MAYER, Landwirt; 12. OTTO MUCKH, Kaufmann; 13. CHRISTIAN MÜNCH II, Bäcker; 14. GEORG RAITZ, Steueraufseher; 15. PHILIPP SCHÖLL, Zigarrenmacher; 16. FRIEDRICH WEYHING, Schmied; 17. AUGUST CARLE, Schmied im Tal; 18. CHRISTIAN GLÄSSER, Landwirt daselbst; 19. WILHELM GROSS I, Ankerwirt daselbst; 20. GEORG SCHMITT, Schiffer daselbst.

– Am 25. Juni wurde bei der Ersatzwahl zu Mitgliedern des Kirchenvorstandes gewählt: 1. FRIEDRICH FEYERABEND, Kammmacher; 2. JULIUS GOTTSCHIEK, Kassier an der Saline; 3. DR. EMIL MÖRICKE, Rentner; WILHELMM BUHL, Rentner.

Von tragischen Fällen sind zu erwähnen:

– Den 28. Januar wurde GLASER WILHELM LOTHAMMER morgens tot in der Scheuer gefunden; er war mutmaßlich durch einen Sturz verunglückt.

– Den 12. März hat sich der ledige TAGLÖHNER CHRISTOPH LINK, ein durch Trunksucht heruntergekommener Mensch, dem überdies eine Untersuchung wegen Unterschlagung bevorstand, erhängt.

– 13. November (Z): Es starb in Folge eines Sturzes in der Scheuer CARL HEINRICH WASSENMÜLLER, Zimmermeister dahier. Dieser war auf dem Dachboden seiner Scheune beschäftigt und fiel wahrscheinlich wegen eines Fehltrittes durch das sog. Garbenloch drei Stockwerke tief hinab. Er erlitt durch den Aufprall auf die Erde so schwere Verletzungen, dass seine sofortige Überführung in die Heidelberger Klinik notwendig wurde. Leider sollte der Verletzte diese nicht mehr erreichen; denn er starb auf dem Transport dorthin. Die Leiche wurde wieder nach Wimpfen zurückgebracht. Seine Frau und 10 Kinder beweinen den ihnen so jäh entrissenen treusorgenden Gatten und Vater.

– 14. Dezember (Z): Auf der hiesigen Saline stieß heute morgen dem dort in Arbeit stehenden FREDRICH HENNIGE ein bedauerlicher Unfall zu. Er kam so unglücklich in die Speichen eines Wagenrades, dass er unterhalb der Wade einen Knochenbruch erlitt. Dem Verunglückten wurde sofort erste Hilfe zuteil.

– Hohenstadt: Jahresgeschichte: Am 8. Sonntag post Trinitatis, den 22. Juli, wurde durch Herrn DEKAN DR. STROMBERGER im Auftrag der Großherzoglichen Superintendentur eine ordentliche Kirchenvisitation abgehalten. Der früher seit Aufstellung der Orgel entfernte alte Taufstein wurde wieder in der Kirche vor dem Altar aufgestellt.

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1889:

– Es kam 1889 der seltene Fall vor, dass drei goldene Hochzeiten, jedoch nur im engeren Familienkreise, gefeiert wurden und vom Geistlichen daselbst aufs Neue eingesegnet:

  1. nämlich am 29. März CHRISTIAN FRIEDRICH FEYERABEND, Kammacher und Mitglied des Kirchenvorstandes, und EVA CHRISTINE, geborene HESS;
  2. an demselben Tage JOHANN ADAM VON LANGEN und KATHARINA REGINA, geborene ULRICH;
  3. am 26. Mai FRIEDRICH BECK II, Landwirt in Wimpfen im Tal, und JAKOBINE BARBARA, geborene HANSELMANN.

Von tragischen Fällen sind zu erwähnen:

– Den 2. April starb LANDWIRT GEORG WAIDLER dahier in Folge eines Falles von der Treppe der Bierwirtschaft von Wacker, wo wegen der Bürgermeisterwahl Freibier ausgeschenkt wurde.

– Am 16. Juli stürzte KATHARINA SPEER, ledige Bötin, in ihrem Hause am Marktrain von der Treppe herab und starb in Folge davon am 17. Juli.

– OSWALD BARTH, lediger Sohn von Landwirt HEINRICH BARTH, Schreiber bei einem Rechtsanwalt in Heilbronn, erschoss sich am 23. Juli im Bonfelder Wald wegen eines Zerwürfnisses mit seinem Vater, der ihn einen „Bankert“ geheißen hatte.

– 27. Juli (Z): Rasch tritt der Tod den Menschen an! Gestern Abend vermisste die Frau des TAGLÖHNERS CHRISTIAN ENGELHARDT ihren Mann, fand nichts Auffälliges darin, da sie ihn in einer Wirtschaft wähnte. Nachdem es spät geworden war und der Mann nicht nach Hause kam, begab sich die Frau nichtsahnend zu Bette. Als sie aber heute Morgen das Bett ihres Mannes leer fand, suchte sie nach Letzterem und fand ihn auf der Kellertreppe sitzend, zu ihrem Schrecke aber leider als Leiche. Engelhardt war gestern Abend damit beschäftigt, Stroh in den Keller zu tragen, wobei er vom Schlage gerührt leblos niedersank. Wie ärztlicherseits festgestellt, muss der Tod gegen 9 Uhr erfolgt sein.

– 17. August 1889 (Z) : „Ein herber Schmerz traf gestern einen unserer geachtetsten Mitbürger, den POSTVERWALTER A. D. W. SCHMEHL, der auch in seinem ausgedehnten Freundeskreise tiefe Trauer und innige Teilnahme für den Schwergeprüften hervorrufen wird. Nachdem kaum ein Jahr verflossen, seitdem ihm die Gattin von der Seite gerissen, um ihren vorangegangenen neun Kindern zur ewigen Ruhe zu folgen, haben die Parzen auch noch den Lebensfaden seines letzten zehnten Kindes, einer Tochter im blühenden Alter von 24 Jahren, durchschnitten und auf die Totenbahre gebettet. Nun ist auch der letzte Reis dahin seine letzte Hoffnung und einzige Stütze:

 Ach, das Holde, keusch und milde, 
Stirbt wie Frühlingsmorgenrot, 
Und des Lebens zart’ste Blume 
Blühet stille in den Tod.

Fürwahrlich ein tragisches Geschick, eine schwere Heimsuchung, die der Allmächtige dem hart geprüften Manne auferlegt hat, möge er ihm Kraft verleihen, das Unabänderliche auch zu ertragen. Die selig Entschlafenee aber; requiescat in pace, möge sie in Frieden ruhen!“

– 19. Dezember (Z): Ein erschütternder Unglücksfall ereignete sich gestern Nachmittag zwischen 3 und 4 Uhr auf dem Bahnhofe in Jagstfeld. Der HILFSBAHNARBEITER KASPAR MÜLLER aus Wimpfen im Tal geriet infolge eines Fehltritts zwischen die Puffer zweier Wagen, welche ihm den Brustkasten derart eindrückten, dass er nach wenigen Minuten verstarb. Der erst 48 Jahre alte Verunglückte hinterlässt eine trauernde Witwe mit vier unmündige Kinder. Der schmerzliche Trauerfall erweckt allgemeine Anteilnahme für die schwergeprüfte Familie.

– 3. Dezember 1889 (Z): In Hohenstadt wird die HAUSHÄLTERIN L. in Haft genommen, weil sie im Verdacht steht, ihr neugeborenes Kind getötet zu haben.

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1890:

– In diesem Jahr tritt im evangelischen Kirchenwesen wieder eine personelle Veränderung ein. Dies geht aus der Eintragung von DEKAN und ERSTEM PFARRER WILHELM SCRIBA hervor, der seit 1868 treu und genau und somit über 22 Jahre hinweg die Chronik der Evangelischen Kirchengemeinde (ab 1881 bezogen auf Wimpfen am Berg und im Tal) geführt hat und jetzt in seinen letzten Zeilen über sich folgendes Traurige berichtet: „Am 31. August habe ich zum letzten Mal Gottesdienst gehalten, da ich am 13. post Trinit. einen Anfall der Influenza auf der Kanzel bekam. Auf mein Ansuchen wurde mir Pfarramtscandidat Heinrich Hahn aus Darmstadt als Assistent beigegeben, welcher am 5. Oktober sich der Gemeinde vorstellte.- Und im Anschluss berichtet HEINRICH HAHN über sich: „Ich bin geboren am 1. Juni 1865 in Darmstadt. Nach abgelegtem Maturitätsexamen am dortigen Gymnasium bezog ich die Landesuniversität Gießen, woselbst ich von 1885 – 89 Theologie studirte. Im Herbste 1889 trat ich in das Predigerseminar zu Friedberg ein, welches ich im Jahre 1890 verließ, um in Wimpfen vom 1. October 1890 ab Assistent zu werden. Mein Aufenthalt in Wimpfen wurde unterbrochen durch die Zeit des in Darmstadt abgelegten Staatsexamens Anfang 1891. Ende April 1891 wurde ich als Pfarrverwalter nach Schornsheim (bei Alzey/Worms) in Rheinhessen versetzt und daselbst am 26. April ordinirt.“ Demnach dauerte die Vertretungstätigkeit des Vorgenannten nur 8 Monate.- Es wird dann aus der Hand des Nachgenannten der personelle Weitergang folgendermaßen dargelegt: „An Stelle des nach Schornsheim i./Rh. versetzten Assistenten Hahn wurde durch Dekret Groß. Oberconsistoriums vom 2. April der Pfarramtscandidat Heinrich Becker aus Worms zum Vicar der ersten Pfarrei Wimpfen bestellt und am 26. dess. M. durch Herrn Dekan Stromberger aus Zwingenberg ordinirt.- Heinrich Becker, geboren zu Kirchheim Bolanden (bayr. Pfalz) am 12. November 1866, besuchte nach Absolvirung eines dreijährigen Kurses in der Volksschule zu Mannheim das dortige Gymnasium, welches er später mit dem von Worms vertauschte. Nach abgelegtem Maturitätsexamen (Ostern 1885) bezog er die Universität Gießen und bestand Herbst 1888 sein theologisches Facultätsexamen. Hierauf leistete er in München seiner Militärpflicht Genüge und siedelte October 1889 nach Friedberg zum Besuch des dortigen Prediger-Seminars über. Im Frühjahr 1891 legte er zu Darmstadt das Definitorial-Examen ab und wurde damit in die Zahl der hess. Pfarramts-Candidaten eingereiht.“

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1891:

– Der neue PFARRAMTSVICAR HEINRICH BECKER berichtet über dieses Jahr 1891 u. a. Folgendes: Im Monat Juli wurde eine Ergänzungswahl zum Kirchenvorstand und zur Gemeindevertretung vorgenommen, um beide Bürgerschaften wieder auf die gesetzlich normierte Höhe zu bringen. In den Kirchenvorstand wurden gewählt: OBERAMTSRICHTER SÜFFERT (bis 1898), ALBERT MÜNCH (bis 1893), HEINRICH MAYER (bis 1893), OTTO MUCKH (bis 1898), KARL DAUTEL (bis 1893).

– 27. November 1891 (Z): Ein erschütternder Unglücksfall ereignete sich heute Vormittag gegen halb 11 Uhr am Marktrain. Der MAURER FIEDLER war auf dem Dache des Fell’schen Hauses mit der Reparatur des Kamins beschäftigt, als er auf nicht ganz geklärte Weise kopfüber auf das Straßenpflaster stürzte und blutüberströmt vom Platze getragen werden musste. Die Verletzungen sind so schwer, dass an dem Aufkommen des Unglücklichen gezweifelt wird. Er ist verheiratet und Vater von einem Kind. Er stirbt noch am selben Tage.

– Hier sei darauf verwiesen, dass die in von PFARRER PETERSEN aus seinem Gemeindebereich Wimpfen II (Hohenstadt und Helmhof) für dieses Jahr berichteten personellen Veränderungen in den dortigen Schulbereichen – wie alle solchen – im späteren Unterkapitel C.4 erscheinen. Herausgenommen sei hier nur: Der mit Beginn der Sommerschule von Helmhof nach Hohenstadt gewechselte LEHRER LORZ gründet gegen Ende des Jahres in Hohenstadt einen Männerchor, der bereits an Weihnachten die dortige Festfeier, wie es heißt, „erhöht“.

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1892:

– 12. April 1892 (Z): Ein entsetzlicher Unglücksfall ereignete sich gestern Nachmittag am Bache hinter der Gastwirtschaft „Zur Traube“, indem das dreijährige Söhnchen des ZIGARRENARBEITERS MÜLLER, welches unbeaufsichtigt daselbst spielte, in den ziemlich angeschwollenen Bach fiel. Das Kind schrie zwar noch um Hilfe. Aber leider kam dieselbe zu spät. Das hübsche, blühende Kind war inzwischen ertrunken.

– Am 8. Mai 1892 findet eine Kirchenvisitation durch den Herrn SUPERINTENDENTEN D. KÖSTLIN und in Verbindung damit eine Schulvisitation statt.

– 26. Mai (Z): Der KAMMMACHER BARTH rettet ein dreijähriges Kind aus dem Schiedsee vor dem Ertrinken.

– 6. Juni (Z): Der Türmer auf dem Blauen Turm sieht ein Mädchen in den Neckar springen. Es handelt sich um ein 19-jähriges Dienstmädchen, das dabei ertappt worden war, als es Geld aus dem Schrank seiner Herrschaft stehlen wollte. Die Leiche des Mädchens wird einige Tage später bei Obrigheim geländet.

– Im Sommer erhängt sich SCHNEIDER GERLACH aus unbekannten Ursachen. Er wird kirchlich beerdigt.

– 14. August (Z): Von einem erschütternden Unglücksfall wurde gestern Abend eine hiesige Familie betroffen. Der LANDWIRT WILHELM MAISENHÄLDER, welcher einige Stunden vorher einem Begräbnis beigewohnt hatte, begab sich nach demselben aufs Feld, um seinen Erntearbeiten nachzugehen. Beim Aufladen der Garben stürzte er vom Wagen über die Pferde hinweg, welche infolge dessen scheu wurden und ihm der schwer beladene Wagen über die Brust ging. Die Verletzungen, welche der Verunglückte erlitten, waren aber so schwer, dass er bald nach der Überführung in seine Behausung den Geist aufgab. Der Trauerfall erweckt in allen Kreisen die größte Teilnahme.

– Am 28. August feiert die Evangelische Kirchengemeinde die Grundsteinlegung des spätgotischen Teils der Stadtkirche vor 400 Jahren in Anwesenheit des SUPERINTENDENTEN UND 1. STADTPFARRERS VON MAINZ LUDWIG FROHNHÄUSER, weiland in den Jahren 1866 und 1868 Verwalter der hiesigen 1. Pfarrei bzw. kurz Vikar der 2. Pfarrei, Verfasser der „Geschichte der Reichsstadt Wimpfen …“ (1870) sowie bis jetzt der auf deren Geschichte bezogenen vielbeachteten historischen Erzählung „Das Kräuterweible von Wimpfen, eine Geschichte aus dem Ende des Dreißigjährigen Krieges“ (Erstauflage 1884 und 1885), der zur großen Freude der Gemeinde die Festpredigt hält. (Z): „Nachdem er in sinniger Weise auf seine alten Beziehungen zur hiesigen Gemeinde hingewiesen, entrollte er in ergreifenden Zügen ein farbenreiches geschichtliches Bild unseres Gemeindelebens von der Gründung der Kirche bis auf die neueste Zeit und wies das Walten Gottes nach im kirchlichen wie in weltlichen Dingen. Mit atemloser Spannung lauschte die Gemeinde den mit entflammender Begeisterung vorgetragenen Auslegungen des Predigtextes (87. Psalm, Vers 1 -3) und innerlich erbaut und gestärkt verließ sie nach dem Schlußgesang die Kirche.“ Mit dem Jubiläum ist ein Kirchengesangfest verbunden, an dem sich die Vereine Mosbach, Heilbronn und Weinsberg beteiligen.

– Am 1. November tritt der bislang von PFARRERAMTSVIKAR HEINRICH BECKER vertretene DEKAN UND ERSTE PFARRER WILHELM SCRIBA nach 23 ½-jähriger Tätigkeit in Wimpfen in den Ruhestand und siedelt nach Darmstadt über, wo er am 5. Februar 1898 im Alter von fast 81 Jahren stirbt.

Die in den Vorjahren in der Chronik festgehaltenen Planungsvorgänge und die jetzt geschilderte am 29. Oktober erfolgte feierliche Einweihung der Kirche zu Helmhof und die Bedeutsamkeit dieses langersehnten Bauwerks für die dortige kleine Gemeinde finden sich unter K.3.c ausführlich dargelegt.

Hiermit ist die auf der Basis der Chronik der Evangelischen Kirchengemeinde dargestellte Entwicklung derselben in den 1870er bis beginnenden 1890er Jahre mit Einschluss der in dieser und den Zeitungsmeldungen wiedergebene Darlegung traurig-tragischer örtlicher Geschehnisse abgeschlossen.

Ergänzend seien nunmehr in drei von mir erstellten Statistik-Übersichten, die in dieser Chronik kontinuierlich, entsprechend den Vorschriften, Jahr für Jahr von den Pfarrern gemachten Angaben über die von den Gemeindemitgliedern erfolgten Meldungen der Geburten und Sterbefälle sowie die vorgenommenen „Kopulationen“ (Eheschließungen), dazu die Durchschnittszahl der am Abendmahl teilgenommenen sog. Kommunikanten, und zwar wiederum bezogen auf den Gesamt-Zeitraum von 1870 bis 1892, zusammengefasst wiedergegeben. Entsprechend der sukzessiv unterschiedlichen Art der Erfassung, liegen für den erstbehandelten Teilabschnitt von 1870 bis 1880 die alle Teilorte einschließenden Gesamtzahlen vor. Im nachfolgend behandelten Teilabschnitt 1881 bis 1892 sind zuerst getrennt Wimpfen am Berg und im Tal erfasst, dann abschließend Hohenstadt und (allerdings erst ab 1884) Helmhof. Siehe hierzu:

Es folgt eine ebenso für die Jahre 1870 bis 1892 geltende Statistische Zusammenstellung über die von den Mitgliedern der Evangelischen Gesamt-Kirchengemeinde geleisteten vielerlei Arten von Opfern und Kollekten:

  1. Durch das neue Volksschulgesetz erfährt die bestehende Struktur der vier vorhandenen Evangelischen Konfessionsschulen keine besonderen Veränderungen, doch wird die von Benefiziat Koch geführte sehr kleine Katholische Konfessionsschule Wimpfen im Tal aufgehoben.[7]

Genau wie die Realisierung der Verfassung der Evangelischen Kirche, so sollte auch die des neuen ab 1. 1. 1875 wirksamen Volksschulgesetzes zumindest für die Evangelischen einigermaßen problemlos bleiben. Die Schulaufsicht und Verwaltung des Schulvermögens etc. oblag jetzt nicht mehr erstrangig kirchlichen, sondern weltlichen Vertretern, und zwar auf Gemeindeebene dem Schulvorstand, bestehend aus dem Bürgermeister, einem Geistlichen der entsprechenden Konfession, evtl. einem von der Behörde bestellten Schulinspektor, dem bzw. ggfls. den zwei dienstältesten Lehrern und zwei bis sechs vom Ortsvorstand (d. h. vom Gemeinderat) auf 6 Jahre gewählten sonstigen Mitgliedern. Die Mitte Juli 1875 erstmals gewählten Mitglieder des Schulvorstandes waren:

  • Für Wimpfen am Berg: Die GEMEINDERÄTE EMIL MÖRIKE und LUDWIG DIERUFF sowie der SPENGLER FRIEDRICH EHEBALDT;
  • für Wimpfen im Tal: DIE LANDWIRTE WILHELM GROß und GEORG SCHMIDT;
  • für Hohenstadt: Die LANDWIRTE GEORG FRIEDRICH STAUDT und JAKOB SCHNELL;
  • für Helmhof mit Forsthaus: PETER MAGER und MICHAEL RÜGNER.

Auf Kreisebene oblagen die genannten Aufgaben der Kreis-Schulkommission, bestehend aus dem Kreisrat, drei vom Kreisausschuss gewählten Einwohnern sowie einem oder mehreren Kreis-Schulinspektoren. Nach wie vor dauerte die Schulpflicht 8 Jahre und begann ab dem vollendeten 6. Lebensjahr bei Aufnahme nach Ostern. Und auch hinsichtlich der ausgewiesenen Lehrgegenstände (Religion, Lesen und Schreiben, deutsche Sprache, Rechnen, Formenlehre, Geschichte, Erdkunde – einschließlich der sog. Heimatskunde -, Naturkunde, Gesang, Zeichnen sowie – wo es die Verhältnisse irgendwie gestatten nach Anhörung und Entscheidung der Gemeinde- und Schulvorstände und der Kreis-Schulkommission – für Jungen Turnen und für Mädchen Handarbeit) gab es, da die beiden letztgenannten Fächer bereits 1861 schon eingeführt waren, keine Veränderungen. Neu war aber die Pflicht der Einrichtung und des Besuchs einer Fortbildungsschule (mit mindestens vier wöchentlichen Abendstunden während vier bis fünf Monaten im Winterhalbjahre für die drei Jahre lang erfolgende Unterrichtung der aus der Volksschule austretenden Knaben) insofern, als die vom Kreisamt früher mehrfach in Vorschlag gebrachte Einrichtung von sog. Fortbildungsschul-Unterricht für die konfirmierte Jugend vom Gemeinderat stets abgelehnt worden und ein solcher nur vorübergehend in der kurzen Amtszeit der Jahre 1868 – 1870 von PFARRVIKAR LUWIG FROHNHÄUSER bislang in Wimpfen bislang nur sporadisch eingerichtet gewesen war.

Was die in Wimpfen am Berg bislang erfolgte konfessionelle Trennung der Kinder durch die dort bestehende mehrklassige Evangelische Konfessionsschule und einklassige Katholische Konfessionsschule betrifft, so bezeichnete der Artikel 4 des Gesetzes ausdrücklich „die Volksschulen als gemeinsame Schulen … für die Kinder sämtlicher Angehörigen einer politischen Gemeinde“ und eröffnete durch die Artikel 5 und 8 dem Gemeinderat die Möglichkeit, bestehende Konfessionsschulen nach entsprechendem Beschluss gewählter Vertreter und der Schulvorstände beider Konfessionsgemeinden zu vereinigen, jedoch umgekehrt auch zu trennen. Somit kam es im Gemeinderat 1873 zu folgendem Beschluss: „Was sodann die kath. Schule, deren Lehrerbesoldung seither aussschließlich vom Staat und der Kirchenkasse bezahlt wurde, betrifft, so beantragt der Gemeinderath die Aufhebung dieser Confessionsschule und Einweisung der wenigen Schüler derselben in die übrigen ev. Schulen,“ gibt aber die Einfügung „insofern die Kosten der Schule nicht wie bisher von dem Staat und dem Kirchenfond getragen werden“ hinzu. Diese Klausel, dazuhin wohl auch Widerstände aus beiden konfessionellen Lagern, dürften es gewesen sein, welche den hessischen Staat veranlasst haben, die Katholische einklassige Volksschule Wimpfen am Berg denn doch bestehen zu lassen. Anders im Tal, wo neben der einklassigen Evangelischen Konfessionsschule, vom einstigen Ritterstift her traditionsgegeben, ebenfalls noch eine, doch nur ganz wenige Kinder betreuende und seit 1859 vom VERWALTER DES KAPLANEIBENEFIZIUMS PETER JOSEPH VOSS geführte einklassige Katholische Konfessionsschule bestand. An dessen Stelle trat der am 11. 2. 1875 zum Verwalter des Kaplaneibenefiziums Wimpfen im Tal ernannte KAPLAN JAKOB KOCH. Dieser war zu Bürstadt im hessischen Ried am 15. Januar 1842 geboren und nach Vollendung seiner Studien in (unklar, ob richtig gelesen) Bensheim (?) und Mainz am 13. August 1865 zum Priester geweiht worden und hatte danach in verschiedenen Orten der Diözese als Priester gewirkt. Bald nach seinem am 12. April 1875 erfolgten Dienstantritt wurde im Frühjahr 1876 diese katholische Schule im Tal von der Regierung unter Berufung auf das „Gesetz das Volksschulwesen betr.“ vom 16. Juni 1874 als zu kleine Konfessionsschule kurzerhand aufgehoben. Ein Teil des aus der Schulstelle fließenden Gehaltes[8] wurde nach längeren Verhandlungen der unaufgelöst gebliebenen einklassigen Katholischen Schule zu Wimpfen am Berg zugewiesen, ein anderer Teil nebst den Grundstücken und der Wohnung (und gleichzeitig Schulhaus), die ehemals dem auch als Lehrer fungierenden Mesner zur Nutzung zur Verfügung gestanden hatte, verblieb der Kaplanei. Es wurde aber die Bedingung gemacht, dass, wenn wieder ein katholischer Lehrer in Wimpfen im Tal angestellt würde, diesem der noch der Kaplanei verbleibende Rest des ehemaligen Schul- und Mesnergehaltes zufallen solle. So blieb jetzt die Tätigkeit des Benefiziaten bloß auf die Aushilfe in der Seelsorge in der Gesamtgemeinde beschränkt.[9] Durch diese und andere in der katholischen Gesamtgemeinde ausgeübte Hilfstätigkeit ist dieser – genau wie sein Vorgänger Kaplan Voß – in den Wahllisten zum Reichstag als „Pfarrer“ bezeichnet. Im Zusammenhang mit der Auflösung Katholischen Konfessionsschule Wimpfen im Tal mit in der Folge dem Einzug des Gehalts zugunsten der Aufbesserung desselben der Katholischen Konfessionsschule Wimpfen am Berg sah sich der Gemeinderat am 25. März 1876 zu der folgenden Beschlussfassung veranlasst, die das Bestehenbleiben derselben insoweit guthieß, als die bürgerliche Gemeinde Wimpfen von der Tragung der personellen und sächlichen Kosten weiterhin verschont blieb: „Der Gemeinderath findet insolange nichts dabei zu erinnern, daß die kath. Schule als Confessionsschule fortbestehe, als an die Gemeinde für jetzt und alle Zukunft in keiner Weise Anspruch wegen Besoldung und Bestreitung sonstiger Kosten der Schule erhoben wird.“ Aus einem Gemeinderatsprotokoll vom 7. November desselben Jahres geht hervor, dass die bürgerliche Gemeinde für die Katholische Konfessionsschule Wimpfen am Berg jedoch die Heizung des Schullokals übernommen und 1858 sich vertragsmäßig verpflichtet hatte, dem Lehrer eine Wohnung zu stellen. Auch übernimmt die Gemeindekasse ab 1877 das sich aus der Zahl der Kinder errechnende Schulgeld der Katholischen Schule.

Bezüglich der Gliederung, Schülerzahl und der Versorgung mit Lehrkräften zeigen unverändert, wie es hieß, die dreiklassige Evangelische Konfessionsschule Wimpfen am Berg und die einklassige Evangelische Konfessionsschule Wimpfen im Tal folgendes Bild: Bei der erstgenannten müsste man eigentlich nach dem heutigen Verständnis besser von einer „dreistufigen“ Schule zu 4 Klassen sprechen, in deren „Oberster Schule“ (Klasse 3) die Knaben und Mädchen nach wie vor getrennt unterrichtet wurden; im zweiten Falle von einer „einstufigen“ Schule, die in eine erste die jüngeren Schüler und eine zweite die älteren Schüler umfassende Abteilung gegliedert gewesen ist. Die nachstehende Übersicht ist nach der für das Jahr 1877 vorliegenden Schulstatistik[10] erstellt:

In Wimpfen am Berg waren demnach 4 Lehrerstellen vorhanden. Im Tal wurden die durchgehend nicht getrennten Knaben und Mädchen in zwei Abteilungen von einem einzigen Lehrer unterrichtet. Die gegenüber derjenigen der Mädchen auffallend niedrige Zahl der Knaben in der Obersten Schule in Wimpfen am Berg erklärt sich daraus, dass seit 1872 die oben bereits erwähnte „Städtische Real- und Lateinschule“ bestand, die Ende 1876 zur öffentlich-städtischen „Höheren Bürgerschule“ aufgewertet worden war und, da auch von aus Wimpfen stammenden Schülern einigermaßen gut besucht, einen Teil der Knaben ab 9 – 10 Jahren abgezogen hatte. Über diese sowie ihren langen Werdegang zur „Großherzoglichen Realschule“ (ab 1. 4. 1885) wird getrennt unter I.1 berichtet werden.

Außer den in der Übersicht aufgeführten 4 „Schullehrern“ gab es in Wimpfen am Berg noch eine für die Erteilung des weiblichen Handarbeitsunterrichts in der sog. Industrieschule unterrichtende sog. Industrielehrerin, nämlich – wie diese angeredet wurde – „FRÄULEIN“ BRÜCHER (Tochter des Wimpfener Wundarztes Brücher). Anfang November 1872 trägt der Bürgermeister dem Gemeinderat vor, dass diese sich verlobt habe und nach Darmstadt heirate und somit nur noch bis Ende des Jahres tätg sein könne. Sein Vorschlag, diese durch die Einstellung von zwei neuen Kräften, nämlich der WITWE DES VERSTORBENEN LEHRERS BECKER als erste Industrielehrerin sowie KAROLINE SCHÄFER, der Tochter des Bäckers Schäfer, als zweite Industrielehrerin, entsprechend den vorliegenden Bewerbungen, zu ersetzen, wird angenommen; das mit der bisherigen Stelle verbundene Gehalt von 336 fl sei auf beide zu verteilen. Von diesen mussten gegen Entlohnung aus dem dortigen Kirchenfonds die Hohenstadter Mädchen mitversorgt werden. Als ausgangs 1875 Gehaltserhöhung beantragt worden war, wich der Gemeinderat dahingehend aus, dass er bestimmte, stattdessen den Hohenstadter Industrieschul-Unterricht auf die Wintermonate zu beschränken. Daraufhin zog die Kirche zu Hohenstadt ihren bisher dafür geleisteten Beitrag zurück; und so musste ab Anfang 1876 die ganze Besoldung von der Gemeinde übernommen werden. 1877 finden wir in Wimpfen im Tal die INDUSTRIELEHRERIN SCHÖLL und in Helmhof die INDUSTRIELEHRERIN VOLK, denen ab 1. Januar 1877 eine Gehaltserhöhung von 26 bzw. 75 Mark gewährt wird. Im Jahr 1900 wird die Anstellung einer zweiten Industrielehrerin, d. h. die Schaffung einer zweiten solchen Stelle, gegen den Antrag des Schulvorstandes vom Gemeinderat abgelehnt.

Die nach dem Widerstand des Gemeindrates wegen der angeblich untragbaren Kosten um die Mitte der 1850er Jahre auf Initiative von Dekan Stockhausen zustande gekommene sog. Kleinkinderschule oder Kinderbewahranstalt war, wie aus den Gemeinderats-Protokollen des Jahres 1870 hervorgeht, „seit einiger Zeit aufgelöst“, doch im Sommer des genannten Jahres wieder eröffnet und mit FRÄULEIN ELISABETHA (ELISE) DEPREZ (Tochter des Saline-Werkmeisters Martin Deprez) mit einem Gehalt von 180 fl, dazu etwas später mit der zur Mitaufsicht der Kinder sowie die Reinigung und Heizung herangezogenen dahier wohnenden Person SOPHIE KEIL mit einem Gehalt von monatlich 5 fl (jährlich also nur 60 fl) besetzt worden. Die sog. Kinderschullehrerin Deprez erhielt mit Wirkung vom 1. Januar 1872, da man mit ihren Leistungen sehr zufrieden sei und um sie der Stadt zu erhalten, genau wie damals alle ihre männlichen Lehrerkollegen, wegen der gestiegenen Lebenshaltungskosten eine 50 Gulden betragende Erhöhung der Besoldung. Diese führt Jahr für Jahr eine sog. Christtagsbescherung ihrer Kinder durch, für die sie vor Weihnachten zu Spenden aufruft. Mit Rücksicht, dass sie ihre Stelle mit Eifer versieht und ihr Gehalt den Zeitverhältnissen nicht mehr entspricht, wird dieses ab 11. 1. 1877 auf 500 fl angehoben. Am 22. Dezember 1875 steht im Gemeinderat die Bitte der sog. Schuldienerin Sophie Keil um Gehaltszulage mit der Begründung an, dass ihr (inzwischen erhöhtes) jährliches Gehalt nur 102 Mk. 86 Pfg. betrage und ihren Leistungen nicht entsprechend sei. Sie soll vom 1. Januar des laufenden Jahres an jährlich 120 Mark erhalten. Im Frühsommer 1878 legt Schuldienerin Sophie Keil ihren Dienst nieder und wird durch Beschluss des Gemeinderates durch MARIE HAUER ersetzt, die von Kinderschullehrerin Deprez provisorisch mit der Versehung der Stelle beauftragt worden war, sich als brauchbar gezeigt hatte und das bisherige Gehalt von jährlich 120 fl empfängt. An die Stelle von Fräulein Deprez tritt 1879 FRAU FÖRSTER CRAMER, d. h. die Ehefrau des Stadtförsters Cramer. Am 9. Oktober 1888 konnte für die Kleinkinderschule an der Salzgasse Nr. 67 ½ (ab 1851) bzw. Nr. 76 (ab 1895) eine neue Unterkunft mit dahinter einem Spielhof zum Kirchenplatz hin durch eine Einweihungsfeier der Öffentlichkeit übergeben werden, bei der DEKAN SCRIBA die Weiherede hielt. Wie der nachstehende Zeitungsbericht des Jahres 1889 zeigt, wird dort die Tradition der beliebten und stimmungsvollen Weihnachtsbescherung fortgesetzt:

1894 wird auch in Wimpfen im Tal eine Kleinkinderschule im „alten Bau“; damit ist entweder das ehemalige alte Schulhaus oder der straßenseitige Erdgeschossbereich der ehemaligen Stiftskelter gemeint.

Was die 1875 nach Aufforderung des Kreisamtes jetzt endgültig eingerichtete Fortbildungsschule betrifft, so ist über deren nur Weniges umfassende Vorgeschichte über das in Band 2, S. 144 – 145, Berichtete hinaus noch Folgendes zu ergänzen: 1861 erklärte der Gemeinderat, dass der neue KREISBAUAUFSEHER BRAUN an „der neu zu errichtenden Fortbildungsschule“ 4 Stunden Unterricht in Bauzeichnen und Rechnen zu geben habe. Das Fach Bauzeichnen dürfte allerdings ausweisen, dass diese damals wiedergeschaffene Schuleinrichtung keine solche im Sinne der Unterrichtung aller Schulentlassenen, sondern nur für die in einer Lehre als Bauhandwerker wie etwa der des Maurers, Malers, Gipsers etc. Stehende und damit das gewesen sein dürfte, was seit den ausgehenden 1830er Jahren in Wimpfen als „Handwerker-Zeichenschule“ rangierte. Wie an der vorgenannten Stelle bereits aufgezeigt, hatte es das Angebot eines (letztlich freiwilligen, doch gut angenommenen) Fortbildungsunterrichts im eigentlichen Sinne, d. h. für die schulentlassene männliche Jugend, in Wimpfen nur in der kurzen Amtszeit der Jahre 1866 – 68 unter PFARRVIKAR LUDWIG FROHNHÄUSER gegeben, dazuhin sogar für die schulentlassenen Mädchen. Über die im Jahr 1875 nach Aufforderung des Kreisamtes nunmehr in Wimpfen am Berg verpflichtend eingerichtete solche erfahren wir, dass diese im Winter 1876/77 von 57 Schülern besucht worden ist, und zwar von 19 Vierzehn-, 17 Fünfzehn- und 21 Sechzehnjährigen, was der Schülerzahl des jeweiligen Knabenjahrgangs nicht vollständig entspricht und zeigt, dass die im Gesetz vorgesehene Möglichkeit der Befreiung der Pflicht des Besuchs derselben mehr oder minder beansprucht und auch gewährt worden ist. Der außerhalb der Schulunterrichtszeiten am Abend gegebene mindestens 4-stündige Unterricht (deshalb auch „Abendschule“) während 4 bis 5 Monaten der Winterzeit wurde von Lehrkräften der Volkschule erteilt. Die Fortbildungsschule umfasste nur eine Klasse; der Antrag auf Errichtung einer 2. Fortbildungsschulklasse wird 1889 sowie auch 1890, obgleich diese von 53 Knaben besucht wird, mit der Begründung abgelehnt, dass von diesen viele in die „Gewerbeschule“ eintreten würden. Gemeint ist damit wohl die bereits schon spätestens 1838 eingeführte und mindestens (wie vorstehend zu entnehmen) immer wieder zeitweise bestandene „Handwerker-Zeichenschule“, über die getrennt in Kapitel M berichtet wird. Der Fortbildungsunterricht für die Schulentlassenen von Wimpfen im Tal war demjenigen von Wimpfen am Berg angegliedert. Der Fortbildungsunterricht für die männlichen Schulentlassenen in Hohenstadt und auch in Helmhof wurde vor Ort jeweils vom dortigen Lehrer erteilt, der pro Stunde 1 Mark vergütet bekam.

Über die ebenfalls einklassigen, doch konfessionell immer schon gemischt gewesenen, Volksschulen Hohenstadt und Helmhof liegen leider keinerlei Schülerzahlen vor. Über diese Schulen ließ sich Folgendes ermitteln:

– Die einklasssige Volksschule mit konfessionell gemischten Schülern Hohenstadt wurde von GEORG WEISS seit 26. 04. 1844, zuvor Schulverwalter in Ober- und Unterscharbach bei Grasellenbach im Odenwald, geführt. Dieser hatte auch das Amt des Organisten und Cantors an der evangelischen Kirche Hohenstadt inne, für das er z. B. zum 1. Januar 1878 aus der Gemeindekasse 47 Mark und 93 Pfennig Gehalt erhielt. In seine Zeit fällt die Neuerbauung des Schulhauses mit Lehrerwohnung. Nach dem neuen Volksschulgesetz waren „thunlichst“ auch weiterhin Wohnungen für die Lehrer herzustellen, die in Gemeinden unter 2.000 Seelen den Lehrern „in Natur gestellt werden“ mussten. Was das Hohenstädter Schulhaus mit Lehrerwohnung sowie Gemeindeamtszimmer betrifft, so ist in der Pfarrchronik der Evangelischen Kirchengemeinde Folgendes berichtet:
„Zu Hohenstadt wurde im Jahr 1877 ein neues Schulhaus erbaut, da in dem alten, das sehr reparaturbedürftig geworden war, das Lehrerzimmer zu eng und niedrig und die Lehrerwohnung zu beschränkt und nicht mehr standesgemäß war. Der Neubau wurde auf der Stelle des alten aufgeführt, im Frühjahr begonnen und im Herbst vollendet, so daß die Einweihung des neuen Hauses, über dessen Kosten, die von der Stadt Wimpfen getragen wurden, die Rechnung derselben genaue Angaben enthält, am Sonntag, den 28. October geschehen konnte. Zur Einweihungsfeier hatten sich auch auswärtige Theilnehmer, insbesondere die Vorstände der Stadt Wimpfen und ein Vertreter der Kreis-Schulcommission von Heppenheim eingefunden. Ein festlicher Zug bewegte sich am Nachmittage nach dem neuen Schulgebäude, voran zwei Schüler mit Fahnen, in ihrer Mitte die oberste Schülerin, welche den Schlüssel zu dem neuen Gebäude trug. Dieser wurde von dem Bauaufseher Braun überreicht, welcher ihn mit Segenswunsch dem Vorsitzenden des Schulvorstandes übergab, der dann im Namen Gottes das Haus öffnete, in welches man einzog. Hier stimmten die Schüler mit ihrem Lehrer Georg Weis den Gesang an: ‚Lobe den Herren’. Pfarrer Schneider hielt dann die Weiherede und vollzog nach einer Ansprache von Kreisschulinspector Rach die Einweihung und schloß mit Gebet, dem noch das Lied folgte ‚Nun danket alle Gott’. Die Kinder wurden beim Ausgang mit Bretzeln beschenkt. Beigeordneter der Gemeinde Hohenstadt war zu der Zeit Bürger Johann Mayer.“
Wenn aus dem noch umfänglicheren diesbezüglichen Bericht der „Wimpfener Zeitung“[11], wie diese ab Beginn des Jahres 1877 heißt, hier noch ergänzend dessen letzter, allein auf das Festessen bezogener, Abschnitt wiedergegeben wird, so deshalb, weil dieser die nach der Reichgründung anlässlich eigentlich jeglicher Feier und jeglichen Festes zum Ausdruck gebrachte und alles durchdringende monarchisch-patriotische Gesinnung wiedergibt:
„Nach einer kurzen Pause fand sich dann eine größere Anzahl der Festtheilnehmer zu einem Festessen zusammen, wobei die Freude über den vollendeten Bau noch wiederholten Ausdruck fand bei den Toasten, die ausgebracht wurden auf Seine Königl. Hoheit den Großherzog und Seine Majestät den Kaiser, auf die Gemeinde Hohenstadt, den anwesenden Kreisschulinspektor, die verschiedenen Vorstände der Gemeinde Wimpfen, das friedliche Zusammenwirken von Kirche und Schule, den Lehrer Hohenstadt’s, Hrn. Weis, den Bauführer und die verschiedenen Geschäftsleute. So vergingen in fröhlicher Stimmung gar zu schnell mehrere Stunden und als die einbrechende Nacht an den Aufbruch mahnte, da machten sich wohl alle Gäste auf den Heimweg, befriedigt von der erhebenden Feier und dem schönen Verlauf des ganzen Festes.“ Wiedergegeben sei auch noch die der Erneuerung des Bauwerks vorausgegangene verklausuliert-komplizierte Beschlussfassung, die offenkundig dazu dienen sollte, die Gemeindeverwaltung Wimpfen aus der Pflicht der Unterhaltung desselben zu nehmen und diese allein dem Hohenstadter sog. Kirchenfonds zu überlassen: „Die Gemeinde übernimmt den Aufbau … , die Ausführung soll jedoch … erst im nächsten Jahre stattfinden und der erforderliche Betrag in dem Voranschlag pro 1877 vorgesehen werden, wobei bestimmt wird, daß die Gemeinde das alte Gebäude als Eigenthum übernimmt, dagegen das neue Gebäude dem Kirchenfonds als Eigenthum übergibt unter der ausdrücklichen Bedingung, daß der Fonds die dauernde Unterhaltung übernimmt.“ Kreisbaumeister Braun erhielt für seine große zusätzliche Arbeit eine Sondervergütung von 300 Mark, wenngleich angesichts der 15.496,08 Mark Mark betragenden Baukosten die angesetzten Akkordkosten um rund 6.000 Mark höher ausgefallen waren, der Barvorrat der Gemeinde fast aufgezehrt worden und eine Anleihe von 3.000 Mark bei Gemeinderatsmitglied Friedrich Klenk zu 5 % Zins notwendig geworden war.
LEHRER GEORG WEISS wurde am 29. April 1889 das Allgemeine Ehrenzeichen mit der Inschrift „Für 50-jährige treue Dienste“ verliehen und zur Aushilfe ihm SCHULVERWALTER HEINRICH SPERB beigegeben, der seine Arbeit am 11. Mai 1889 aufnahm. Am 1. Oktober 1890 konnte Lehrer Weiss auf sein Nachsuchen mit 72 Jahren unter Anerkennung seiner langjährigen treuen Dienste mit Wirkung vom 1. November an in den Ruhestand treten. Die Stelle wurde einstweilig durch Schulverwalter Sperb versehen. An seine Stelle sowie in das Organisten- und Cantoramt trat zum Beginn der Sommerschule am 14. April 1891 JOHANN GEORG LORZ, der bisher in Helmhof tätig gewesen war. Dieser gründete gegen Ende des Jahres 1891 in Hohenstadt einen Männerchor, der bereits am Weihnachtsfest tätig wurde. 1907 wurde Lorz wegen geschwächter Gesundheit auf ein Jahr beurlaubt und zuerst durch die Schulgehilfen Heß und nach diesem durch den SCHULGEHILFEN GÖTZINGER vertreten. Die Ernennung des Zweitgenannten zog sich unliebsam in die Länge, so dass die Schule eine Zeit lang von Wimpfen aus verwaltet werden musste. Da Götzinger vom 1. Oktober 1908 ab sein Militärjahr erledigen musste, trat wieder ein Wechsel ein und wurde SCHULAMTSASPIRANT GEIBEL zum Schulverwalter ernannt. Am 26. Februar 1908 wurde LEHRER LORZ aus Anlass seiner Versetzung in den Ruhestand das Ritterkreuz II. Klasse des Verdienstordens Philipp des Großmütigen verliehen. Die auf sein Nachsuchen ausgesprochene Pensionierung in Anerkennung seiner langjährigen treuen Dienste wird am 1. März 1908 wirksam.
Am 12. April 1909 wird die Hohenstadter Lehrerstelle endlich wieder ständig mit JOHANNES WILL, zuvor in Zahmen, Kreis Lauterbach (in Oberhessen im Bereich Vogelsberg), besetzt. Wie dieser sich durchgehend führend in der Wimpfener Ortsgruppe des Odenwaldclubs und auch in der Erforschung derer Von Wimpffen einbringt, darüber wird noch des öfteren zu berichten sein. Infolge dieser Neubesetzung der Stelle durch einen verheirateten Lehrer wurde eine gründliche Renovierung des Schulhauses mit Lehrerwohnung nötig, wobei die von der Stadt Wimpfen bei der Neuerbauung des Jahres 1877 vorgenommene Übergabe des Schul- und Lehrerhauses ins Eigentum des Kirchenfonds Hohenstadt mit der Bedingung der Übernahme jeglicher Unterhaltungskosten durch denselben nunmehr ziemliche Probleme bescherte. Der Kirchenvorstand bewilligte zu diesem Zweck 410 Mark im Voranschlag von 1909, wovon 250 Mark durch Anleihe beschafft werden mussten. Der aufziehende Lehrer Will ließ im Laufe des Juli 1909 jedoch noch eine Reihe anderer Arbeiten ausführen (z. B. wurde ein zweiter Stock eingebracht), die sich auf über 450 Mark beliefen. Dies geschah zur Zeit der Vakanz, ohne dass irgendwelche Grundlagen durch Beschlüsse des Kirchenvorstands vorhanden waren. Nach längeren Verhandlungen und schärferen Auseinandersetzungen über die Geschäftsordnung bei Arbeiten am Schulhause wurden schließlich die Kosten von 150 Mark durch den im Voranschlag 1910 vorgesehenen Betrag gedeckt. Somit unterblieben jetzt weitere nötige Arbeiten. Die Gemeinde Wimpfen wurde im Blick auf die Höhe der Aufwendungen für das Schulhaus Hohenstadt um eine Erhöhung der von ihr jährlich gezahlten Miete für Schulsaal und Lehrerwohnung von 350 Mark auf 500 Mark angegangen, weigerte sich aber, indem sie nur einen einmaligen Betrag von 150 Mark bewilligte. „Die Baupflicht oder wenigstens Unterhaltspflicht des Schulhauses, die bei der Kirchenpflege ist“, so trifft der für Hohenstadt zuständige zweite Pfarrer Müller in der Kirchenchronik 1910 die Überlegung, „macht sich bei den geringen Erinnahmen der Kirchenkasse jedesmal sehr merklich geltend, wenn derartige größere Reparaturen am Schulhause nötig sein. Und doch ist es, da die Gemeinde 350 M Miete zahlt – die rechtliche Lage ist nicht ganz geklärt -, zu bedenken, das Schulhaus der politischen Gemeinde zurückzuschenken. Die politische Gemeinde würde es wohl annehmen, die Kirchenkasse hätte dann allerdings 350 M weniger Einkommen.“ So blieb es bei der bestehenden Regelung. Im Folgejahr 1911, wo in Hohenstadt die Einrichtung des elektrischen Lichts erfolgte, wurden in der Lehrerwohnung dennoch wiederum verschiedene Arbeiten vorgenommen und am Gebäude die Dachrinnen erneuert. Die Tatsache, dass Lehrer Will, nachdem der Gemeinderat dessen Gesuch um Übernahme der Einrichtung elektrischer Beleuchtung im Schulhaus im August 1911 abgelehnt hatte, dieses auf eigenen Kosten einrichten ließ, weist auf die Fortsetzung der unklar-umstrittenen Unterhaltssituation hin. Als dann ein Jahre später im Jahr 1912 in Hohenstadt sowie auch im Schulhaus die Wasserleitung eingerichtet wurde, fanden lange Verhandlungen über die Frage statt, wer die Kosten bestreiten soll. Hierzu die Einschätzung der Situation sowie die Darstellung des Weitergangs der leidigen Angelegenheit durch PFARRER MÜLLER:
„Die Kirchengemeinde als Eigentümerin weigerte sich mit der Begründung, daß ihr für all diese Neuforderungen des letzten Jahres zu wenig Miete gezahlt würde, was nicht zu bestreiten ist, wenn man bedenkt, daß die Stadtgemeinde Lehrerhaus, Schulsaal und Gemeindeamtszimmer für 350 M jährlich zur Verfügung hat. Andererseits kann einem Vermieter nicht zugemutet werden, daß er die Mieteinnahmen ganz für die Neuanschaffung und Unterhaltung jährlich verbraucht. Um die Verhältnisse zu vereinfachen, wurde vom Bürgermeisterei- und Kreisamt eine Rückschenkung des Schulhauses angeregt. Der Kirchenvorstand lehnte dieses Ansinnen ab, da er wohl nicht in der Lage ist, immobiles Vermögen einer kleinen kirchlichen Filialgemeinde an eine große, finanziell nicht schlecht stehende Stadtgemeinde zu verschenken. Einer Ablösung wäre der Kirchenvorstand geneigt näher zu treten. Jedenfalls liegen die Dinge und die rechtlichen Verpflichtungen der Kirchengemeinde Hohenstadt gegenüber dem Schulwesen so hoch und sind so verwickelt, daß es gut wäre eine neue Grundlage zu schaffen, die beiden Teilen gerecht würde, ohne die Ortsbürger von Hohenstadt gerade für Schulzwecke nicht mehr zu belasten, als die anderen Bürger der Gesamtgemeinde auch.“ Doch tat sich über den abermaligen Gedanken einer Änderung hinaus nichts.

– Die einklassige Volksschule mit konfessionell gemischten Schülern Helmhof wurde seit 19. 04. 1866 von SCHULVERWALTER JOHANN GEORG LORZ, geboren am 05. 04. 1845 zu Schannenbach im Odenwald, geführt, der erst nach 8 Jahren am 11. 05. 1874, obgleich ausgangs Dezember 1872 vom Gemeinderat befürwortet, definitiv mit einem Gehalt von 550 fl angestellt wurde. Dort ergab sich die Schwierigkeit, dass das Schulgebäude und die Reinigung und Heizung desselben, die Besoldung des Lehrers und die Anschaffung der Lehrmittel zwar stets auf Kosten der Gemeinde Wimpfen zu erfolgen hatte, die im 1846 erbauten Schulhaus untergebrachte Schule jedoch auch von den Kindern der politisch zur Gemeinde Neckarbischofsheim gehörigen badischen Teilgemeinde des Helmhofes besucht wurde. Anfang Januar 1876 bestand der Wimpfener Gemeinderat mit dem Argument, dass die Zahl der aus badisch Helmhof kommenden Schüler stärker als die von hessisch Helmhof sei, darauf, dass die badische Gemeinde Helmhof oder der badische Staat außer dem jährlichen Beitrag von 200 fl umsomehr auch das seither übliche Schulgeld bezahle; offenbar hatte es diesbezüglich Probleme gegeben. Im Mai 1876 setzte der Gemeinderat das jährliche sog. Aversum der badischen Gemeinde Helmhof auf 300 fl hoch und bekräftigte dabei, dass die Eltern der von dort kommenden Kinder wie seither verbunden seien, Schulgeld zu entrichten. Auf Antrag erhält Lehrer Lorz das 1876 von den Eltern nicht bezahlte (und ihm zustehende) Schulgeld in Höhe 66 Mark und 82 Pfg. aus der Stadtkasse vergütet. Wie schon berichtet, wechselte Johann Georg Lorz nach rund 25-jähriger Tätigkeit in Helmhof mit Wirkung vom 1. April 1891 an die Volksschule Hohenstadt. Zunächst wird die Helmhofer Lehrerstelle vom bisherigen Schulverwalter in Hohenstadt HEINRICH SPERB versehen, am 24. Oktober 1891 jetzt mit 900 Mark jährlichem Gehalt sowie dem Organistendienst ab der Winterschule dem ehemaligen Schulverwalter zu Birkert, Kreis Erbach, ANTON RÖSER übertragen. Dieser dürfte diese nach ca. 13 Jahren zum ausgehenden September 1904 verlassen haben; denn wir finden ihn am 18. Februar 1905 in Bobenhausen im Kreis Büdingen, von wo er mit Wirkung vom 1. Mai 1905 nach Rommelhausen im selben Kreis versetzt wird. Röser wird durch SCHULVERWALTER LÖSCH ersetzt, der nach über dreijähriger Wirksamkeit in Helmhof als Schulverwalter zum 1. Oktober 1908 beim Militär eintritt. Zu seinem Nachfolger wird SCHULAMTSASPIRANT STIX ernannt. Zum 1. Oktober 1911 wird der jetzt in Helmhof tätige SCHULVERWALTER SIEFERT (auch ab 1910 Organist auf der damals in der 1892 eingeweihten Kirche erstellten Orgel und Leiter des damals von ihm gegründeten Kirchenchores), der aber bald ebenfalls zum Militär eingezogen wird. Zunächst wird die Schulstelle von FRIEDRICH MOHR verssehen. Im November 1912 wird die Stelle wieder definitiv mit dem aus Michelbach, Kreis Schotten, stammenden Schulaspiranten in Lorsch KARL RÜHL besetzt und damit ein langgehegter Wunsch der Gemeinde endlich erfüllt. Wir finden diesen in Helmhof noch um 1935 aktiv.

– Die dreiklassige Evangelische Volksschule Wimpfen am Berg: Am 17. 3. 1869 der mit 71 Jahren weitaus Älteste der Volksschullehrer Wimpfens LUDWIG USINGER, der im Frühjahr 1828 seinen Dienst als Schulvikar und späterer Lehrer an der obersten Mädchenklasse begonnen und (unterbrochen von einer ca. 5jährigen Lehrertätigkeit in Lampertheim 1840 – 46) Wimpfen die Treue gehalten hat, wegen vorgerückten Alters in den Ruhestand versetzt.. Am 5. 5. 1870 übernimmt seinen Unterricht als Schulverwalter – und damit wie öfters bei den Volksschullehrern – noch nicht Inhaber der Stelle, sondern „Vikar“ derselben – PETER TRAUTMANN aus Ober-Schönmattenwag im Kreis Heppenheim. Dieser kann erst am 11. September 1876 in die damals mit 1.114 Mark 28 Pf. dotierte Stelle an der Mittelschule einrücken. Zum gleichen Datum (Dienstantritt erst am 16. Oktober 1876) wird in die mit nur 942 Mark 86 Pf. geringer dotierte Stelle vom am 28. 12. 1875 mit erst 44 Jahren verstorbenen und seit 1855 zunächst als Schulverwalter und ab 1. 12. 1860 als Stelleninhaber der Elementarschule tätig gewesenen LEHRER KARL PICKENBACH der ehemalige Schulverwalter GUSTAV NUNGESSER aus Eberstadt im Kreis Darmstadt eingewiesen. Der im Jahre 1871 57-jährige Stelleninhaber der Obersten Mädchenklasse BERNHARD STREIN, der zuvor in Untermossau bei Erbach im Odenwald unterrichtet hatte, war am 28. 8. 1846 zunächst definitiv in die Elementarschul-Stelle eingerückt und hatte sich von dort sozusagen „hochgedient“. Dieser fungierte auch als Organist und Cantor an der Evangelischen Stadtkirche sowie Rechner der Evangelischen Kirchengemeinde. Obgleich in der Regel in der Chronik der Evangelischen Kirchengemeinde Veränderungen im Lehrpersonal der Schulen festgehalten sowie auch aus den Beilagen der Regierungsblätter mit Hilfe des Namens-Stichwort-Verzeichnisses ermittelbar sind, lässt sich im Falle des Vorgenannten weder dessen Ausscheiden aus dem Dienst, noch dessen Nachfolger ermitteln. Er ist in der Reichstagswahlliste 1887 mit jetzt 73 Jahren noch zu finden, ob noch aktiv oder pensioniert, bleibt offen. Wahrscheinlich war dessen Nachfolger PHILIPP HESSINGER, der Schullehrer in Ettingshausen, Kreis Gießen, gewesen war und dem am 12. April 1888 eine Lehrerstelle an der Evangelischen Schule Wimpfen am Berg übertragen worden ist. In die Mädchenschul-Stelle, deren Inhaber damals mit 1.000 – 1.300 Mark besoldet war, rückte am 14. Oktober 1891 mit Sicherheit der SCHULAMTSASPIRANT NIKLOLAUS PFEIFFER aus Rimbach im Kreis Heppenheim ein. Nach 10 ½-jähriger Tätigkeit wurde diesem am 1. April 1902 eine Stelle an der Volksschule Darmstadt verliehen. Dessen Nachfolger ließ sich nicht ermitteln. Der Inhaber der Obersten Knabenschul-Stelle dagegen, der von der evangelischen Schule Schöllenbach im Kreis Erbach am 8. 5. 1868 gekommene und 1877 46-jährige CHRISTIAN SCHRAUTH, war direkt in diese eingewiesen worden. Dessen Arbeit war eine besonders anspruchsvolle und dessen Rangstellung eine hervorgehobene dadurch, dass die evangelische Oberste Knabenschule mit der Lateinschule insofern vereint gewesen ist, als deren Schüler den größeren Teil ihres Unterrichts von diesem empfingen. Schrauth gab auch noch an der Handwerker-Zeichenschule Unterricht. Die Hervorgehobenheit gilt auch insofern für den zuvor schon genannten Lehrer der evangelischen Obersten Mädchenschule Peter Trautmann, als dieser ebenfalls, wie z. B. dessen Vorgänger Ludwig Usinger für Gesang und Zeichnen, zum Unterrricht der Lateinschule herangezogen war. Schrauth wird auf sein Nachsuchen mit Wirkung vom 1. Januar 1903 im Alter von 70 Jahren in den Ruhestand versetzt. Auch dessen Nachfolger lässt sich nicht bestimmen. – Am 28. 1. 1879 wird LEHRER GUSTAV NUNGESSER weit weg nach Bleidenrod im oberhessischen Kreise Alsfeld (Bereich Vogelsberg) versetzt, nachdem er wegen unwürdigen Verhaltens (Nachlässigkeit im Dienst und Trunksucht) vor ein Disziplinargericht gestellt worden ist. Seine Stelle (Elementar-Schule) tritt am 9. 5. 1879 als SCHULVERWALTER BERNHARD MAGSAAM aus dem östlich von Darmstadt gelegenen Groß-Umstadt an. Nur partiell einordenbar ist der in den Reichstagswahllisten der Jahre 1884 und 1887 zu findende LEHRER FRANZ LORENZ KAISER. Am 4. Mai 1895 wird eine der Schulstellen (Vorgänger unklar, da im Sammelband 1895 das alphabetisches Verzeichnis 1895 fehlt) an der Evangelischen Stadtschule Wimpfen am Berg dem SCHULLEHRER WILHELM ROTH zu Rain-Breitenbach im Kreis Erbach übertragen. Dieser erteilt auch als Hilfslehrer Unterricht in Buchführung und Stenographie an der Realschule Wimpfen. 1885 wird wegen erheblich gestiegener Schülerzahl eine 5. Evangelische Schulstelle vom Gemeinderat genehmigt, doch soll diese (aus Ersparnisgründen mit Rücksicht auf die Kosten für die jetzt staatlich anerkannte Großherzgliche Realschule) 5 Jahre vikariert werden. 1896 wird vom Gemeinderat die Errichtung einer weiteren (6.) evangelischen Schulstelle mit der Begründung, dass laut Statistik die Schülerzahl in den letzten 10 Jahren sich nur unbedeutend vergrößert habe, auf einige Jahre verschoben. Deren Errichtung zieht sich bis zum Jahr 1901 hin, wo festgestellt wird, dass jetzt der bislang fehlende Schulraum vorhanden sei. Am 5. November 1904 wird SCHULAMTSASPIRANT JULIUS ZINßER aus Lindenfels im Kreise Bensheim eine Lehrerstelle an der Gemeindeschule Wimpfen im Tal übertragen, wo er vermutlich den von dort nach Wimpfen am Berg versetzten HEINRICH VOLZ ersetzen soll. Da jedoch dort für diesen keine Lehrerwohnung vohanden ist, wird Zinßer an der Volksschule Wimpfen am Berg eingesetzt. Wie an späterer Stelle genauer dargestellt, wechselt dieser ins Tal erst 1912 über. 1904 wird die ebenfalls hinausgezögerte Bestellung eines Hauptlehrers (mit Leiterfunktion) genehmigt, in die der 25 Jahre am Ort tätige BERNHARD MAGSAAM einrücken darf. Diesem wird die Ehre zuteil, zum 25. November 1912 anlässlich des Geburtstages Sr. Königl. Hoheit des Großherzogs das Ritterkreuz II. Klasse des Verdienstordens Philipps des Großmütigen zu empfangen. Laut Ministerialverfügung werden im Frühjahr 1906 die allen Volksschullehrern geltenden altertümlichen amtlichen und im Wimpfener Volksmund fest haftenden Betitelungen „Schullehrer“ abgeschafft und durch „Lehrer“ ersetzt. 1908 wird eine weitere (7.) Stelle errichtet. HEINRICH VOLZ wird mit Wirkung vom 8. Juli 1912 zum Reallehrer an der Realschule Wimpfen unter Belassung in der Kategorie der Volksschullehrer ernannt. Infolge seiner lebenslangen, vielfältigen Tätigkeit im Vereins- und Verbandsleben Wimpfens sowie fast 2 ½ Jahrzehnte als Archivar und 11 Jahre als Gemeinderat wird dieser immer wieder an späterer Stelle zu nennen sein. Dessen Stelle wird mit SCHULVERWALTER HELFRICH besetzt. Der Plan, durch die seit ca. 1910 für nötig erachtete Trennung der Oberklasse eine neue 8. Klasse zu errichten, wurde mehrfach erörtert, die Durchführung scheiterte aber am Widerspruch des Gemeinderates. Am 1. 04. 1814 wird die 8. Volksschulstelle endlich errichtet.

Über die in der obigen Übersicht bereits dargestellten Besetzungen mit Lehrern der Evangelischen Volksschulen Wimpfen am Berg und im Tal hinaus ist noch Folgendes festzuhalten:

– Die dreiklassige Evangelische Volksschule Wimpfen am Berg: Am 17. 3. 1869 wird auf sein Ersuchen der mit 71 Jahren älteste LEHRER LUDWIG USINGER, der 1828 seinen Dienst in Wimpfen begonnen und später Lehrer an der obersten Mädchenklasse geworden war und Wimpfen (unterbrochen von einer ca. 5jährigen Lehrertätigkeit in Lampertheim 1840 – 46) die Treue gehalten hatte, wegen vorgerückten Alters in den Ruhestand versetzt. Am 5. 5. 1870 übernimmt seinen Unterricht als Schulverwalter – und damit wie öfters bei den Volksschullehrern – noch nicht Inhaber der Stelle, sondern „Vikar“ derselben – PETER TRAUTMANN aus Ober-Schönmattenwag im Kreis Heppenheim. Dieser kann erst am 11. September 1876 in die damals mit 1.114 Mark 28 Pf. dotierte Stelle an der Mittelschule einrücken. Zum gleichen Datum (Dienstantritt erst am 16. Oktober 1876) wird in die mit nur 942 Mark 86 Pf. geringer dotierte Stelle des am 28. 12. 1875 mit erst 44 Jahren verstorbenen und seit 1855 zunächst als Schulverwalter und ab 1. 12. 1860 als Stelleninhaber der Elementarschule tätig gewesenen Lehrers KARL PICKENBACH der ehemalige Schulverwalter GUSTAV NUNGESSER aus Eberstadt im Kreis Darmstadt eingewiesen. Der im Jahre 1871 57-jährige Stelleninhaber der Obersten Mädchenklasse BERNHARD STREIN, der zuvor in Untermossau bei Erbach im Odenwald unterrichtet hatte, war am 28. 8. 1846 zunächst definitiv in die Elementarschul-Stelle eingerückt und hatte sich von dort sozusagen „hochgedient“. Dieser fungierte auch als Organist und Cantor an der Evangelischen Stadtkirche sowie Rechner der Evangelischen Kirchengemeinde. Obgleich in der Regel in der Chronik der Evangelischen Kirchengemeinde Veränderungen im Lehrpersonal der Schulen festgehalten sowie auch aus den Beilagen der Regierungsblätter mit Hilfe des Namens-Stichwort-Verzeichnisses ermittelbar sind, lässt sich im Falle des Vorgenannten weder dessen Ausscheiden aus dem Dienst, noch dessen Nachfolger ermitteln. Er ist in der Reichstagswahlliste 1887 mit jetzt 73 Jahren noch zu finden, ob noch aktiv oder pensioniert, bleibt offen. Wahrscheinlich war dessen Nachfolger PHILIPP HESSINGER, der Schullehrer in Ettingshausen, Kreis Gießen, gewesen war und dem am 12. April 1888 eine Lehrerstelle an der Evangelischen Schule Wimpfen am Berg übertragen worden ist. In die Mädchenschul-Stelle, deren Inhaber damals mit 1.000 – 1.300 Mark besoldet war, rückte am 14. Oktober 1891 mit Sicherheit der Schulamtsaspirant NIKLOLAUS PFEIFFER aus Rimbach im Kreis Heppenheim ein. Nach 10 ½-jähriger Tätigkeit wurde diesem am 1. April 1902 eine Stelle an der Volksschule Darmstadt verliehen. Dessen Nachfolger ließ sich nicht ermitteln. Der Inhaber der Obersten Knabenschul-Stelle dagegen, der von der evangelischen Schule Schöllenbach im Kreis Erbach am 8. 5. 1868 gekommene und 1877 46-jährige CHRISTIAN SCHRAUTH, war direkt in diese eingewiesen worden. Dessen Arbeit war eine besonders anspruchsvolle und dessen Rangstellung eine hervorgehobene dadurch, dass die evangelische Oberste Knabenschule mit der Lateinschule insofern vereint gewesen ist, als deren Schüler den größeren Teil ihres Unterrichts von diesem empfingen. Schrauth gab auch noch an der Handwerker-Zeichenschule Unterricht. Die Hervorgehobenheit gilt auch insofern für den zuvor schon genannten Lehrer der evangelischen Obersten Mädchenschule Peter Trautmann, als dieser ebenfalls, wie z. B. dessen Vorgänger Ludwig Usinger für Gesang und Zeichnen, zum Unterrricht der Lateinschule herangezogen war. Schrauth wird auf sein Nachsuchen mit Wirkung vom 1. Januar 1903 im Alter von 70 Jahren in den Ruhestand versetzt. Auch dessen Nachfolger lässt sich nicht bestimmen. – Am 28. 1. 1879 wird LEHRER GUSTAV NUNGESSER weit weg nach Bleidenrod im oberhessischen Kreise Alsfeld (Bereich Vogelsberg) versetzt, nachdem er wegen unwürdigen Verhaltens (Nachlässigkeit im Dienst und Trunksucht) vor ein Disziplinargericht gestellt worden ist. Seine Stelle (Elementar-Schule) tritt am 9. 5. 1879 als SCHULVERWALTER BERNHARD MAGSAAM aus dem östlich von Darmstadt gelegenen Groß-Umstadt an. Nur partiell einordenbar ist der in den Reichstagswahllisten der Jahre 1884 und 1887 zu findende LEHRER FRANZ LORENZ KAISER. Am 4. Mai 1895 wird eine der Schulstellen (Vorgänger unklar, da im Sammelband 1895 das alphabetisches Verzeichnis 1895 fehlt) an der Evangelischen Stadtschule Wimpfen am Berg dem Schullehrer WILHELM ROTH zu Rain-Breitenbach im Kreis Erbach übertragen. Dieser erteilt auch als Hilfslehrer Unterricht in Buchführung und Stenographie an der Realschule Wimpfen. 1885 wird wegen erheblich gestiegener Schülerzahl eine 5. Evangelische Schulstelle vom Gemeinderat genehmigt, doch soll diese (aus Ersparnisgründen mit Rücksicht auf die Kosten für die jetzt staatlich anerkannte Großherzgliche Realschule) 5 Jahre vikariert werden. 1896 wird vom Gemeinderat die Errichtung einer weiteren (6.) evangelischen Schulstelle mit der Begründung, dass laut Statistik die Schülerzahl in den letzten 10 Jahren sich nur unbedeutend vergrößert habe, auf einige Jahre verschoben. Deren Errichtung zieht sich bis zum Jahr 1901 hin, wo festgestellt wird, dass jetzt der bislang fehlende Schulraum vorhanden sei. Am 5. November 1904 wird dem Schulamtsaspiranten JULIUS ZINßER aus Lindenfels im Kreise Bensheim eine Lehrerstelle an der Gemeindeschule Wimpfen im Tal übertragen, wo er vermutlich den von dort nach Wimpfen am Berg versetzten HEINRICH VOLZ ersetzen soll. Da jedoch dort für diesen keine Lehrerwohnung vohanden ist, wird Zinßer an der Volksschule Wimpfen am Berg eingesetzt. Wie an späterer Stelle genauer dargestellt, wechselt dieser ins Tal erst 1912 über. 1904 wird die ebenfalls hinausgezögerte Bestellung eines Hauptlehrers (mit Leiterfunktion) genehmigt, in die der 25 Jahre am Ort tätige BERNHARD MAGSAAM einrücken darf. Diesem wird die Ehre zuteil, zum 25. November 1912 anlässlich des Geburtstages Sr. Königl. Hoheit des Großherzogs das Ritterkreuz II. Klasse des Verdienstordens Philipps des Großmütigen zu empfangen. Laut Ministerialverfügung werden im Frühjahr 1906 die allen Volksschullehrern geltenden altertümlichen amtlichen und im Wimpfener Volksmund fest haftenden Betitelungen „Schullehrer“ abgeschafft und durch „Lehrer“ ersetzt. 1908 wird eine weitere (7.) Stelle errichtet. HEINRICH VOLZ wird mit Wirkung vom 8. Juli 1912 zum Reallehrer an der Realschule Wimpfen unter Belassung in der Kategorie der Volksschullehrer ernannt. Infolge seiner lebenslangen, vielfältigen Tätigkeit im Vereins- und Verbandsleben Wimpfens sowie fast 2 ½ Jahrzehnte als Archivar und 11 Jahre als Gemeinderat wird dieser immer wieder an späterer Stelle zu nennen sein. Dessen Stelle wird mit SCHULVERWALTER HELFRICH besetzt. Der Plan, durch die seit ca. 1910 für nötig erachtete Trennung der Oberklasse eine neue 8. Klasse zu errichten, wurde mehrfach erörtert, die Durchführung scheiterte aber am Widerspruch des Gemeinderates. Am 1. 04. 1814 wird die 8. Volksschulstelle endlich errichtet.
Über die für die Evangelische Volksschule Wimpfen am Berg insbesondere durch die gemeinsame Unterbringung mit der expandierenden Realschule in den west- bis ostwärtigen Trakten der Klausur des ehemaligen Dominikanertklosters wachsende Raumenge und Raumnot sowie ungünstigen sonstigen Gegebenheiten der Unterbringung, deren Milderung (nicht Beseitigung) erst durch den sog. Klosterbrand des Jahres 1907 in Gang gesetzt wurde, soll gesondert in einem späteren Kapitel berichtet werden.

Die einklassige Evangelische (nach Auflösung der Katholischen Schule konfessionell gemischt gewordene) Volksschule Wimpfen im Tal: Der dortige aus einer 1695 aus Forchtenberg zugewanderten Familie stammende CARL WILHELM MUCKH, der ab der Mitte der 1830er Jahre zuerst Schulverwalter in Hohenstadt gewesen war, hatte ab 1842 „ausgezeichnet und musterhaft“, wie es 1858 heißt, die Volksschule Wimpfen im Tal geführt. Er war zum 1. 11. 1876 auf sein Nachsuchen unter Anerkennung seiner langen ersprießlichen Dienste pensioniert worden, starb jedoch schon 2 ½ Monate danach im Alter von 68 Jahren am 17. 01. 1877. An dessen Stelle findet sich als Schulverwalter ab 1. 5. 1877 JOHANNES BAUDER aus Reichenbach im Odenwald, geb. am 9. April 1856. Dieser hat – wie alle seit den ausgehenden 1820er Jahren von der hessischen Behörde angestellten Lehrer – eine Schullehrer-Seminar-Ausbildung absolviert, und zwar in Friedberg in Oberhessen, und ist zuvor von Ostern 1874 bis Ostern 1877 als Schulverwalter in Böllstein im Kreis Erbach/Odenwald tätig gewesen. Er wird im Folgejahr 1878 an die „Höhere Bürgerschule“, Nachfolgeeinrichtung der o. g. „Städtischen Real- und Lateinschule“, Wimpfen am Berg versetzt. Diesem folgt am 3. 5. 1877 SCHULVERWALTER oder SCHULVIKAR WERNER aus Reichelsheim im Odenwald, der am 3. Mai 1882 mit dem seinen Dienst antretenden und definitv mit einem Jahresgehalt von 900 Mark angestellten LEHRER GEORG RALL aus Frankenhausen/ Odenwald ausgetauscht wird. Am 20. 09. 1885 rückt, aus Oberscharbach im Kreise Heppenheim kommend, in die (wie anzunehmen hinzugekommene) zweite Lehrerstelle der Gemeindeschule Wimpfen im Tal der SCHULAMTSASPIRANT GEORG KRÄMER ein. Offenbar waren zu dieser Zeit, da im Tal 1877 bereits 50 + 37 = 87, d. h. in zwei Abteilungen geführte, Schüler vorhanden waren und 1886/87 sogar 96 Schüler nachzuzweisen sind, im Tal damals zwei Lehrer vorhanden.
Das geht vor allem auch zusammen mit dem Umstand, dass 1884 das im oberen = ostwärtigen Bereich von Wimpfen im Tal gegenüber der Einmündung der Schmiedgasse gelegene  marode sog. Schul- und Gemeindehaus (siehe dieses in Band 2 in der Abb . B 24 auf Seite 235, dort tragend die Nr. 11, heute: Corneliastraße  50) aufgegeben und durch einen dem Lindenplatz und dem Stiftsbrunnen gegenüber gelegenen repräsentativen Neubau abgelöst wurde, in dem sich jetzt 2 Schulsäle befanden. Sicherlich kam dieser auch deshalb zustande, weil im Frühjahr 1878, d. h. im Folgejahr der Einweihung des neuen Hohenstadter Schulhauses, die Bürger von Wimpfen im Tal die vom Gemeinderat und dem Kreisamt zurückgewiesene Eingabe der Bildung einer eigenen Gemeinde gemacht und in dieser insbesondere den Vorwurf der Benachteiligung im Bereich des Brandschutzes sowie der schulischen Versorgung erhoben hatten. „Es wurde und wird“, so hatte der Gemeinderat dagegen gehalten, „die Gemeinde Wimpfen im Thal stets gleich wie die Gemeinde Wimpfen am Berg verwaltet und soviel wie thunlich allen Erfordernissen entsprochen. Für die Schule sind die gesetzlichen Erfordernisse vorhanden, und was die Feuerspritze anbelangt, so stehen stets in der keine 5 Minuten entfernten Saline 3 Feuerspritzen zur Verfügung. Auch sind bei einem vorkommenden Brand sofort 2 Spritzen aus der Stadt in Thätigkeit.“ Über die Erbauung des neuen Schulhauses wird in der Chronik der Evangelischen Kirchengemeinde für 1884 in knappster Weise Folgendes berichtet:
„Am 11. August wurde das neue Schulhaus zu Wimpfen im Thal eingeweiht, welches unter Aufsicht von Straßenmeister Geipert erbaut worden war. Festlichkeiten fanden dabei nicht statt.“ Dieses mit einem Aufwand von rund 30.000 Mark erbaute walmbedachte zweigeschossige Schulgebäude über erhöhtem Untergeschoss mit einem großen Schulzimmer in jedem Geschoss bedeutete für die „Talemer“ Schulkinder durch seine hohen Fenster mit Steingewänden, sein massives Putzmauerwerk über einem Sandsteinsockel und vor allem seine hohen Schulräume einen mächtigen Fortschritt. Nachdem im Gegensatz zu Hohenstadt zu dessen Eröffnung keine Festlichkeit stattgefunden hat, ist in der Zeitung des Jahres 1878 von diesem Neubau keinerlei Erwähnung getan. In Ermangelung einer historischen Aufnahme sei eine aktuelle Darstellung in

  • Abb. C 4: Das Gebäude der 1884 erbauten Volksschule Wimpfen im Tal, Corneliastraße 8 (Foto von 2012)

gezeigt, das seit der Auflösung und Verlegung derselben in die in Wimpfen am Berg auf den „Frankenäckern“ im November 1967 eröffnete zentrale Grund- und Hauptschule Wohnzwecken dient.
LEHRER GEORG RALL wird im Herbst 1891 vor der Hessischen Strafkammer wegen Sittlichkeitsvergehen angeklagt. Es werden 14 Zeugen geladen. Das Urteil lautet auf 2 Jahre 4 Monate Gefängnis und Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte auf 3 Jahre. Er wird am 31. Oktober 1892 mit Wirkung vom 6. November 1892 vom Amte mit dem Verlust der Wiederanstellungsfähigkeit entlassen. Dessen, wie es in der Zeitung heißt, erste Lehrerstelle im Tal wird mit Wirkung vom 1. 05. 1893 JOHANN HEINRICH VOLZ zu Ettingshausen im Kreise Gießen übertragen, der vor Jahren dort schon als Schulverwalter tätig gewesen war und nunmehr den o. a. Lehrer Krämer als Kollegen hat. Volz übernimmt die Dirigentenstelle des damals neu konstituierten Evangelischen Kirchengesangvereins. Am 5. Oktober 1904 wird dem SCHULASPIRANTEN JULIUS ZINßER aus Lindenfels im Odenwald eine Lehrerstelle an der Gemeindeschule Wimpfen im Tal zugewiesen. Vermutlich sollte dieser Heinrich Volz ersetzen, der damals an die Volksschule Wimpfen am Berg wechselte. Da in Wimpfen im Tal jedoch die eigentlich obligatorische Dienstwohnung fehlt, wird dieser an der Volksschule Wimpfen am Berg eingesetzt. Dieser erscheint im Januar 1911 dort als Dirigent des Gesangvereins Concordia. Erst 1912 wechselt Zinßer an die Volkschule Wimpfen im Tal, nachdem die Stadt Wimpfen dort das sog. Müller’sche Haus als Lehrerwohnung eingerichtet hat. Dafür wird der seitherige dortige SCHULVERWALTER DIEHL nach Wimpfen am Berg versetzt, der in Wimpfen im Tal den statt dort an der Volksschule Wimpfen am Berg eingesetzten Julius Zinßer ersetzt hatte.

Über die Lehrerversorgung der nach der Reichsgründung erhalten gebliebenen Katholischen Konfessionsschule Wimpfen am Berg finden wir bezüglich des hier behandelten Zeitraums, dass deren Lehrer – wohl als Nachfolger des seit 1824 in Wimpfen im Tal, ab 1841 bis 1859 in Wimpfen am Berg (unterbrochen 1841 – 1844 durch JOHANNES PREISER) amtierenden GEORG BITSCH – IGNAZ ADOLPH RADY (nachzuweisen allerdings erst ab 1864) gewesen ist, der am 5. 12. 1871 auf sein Nachsuchen hin aus dem Schuldienste des Landes Hessen ausschied. Merkwürdigerweise ist weder in der Chronik der Katholischen Kirchengemeinde, noch den Gemeinderatsprotokollen und in den Reichstagswahllisten oder den Regierungsblättern eine Notiz über einen katholischen Lehrer der 1870er Jahre zu finden, dem auch der Organistendienst in der Katholischen Kirche anvertraut war. Allerdings taucht in der Lehrerliste zur Beschlussfassung des Gemeinderates vom 17. Juni 1872 die „Bitte sämtlicher Lehrer der Bürgermeisterei Wimpfen um Besoldungszulage“ betr. in der Lehrerliste neben allen den o. a. Lehrernamen noch der Name KEIL auf, der sich aber dann nirgendwo mehr finden läßt, ausgenommen in jenem der von ca. September 1870 bis ca. Mai 1878 als Schuldienerin und Helferin an der Kinderschule tätig gewesenen SOPHIE KEIL. Höchst wahrscheinlich ist dieser an der katholischen Schule Wimpfen am Berg zwischen den Lehrern Rady und dem ab den ausgehenden 1870er Jahren nachweisbaren zunächst SCHULASPIRANTEN, später LEHRER LORENZ KEISER aus Neckarsteinach, Kreis Heppenheim, tätig gewesen. Die Stelle der Katholischen Konfessionsschule Wimpfen am Berg findet sich dann diesem am 4. Januar 1879 übertragen. Doch dürfte dieser diese Stelle zuvor schon längere Zeit als Verwalter versehen haben, da er laut Jubiläumsschrift der Realschule zuvor schon bis Ostern 1878 dort als Hilfslehrer für Schreibunterricht eingesetzt gewesen ist. Wir finden diesen auch noch in den Reichstagswahllisten der Jahre 1884 und 1887 (hier geschrieben KAISER). Nachdem am 10. Dezember 1893 Lorenz Keiser eine Lehrerstelle an der Gemeindeschule zu Bobstadt im Kreise Bensheim eingewiesen worden ist, wird am 5. März 1894 die Lehrerstelle desselben an OTTO LEINEWEBER aus Dietersheim im Kreise Bingen übertragen. Diesem wird zum 18. April 1903 die 2. Lehrerstelle der Gemeindeschule Froschhausen verliehen. Dessen Nachfolger ist der SCHULAMTSASPIRANT KARL BECKER aus Assenheim im Kreise Friedberg, Oberhessen, dem die Lehrerstelle definitiv am 15. Juni 1904 übertragen wird. Dieser wird am 4. April 1908 auch zum Rechner der Katholischen Kirchengemeinde und des Benfiziums St. Catharinae mit einer Besoldung von 175 Mark + 100 Mark = 275 Mark ernannt, und dieser ist bis in die beginnenden 1920er Jahre als Lehrer an der Katholischen Konfessionsschule sowie Organist der Katholischen Kirchengemeinde zu finden.

Der Blick auf die meist angegebenen jeweiigen Geburts- und/bzw. vorausgegangenen Dienstorte der nach Wimpfen versetzten Lehrer, deren auf die vier vorhandenen Evangelischen Volksschulen bezogene Gesamtzahl vor 1885, wie aus dem oben Gesagten zu ersehen, 7 (4 + 3) betrug, weist aus, dass diese fast ausschließlich dem Odenwald oder dessen Randbereichen entstammten. Dieser Umstand hat dazu geführt, dass man im Wimpfen der hessischen Zeit gern abschätzig vor allem bei der vermöglichen Schicht von diesen als den „Oudäwäldä Hutz’lbuwä“ (Odenwälder Hutzelbuben) gesprochen hat. Bislang waren deren Gehälter in der Weise gestuft, dass die Lehrer an den Einklassenschulen der Teilorte und an der Mehrklassenschule Wimpfen am Berg der Lehrer an der „Elementarschule“ geringer besoldet wurden als derjenige an der dortigen „Mittelschule“ und am höchsten die beiden Lehrer der dortigen „Oberschule“. Das brachte für die Lehrer den Anreiz, möglichst Schüler der mittleren bis höchsten Altersstufe zu unterrichten und, wenn sie unten beginnen mussten, bei anstehendem Lehrerwechsel ggfls. aufzusteigen. Im Sommer des Jahres 1872 wurde – wie vielen städtischen Bediensteten dieser teuren Kriegs- und Nachkriegszeit – auf ihr Ansuchen allen Lehrern der vier Volksschulen eine einmalige Zulage von je 50 fl gewährt. Nachdem ausgangs 1872 das „Gesetz, die Gehalte der Volksschullehrer betreffend“ verabschiedet worden war und im Folgejahr 1873 dessen Ausführung anstand, fasste der Gemeinderat zunächst den folgenden diesbezüglichen dem Kreisamt zugeleiteten Beschluss: „Die Gemeinde hat bekanntlich eine factische Bevölkerung von 2.906 – und zwar Wimpfen am Berg 2.051, Wimpfen im Tal 476, Hohenstadt 236, Helmhof 124, Finkenhof 19. Hiernach dürfte sich in Betracht, dass nach Art. 1 des Gesetzes die Größe der Gehalte von der Seelenzahl der Gemeinde in deren Mitte sich die Schule befindet, abhängt und die Bevölkerung von Wimpfen a. B. nur wenig über 2. 000 Seelen zählt, der Gehalt der einzelnen Lehrer von Wimpfen a. B. in der 1. Abth. II. Klasse 550 f, Wimpfen i. Th., Hohenstadt und Helmhof auf nur 400 f berechnen. … Ausserdem erklärt sich der Gemeinderath bereit, den würdigen Lehrern nach Verdienst im Alter eine persönliche Zulage zu bewilligen. Weitere Leistungen aber würden der Gemeinde, insbesondere da diese die Kosten für die (im Vorjahr von dieser geschaffenen) Realschule allein trage, ein zu großes Opfer verursachen.“ Das hätte für alle Lehrer eine Gehaltsminderung, dazuhin Gleichschaltung ihrer Gehälter bedeutet, was bei diesen, zumal die fraglichen Beträge vom Gesetz als „niederste“ solche bezeichnet waren, offenbar auf Widerstand stieß. Somit wurde im August 1873 Folgendes konzediert: Die 4 Stellen der Evangelischen Schule Wimpfen am Berg sollen als Anfangsstellen der II. Klasse normiert werden und auf Grund des Artikels 5 des Gesetzes Dienstalterszulagen bis zum Maximalgehalt dieser Klasse eintreten: Lehrer Strein mit über 25 Dienstjahren erhält 800 fl, Lehrer Schrauth mit über 16 Dienstjahren 700 fl; Lehrer Karl Wilhelm Pickenbach, mit dessen Dienstleistungen man indessen ausweislich der Schulprüfungsprotokolle durchaus nicht zufrieden sein könne, soll den Minimalgehalt der II. Klasse von 550 fl erhalten. Die Unzufriedenheit über die Leistungen des 2 ¼ Jahren später früh mit erst 44 Jahren verstorbenen Pickenbach war so groß, dass man sich im Hochsommer 1875, d. h. 4 Monate vor dessen Tod, nicht scheute, in die Zeitung die folgende – natürlich in erster Linie dem Schulvorstand geltende – Äußerung der Kritik setzte: „Für die unterste Schulklasse dahier wird schon seit geraumer Zeit so wenig Sorge getragen, daß es demnächst den Eltern der betreffenden Kinder zur Beschwerdeführung veranlassen muß. Der Lehrer dieser Schulklasse ist stets krank und kann keinen Unterricht ertheilen und dürfte es deßhalb am Platze sein, wenn die Schule nicht ganz verkommen soll, baldmöglichst einen anderen Lehrer zu bestellen.“ Wie oben zu sehen, geschah dies auch. Dass den in der Gehaltsfestlegung nicht genannten anderen Lehrern, so Schulvikar Trautmann (ca. 3 Dienstjahre) Wimpfen am Berg, den ältestgedienten Lehrern Muckh (31 Dienstjahre) im Tal und Weiss (29 Dienstjahre) in Hohenstadt sowie Lorz (7 Dienstjahre) in Helmhof ebenfalls 550 fl zugestanden wurden, ist daraus ersichtlich, dass die Stelle des Letztgenannten im Frühjahr 1873 vor seiner definitiven Anstellung mit einem diese Summe betragenden jährlichen Gehalt ausgeschrieben war. Welche Entscheidungskriterien den einige Jahre später anlässlich von Lehrerwechseln bei der staatlichen Stellenausschreibung genannten Gehaltshöhen (siehe oben) zugrunde liegen, so für den Lehrer der Elementarschule von 942,86 Mark (550 fl) des Jahres 1876, für den Lehrer der Mittelschule von 1.114, 28 Mark (650 fl) des Jahres 1877 sowie den Lehrer von Wimpfen im Tal von 900 Mark (525 fl) des Jahres 1877, ist nicht durchschaubar.

Für die beschriebenen Schuleinrichtungen – einschließlich der Lateinschule – waren 1870/71 im Erdgeschoss der „Klosterschule“, wie der Konventbau des ehemaligen Dominikanerklosters genannt wurde, 7 Schulräume vorhanden, deren Heizung und (nur) zweimalige wöchentliche Reinigung damals seit langem in den Händen der SCHULDIENERIN LUDWIG BÖHRINGER WITTIB für die als sehr niedrig einzuschätzende sog. Remuneration von 30 fl jährlich lag. Am 23. November 1875 brachte der Bürgermeister dem Gemeinderat vor, dass zur „Aufrechterhalltung der Ordnung, behufs Reinigung und Heizung der Schulsäle, insbesondere durch Errichtung der Realschule, dringend die Anstellung eines Schuldieners geboten sei“ und erreichte, dass der Gemeinderat die Einstellung eines (männlichern) solchen ab dem 1. Januar 1876 guthieß. Angestellt wurde SCHULDIENER ADAM BULLINGER, der ausgangs November 1876 mit der Begründung, dass er von morgens früh bis abends in Anspruch genommen sei, um Gehaltserhöhung bittet; diese wird ihm ab Jahresbeginn 1877 durch Erhöhung auf 342 fl gewährt. Im Obergeschoss des „Klosters“ war eine Reihe von Lehrerwohnungen eingerichtet. Die Aufwendungen der Stadt Wimpfen für das gesamte Volksschulwesen im Jahr 1877 betrug 9.218 Mark und 76 Pfennig. Vom Schuljahr 1886/87 liegen die folgenden Schülerzahlen vor: Wimpfen am Berg 362, Wimpfen im Tal 96, zusammen 458, davon 204 Knaben und 254 Mädchen. 1890 werden am Schuljahresende aus der Evangelischen Volksschule Wimpfen am Berg 14 Knaben und 15 Mädchen, aus der dortigen Katholischen Schule 3 Knaben und 2 Mädchen entlassen.

  1. Die im Jahr 1874 unter mächtig gestiegener Wahlbeteiligung erfolgte Wahl zum Zweiten Reichstag wird von den Organisatoren hauptsächlich unter dem Zeichen der Niederhaltung der als „die Ultramontanen“ bezeichneten und als Gefährder von „Kaiser und Reich“ gesehenen Zentrumspartei durchgeführt.

Die Weitersuche nach sichtbaren Auswirkungen des Kulturkampfes lenkt nun wieder den Blick zeitlich zurück auf die am 10. Januar 1874 stattgefundene Wahl zum Zweiten Deutschen Reichstag, über deren vorausgegangenen Wahlkampf die „Localnachrichten“ im „Wimpfener Bote“ erst nach Jahresbeginn und damit kurz vor derselben folgendes Allgemeine berichten:
„So nahe die Wahlen zum Reichstag … , so fehlt ihnen doch der frische lebendige Zug. Es verstimmt sichtlich, daß viele alte bewährte Männer des Vertrauens z. T. des Fehlens der Diäten halber ablehnen und neue Männer des Vertrauens, zum Teil vielleicht aus demselben Grunde, wenig Lust zu dem ehrenvollen Amte bezeigen. Die neuen unbekannten Namen werden im nächsten Reichstage weit überwiegen. Die Wahlbewegung ist nur da lebendiger, wo die politischen Parteien schroff aufeinanderstoßen. Die arbeiten bis jetzt im Stillen, aber so eifrig, daß sie auf größeren Zuwachs rechnen können. Auch die Demokraten und Sozialdemokraten zeigen sich äußerst rührig mit Programmen und Versammlungen. Bayerische Zeitungen bringen lange Reihen von Wahlkandidaten, hinter jedem Kandidaten ist mit einem ‚l’ (liberal) oder ‚u’ (ultramontan) die Farbe kurz bezeichnet. … Und vollends am Rhein, in Westfalen und in Posen etc. …“
In der Tat wurde den Abgeordneten für ihre Tätgkeit keine Entschädigung gezahlt, so dass die im Reichstag vertretenen Parteien mit Ausnahme der Sozialdemokraten sog. Honoratiorenparteien waren, deren im Großen und Ganzen noch geringe Zahl an Mitgliedern hauptsächlich aus dem Bildungsbürgertum stammten. Mit der fast ein Schimpfwort darstellenden Bezeichnung „Ultramontane“ sind die Angehörigen der Zentrumspartei gemeint, denen man vorwarf, dass sie eine Einheit von Staat und Kirche unter ihrem Primat anstrebten und sich vom Papst in Rom (jenseits der Berge, d. h. der Alpen) und nicht von der Reichsregierung in der Hauptstadt Berlin beherrschen ließen.

Im Wahlkreis Worms-Heppenheim-Wimpfen stehen sich die folgenden beiden Kandidaten gegenüber:

– Der vermögende junge Lederindustrielle CORNELIUS WILHELM HEYL (1843 – 1923) aus der konfessionell gemischten Stadt Worms, Enkel des gleichnamigen Begründers der 1834 entstandenen Wormser Lederwerke Cornelius Heyl AG. Durch den frühen Tod des Vaters und des älteren Bruders hatte er diese schon im Jahr 1861 im Alter von 19 Jahren übernehmen müssen und konnte sich finanziell die Abgordnetentätigkeit problemlos erlauben. Er ist Kandidat der damals mit den Linksliberalen gleichsetzbaren Deutschen Fortschrittspartei, der ersten deutschen Programmpartei, die im ersten Reichstag mit 45 Sitzen hinter dem Zentrum mit 60 Sitzen und der mit großem Abstand die Spitze haltenden Nationalliberalen Partei mit 119 Sitzen den dritten Platz einnahm und zusammen mit dieser die innen- und außenpolitischen Ziele Bismarcks, insbesondere auch die antikatholischen Gesetzesvorlagen, großteils unterstützte. Innerhalb der (grob gesehen) 5 politischen Lager [von rechts nach links: Konservative (KP) , Nationalliberale (NLP), Linksliberale = Deutsche Fortschrittspartei (DFP), Zentrumspartei (ZP) und Sozialdemokratische Deutsche Arbeiterpartei (SDAP)] nahm diese die linke Mitte, die Nationalliberale Partei die rechte Mitte ein.

– Und der der Zentrumspartei angehörende FREIHERR DR. FRIEDRICH DAEL VON KÖTH-WANSCHEID (1808 – 1883), Wein-Mustergutsbesitzer, Rittmeister à la suite und Stimmberechtigter aus dem eingesessenen Adel mit größerem Grundeigentum für die Wahl von zwei Mitgliedern der Ersten Kammer der Stände des Großherzogtums Hessen, aus dem katholischen Schloss- und Wallfahrtsort Sörgenloch in Rheinhessen südlich von Mainz stammend, langjähriger Vizepräsident des Deutschen Weinbauvereins und Präsident des Hessischen Bauernvereins.

Unterstützung in Wimpfen fand der erstgenannte Kandidat der DFP dadurch, dass am 3. Januar 1874, d. h. eine Woche vor dem Wahltag, im „Wimpfener Bote“ der nachfolgende Aufruf veröffentlicht wurde:

„Wie allgemein bekannt ist, findet die Wahl zum deutschen Reichstag nächsten Samstag, den 10. Januar, statt. Für unseren Wahlkreis Worms-Heppenheim-Wimpfen ist von der Fortschrittspartei Fabrikant C. W. Heyl aus Worms als Kandidat aufgestellt. Wir fühlen uns gedrungen, jedem unserer Mitbürger diese so wichtige Wahl besonders ans Herz zu legen und Jedem, welchem an der Vervollkommnung zum Ausbau des deutschen Reiches gelegen ist, zuzurufen sein Wahlrecht nicht zu versäumen und Herrn Heyl zu wählen. … – Mehrere Bürger.“

Es wurde abschließend angekündigt, dass das Wahlprogramm des Kandidaten Heyl in Flugblättern ausgegeben werden würde. Und ein entstandenes „Local-Comité der Fortschrittspartei“ hielt am Freitag, dem 9. Januar, also erst am Tag vor dieser zweiten Reichstagswahl, im Rathaussaale eine Wählerversammlung ab, zu der, so hieß es – Problem der räumlichen Trennung – entschuldigend, Herr Heyl persönlich wegen einer Volksversammlung in Worms nicht erscheinen könne.
Gleichzeitig erschien an diesem Tag der folgende weiterere Zeitungsaufruf:

„Wähler des Kreises Wimpfen! Nachdem von dem Wahlverein Worms-Heppenheim-Wimpfen für die bevorstehende Reichstagswahl Wilhelm Heyl aus Worms als Candidat aufgestellt worden ist, hat dieser Vorschlag bei allen freisinnigen, eine nationale Entwicklung erstrebenden Männern allgemein Anklang gefunden. Der Tag der Wahl rückt heran und wir halten es für Pflicht, auch unsererseits alle Wähler dringend aufzufordern, an der Wahlurne zu erscheinen und seine Stimme für Cornelius Wilhelm Heyl abzugeben. Jede Stimme ist wichtig und wer am Wahltage fehlt, verstärkt die Macht der Feinde des Reichs und der Freiheit. Darum eilt alle, die Ihr den Wert nationaler Unabhängigkeit und die Erhaltung des uns nach außen und innen schützenden Reichs hochstellet, am 10. 1. zur Wahlurne und gebt einträchtig Eure Stimme ab für C. W. Heyl zu Worms … . Der Vorstand des Local-Comités des Worms-Heppenheim-Wimpfener Wahlvereins.“

Abgesehen davon, dass keiner der Kandidaten persönlich in Wimpfen vorstellig wurde, erfolgte der Wahlkampf einseitig ohne das Dagegenhalten anderer Parteilager und ohne Einbringung von Argumenten mit bloßen Schlagwortfloskeln wie „Vervollkommnung zum Aufbau des Deutschen Reiches“ einerseits und „Macht der Feinde des Reichs und der Freiheit“ anderseits.

Doch bewirkten diese Appelle und darüber hinaus der inzwischen im gesamten Deutschen Kaiserreich aufgeflammte Funke der Reichs- und Kaiserbegeisterung tatsächlich, dass die Zeitung am Montag, 2. Januar 1874, nach der Wahl den folgenden Erfolgsbericht geben konnte:

„Unterm Gestrigen traf hier bezüglich der Reichstagswahl folgendes Telegramm von Worms ein: ‚Herrn Bürgermeister Ernst, Wimpfen. Ultramontan bis jetzt 3.493, Kaiser und Reich 9.385,, Wimpfen hoch! Heyl’. – Noch nie zeigte sich bei einer Wahl dahier ein so reges Interesse, wie bei der letzten Samstag stattgehabten Reichstagswahl. Sogar alte und kranke Männer kamen mit Krücken oder ließen sich aus der Nachbarschaft herbeitragen. Es ist dies ein ehrendes Zeichen der hiesigen Bewohner und hat man mit Freuden wahrgenommen, wie sehr sich dieselben für den Ausbau und die Befestigung des großen deutschen Reiches interessieren.- Von 593 Wahlberechtigten wählten 503 und fielen hiervon
– 485 Stimmen auf Cornelius Wilhelm Heyl in Worms,
– 17 Stimmen auf Freiherrn Friedrich von Dael-Köth-Wanscheid in Sörgenloch,
1 Stimme auf einen hiesigen Bürger.
In der Gemeinde Kürnbach haben von 195 Wahlberechtigten 181 abgestimmt. Sämtliche Stimmen fielen auf Cornelius Wilhelm Heyl in Worms.“

Daraus ergibt sich die hohe Wahlbeteiligung von 84,8 %. Das Gesamtergebnis war laut Meldung im „Wimpfener Bote“:

– Cornelius Wilhelm Heyl zu Worms (DFB) 11.195 Stimmen, laut anderer Quelle:[12] 11.205 von 16.363 abgegebenen Stimmen, das sind 68,6 % der Stimmen.
– Freiherr Friedrich Dael von Köth-Wanscheid (ZP): 5.132 Stimmen, das sind 31,4 % der Stimmen; verlorene Stimmen 3, ungültige Stimmen 23.

In Anbetracht von 18.980 Wahlberechtigten lag die Wahlbeteiligung im Wahlkreis sogar bei 86,2 %. Bezogen auf das Reichsgebiet betrug diese nur 61,2 %, wenngleich damit das der Wahl von 1871 beträchtlich übertroffen wurde. Der nachstehend gezeigte Appell des Wahlcomitès der Fortschrittspartei Worms-Heppenheim-Wimpfen an die Wählerschaft, der einige Tage nach der Wahl in den Zeitungen und so auch im „Wimpfener Bote“ erschienen ist, stellt nicht allein eine Dankesbezeugung an diese dar, sondern sehr viel mehr ein von mächtiger Begeisterung getragenes Bekenntnis zu „Kaiser und Reich“ und dem nunmehr geeinten „Deutschland“ sowie (im Gedenken Luthers Gewissensentscheidung auf dem Wormser Reichstag) zu „liberalen Prinzipien“:

  • Abb. C 5: Aufruf des Bezirks-Wahl-Comitées von Worms-Heppenheim-Wimpfen im „Wimpfener Bote“ zum Abstimmungsergebnis der zweiten Reichstagswahl vom 10. Januar 1874.

Die Feststellung, dass sich die Stadt Worms „mit ihrer confessionell gemischten Bevölkerung, mit an Einstimmigkeit grenzender Majorität zum Reiche gestellt … habe“, lässt erkennen, dass man der Gegenpartei, dem Zentrum, das Stehen zu „Kaiser und Reich“ absprach. Man spürt die dieses Wahlgeschehen beherrschende Polarisierung, womit die weit unterlegenen „Ultramontanen“ als die Feinde des Reiches und des Kaisers apostrophiert werden. Der Umstand, dass aber dieser verpönten Partei bei ca. 45 wahlberechtigten Katholiken in Wimpfen immerhin 17 Stimmen zugefallen sind, lässt erkennen, dass im vorwiegend evangelischen Wimpfen die nur ca. 8,5 % der Einwohnerschaft ausmachenden Katholiken zu einem nicht unbeträchtlichen Teil trotz der am Ort öffentlich nur hörbar gewesenen einseitigen Parolen des Lokal-Comitées der DFP nicht gefolgt sind und den Kandidaten des Zentrums gewählt haben.

Das Wahlergebnis dieser Zweiten Reichstagswahl im Deutschen Reich des Jahres 1874, wo durch die inzwischen hinzugekommenen „Reichslande Elsaß-Lothringen“ sich die Zahl der Wahlkreise um 15 vermehrt hatte und somit jetzt 397 Abgeordnete gewählt worden sind, sieht, verglichen in der letzten Spalte mit der ersten Reichstagswahl des Jahres 1871, folgendermaßen aus:[13]

1877 bei der Wahl des Dritten Reichstags finden wir CORNELIUS HEYL wiederum als Kandidaten, jetzt aber der Nationalliberalen Partei, der also innerhalb der Liberalen zum rechten Flügel hin geschwenkt ist, und als anderen Kandidaten den Vertreter der Zentrumspartei – wie schon 1871 – STAATSRAT FREIHERR ARNOLD VON BIEGELEBEN. Der Erstgenannte wird von einem aus 12 gewählten Vertrauensmännern bestehenden Kreisausschuss unterstützt, in dem allerdings ein Vertreter Wimpfens nicht zu finden ist. Dessen Wahlaufruf vom 30. 12. 1876 lautet folgendermaßen:

„An die Wähler des Wahlkreises Worms-Heppenheim-Wimpfen. Mitbürger! Am 10. Januar wird das deutsche Volk diejenigen Männer bestimmen, die in dem nächsten Reichstage an der Erhaltung und Weiterbildung der Verfassung und Gesetzgebung unseres Vaterlandes mitarbeiten sollen. Die verschiedenen Parteien sind schon überall in erbittertem Kampfe begriffen. Unsere Partei ist es inbesondere, gegen welche sich die Angriffe der übrigen richten. Neben den alten tritt uns eine Reihe neuer Gegner verschiedener Färbung mit verschiedenen Waffen entgegen. Wir lassen uns hierdurch nicht irre machen. Viel Feind, viel Ehr! Wir müssen anerkennen, daß die Richtung, in welche das neue deutsche Reich ausgebaut worden ist, im großen und ganzen die richtige ist, wenn wir auch Einzelnes anders gewünscht hätten, und wir können nimmermehr zugeben, daß von der bisher eingeschlagenen Richtung und Bahn in politischer und sozialer Beziehung abgewichen werde. Ein unbeirrtes Festhalten an den liberalen Prinzipien wird zeigen, daß nur diese zu einer entschiedenen Besserung der Verhältnisse führen können. Alle Vorwürfe, welche man in dieser Beziehung dem Liberalismus macht, sind ungerechtfertigt. Mitbürger! Deshalb stehen wir fest zu unserer alten Fahne und wählen auch diesmal wieder einen Abgeordneten, der der liberalen Partei angehört. Wir schlagen euch hierzu den Mann vor, der seither unser Vertreter war und der sich als solcher unser volles Vertrauen erworben und erhalten hat: Herrn C. W. Heyl von Worms. – Worms, 30. Dez. 1876. Der von den Vertrauensmännern des Wahlkreises gewählte Kreisausschuß.“

Der (linksliberalen) Fortschrittspartei, aus der 1867 die Nationalliberale Partei hervorgegangen ist und die von Heyl bislang vertreten hat, werfen die Nationalliberalen in einem in einer Extrabeilage der „Wimpfener Zeitung“ erschienenen Wahlaufruf u. a. vor, dass sie mit den Gesetzen zur Herstellung der Rechtseinheit der Länder des Deutschen Reiches nicht einverstanden sei, „weil einige Freiheiten betr. der Pressefreiheit noch nicht erreicht sind“. Wie 1874 melden sich vor der Wahl also nur die Nationalliberalen und wiederum nur über die Presse zu Wort und ist von einem Wahlkampf im Sinne der direkten Auseinandersetzung der Kandidaten und ihrer Parteilager nicht zu reden. Heyl kann sich im Wahlkreis mit 10.585 (70 %) gegenüber von Biegeleben mit 4.531 (knapp 30 %) erreichten Stimmen klar und in Wimpfen mit 392 gegenüber nur 9 (statt früher 17) Stimmen (bei von rund 85 % auf rund 65 % gesunkener Wahlbeteiligung!) äußerst überlegen durchsetzen. Dies geschieht, obgleich die Nationalliberalen im Reichstag, anders als die Konservativen, empfindliche Verluste hinnehmen müssen und die Zentrumspartei die Zahl ihrer Sitze leicht vergrößern kann und so als abermalige zweitstärkste Kraft mit nunmehr 93 Sitzen deren 128 Sitzen abermals nähergerückt ist. Dieser eindeutige Rechtsruck auf Kosten der Nationalliberalen und der Fortschrittspartei geht – in Wimpfen damals weder angesprochen noch gesehen – vor allem darauf zurück, dass Reichskanzler Bismarck von der bislang vertretenen Freihandelspolitik der Liberalen abgerückt war und nun die sog. Schutzzollpolitik der Konservativen mit dem Ziel des Schutzes der enorm aufstrebenden Industrie sowie der ostelbischen Großgrundbesitzer und des Bauerstandes überhaupt vor der Konkurrenz ausländischer Industriewaren- bzw. Getreideimporte favorisierte. Dieser Schwenk Bismarcks war der Grund, warum der lebenslange Bismarckverehrer Heyl ins Lager der diesen in seinen nunmehrigen Schutzzollpolitik stützenden Nationalliberalen übergewechselt war. Im selben Jahr 1877 wurde Heyl von Großherzog Ludwig III. als bleibendes Mitglied in die I. Kammer des Hessischen Landtags berufen.

  1. Durch das Reichsgesetz über die Beurkundung des Personenstandes und die Eheschließung wird gegen den Widerstand vor allem der Katholischen Kirche die sog. Zivilehe eingeführt, die durch das ins Leben gerufene und vom Bürgermeister geführte Standesamt vollzogen wird.

Ein weiteres – in der Zeit des aus dieser zweiten Reichstagswahl hervorgegangenen Reichstags entstandenes – Gesetz war das durch (so war der Gang der damaligen immer noch „von oben“ erfolgenden Reichs-Gesetzgebung!) „Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen etc. im Namen des Deutschen Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesrathes und des Reichstages“ verordnete „Reichs-Gesetz über die Beurkundung des Personenstandes und die Eheschließung“ vom 6. Februar 1875. Dieses wurde durch die diesbezügliche „Verordnung“ von „Ludwig III. von Gottes Gnaden Großherzog von Hessen und bei Rhein etc. etc.“ vom 16. November 1875 auch auf Landesebene wirksam und dort zum 1. Januar 1876 in Kraft gesetzt. Da die Auswirkungen desselben die Menschen fortab quasi „von der Wiege bis zur Bahre“ begleitet haben, dürfte dieses nicht minder als die bereits geschilderten gesetzlichen Neuerungen des Maß- und Gewichts, Geld- und Wahlwesens in die eingeschliffenen tradierten Gewohnheiten der Menschen eingegriffen haben. Kurz vor dessen Inkrafttreten, am 20. Dezember 1875, wurden im „Wimpfener Bote“ die neuen Regelungen dieses Gesetzes, insbesondere die sog. Zivilehe, wie (gekürzt) folgt bekanntgemacht:

„Durch Reichsgesetz vom 6. 2. 1875 ist für das ganze deutsche Reich angeordnet, daß alle Geburts- und Sterbefälle dem Standesbeamten angezeigt und Eheschließungen vor diesem Beamten zu geschehen haben. Der Standesamtsbezirk Wimpfen besteht, höherer Ordnung gemäß, aus Wimpfen am Berg, Wimpfen in Tal, Hohenstadt, Helmhof und Finkenhof. Der hessische Teil von Kürnbach bildet einen besonderen Standesamtsbezirk. … Nach der Eheschließung erhalten die civiliter Getrauten einen Trauschein, welcher den betreffenden Geistlichen in die Lage versetzt, die kirchliche Trauung vorzunehmen. Den Geistlichen ist untersagt, vor geschehener Ziviltrauung eine kirchliche Trauung vorzunehmen.“

Das Bestimmungswort „Zivil“ steht hier nicht als Gegenbegriff von „Militär“, sondern der bislang allein von der Kirche durch die kirchliche Trauung vollzogenen religiös-kirchlichen Ehe gegenüber. Das Recht, legale Eheschließungen durchzuführen, hatte bis zum Erlass dieses Gesetzes allein bei der jeweiligen Staatskirche gelegen und war jetzt im Zuge der angestrebten Trennung von Staat und Kirche ohne Einschränkung auf den Staat übergegangen. Unmissverständlich wurde dies der widerstrebenden Katholischen Kirche als der erklärten Gegnerin und Widersacherin Bismarcks im Kulturkampf in den Schlussbestimmungen des Gesetzes dadurch bedeutet, dass zuwiderhandelnde Geistliche „mit Geldstrafe bis zu dreihundert Mark oder Gefängniß bis zu drei Monaten bestraft“ werden. Hier sei bemerkt, dass erst seit 1. Januar 2009 durch das Personenstandsreformgesetz die kirchliche Trauung keinerlei zivilrechtliche Relevanz mehr besitzt und somit das Verbot der religiösen Voraustrauung aufgehoben ist.

Ein langer die Überschrift „Civilstandsgesetz und kirchliche Ordnung“ tragender Zeitungsbericht vom 21. Februar 1876 meint in sorgenwehrendem Hoffen u. a.: „Es sind viel Sorgen laut geworden hinsichtlich der Einwirkung des Cicilstandsgesetzes auf das kirchliche Leben. … Wir zweifeln nicht, daß das Volk seinen christlichen Charakter behalten wird.“ In Anbetracht der in dieser Thematik steckenden Brisanz sowie der einschneidenden Veränderung alter gewohnter Sitte verwundert es nicht, dass die von BÜRGERMEISTER FRIEDRICH ADOLPH ERNST als nunmehriger Standesbeamter vorgenommene Amtshandlung der ersten Eheschließung und die unmittelbar angeschlossene kirchliche Trauung im „Wimpfener Bote“ mustersetzend folgendmaßen beschrieben sind:

„Gestern (31. Januar 1876) fand hier die erste Ziviltrauung auf dem Rathaus statt. Herr Bürgermeister Ernst nahm als Standesbeamter die Handlung in würdiger Weise vor, nachdem er dieselbe in passenden Worten eingeleitet hatte. Vom Rathause ging das Paar zur Kirche, wo dann die christliche Trauung in der altüblichen Weise vollzogen wurde. Dem Brautpaare ward daselbst noch besondere Ehre durch Gesang des hiesigen Singkranzes zu Teil.“

Bei dem Brautpaar handelte es sich um FRIEDRICH SCHÄFER und MARIE SCHÄFER, geborene MÜNCH. Mit Rücksicht auf die auf den Bürgermeister hinzugekommene Arbeit als Standesbeamter wurde vom Gemeiderat beschlossen, die ihm gezahlten jährlichen sog. Bürokosten auf 2.000 Mark zu erhöhen.

Siehe hierzu:

  • Abb. C 6a und 6b: Die im sog. Heiratsregister des Standesamtes Wimpfen unter der Nr. 1 am 31. Januar 1876 vorgenommene Eintrag des Bürgermeisters und Standesbeamten Ernst der von diesem an diesem Tag vollzogenen ersten sog. Ziviltrauung des Kaufmannes in Heidelberg Georg Friedrich Schäfer und Marie Louise Münch, Tochter des Rotgerbers Albert Münch.

In einen in Klammer gesetzten Beisatz seine Betroffenheit spüren lassend, vermeldet PFARRER WILHELM SCRIBA in der Chronik der Evangelischen Kirchengemeinde am Anfang der Eintragungen für das Jahr 1876 Folgendes:

Von diesem Jahr an wurden in Folge eines Reichstagsbeschlusses wie in ganz Deutschland (wo es noch nicht vorher geschehen war), so auch im Großherzogthum Hessen die Geistlichen von der Führung der Civilstandesregister entbunden und dieselbe den Großh. Bürgermeistern als Civilstandsbeamten übertragen. Die Kirchenbücher enthalten von nun an nur noch rein kirchliche Handlungen.“

Die Chronik der Katholischen Kirchengemeinde enthält insofern diesbezüglich nichts, indem für die Jahre 1859 bis 1877 jegliche Eintragung fehlt. In der erstgenannten Kirchenchronik für 1876 ist jedoch an späterer Stelle unter „Copulationen“ (Eheschließungen) Folgendes vermerkt:
„32 Paare; ein Paar, nämlich Carl Heinrich Schwenzer, Seifensieder, und seine Verlobte Caroline Christine Speer unterließen es, sich kirchlich trauen zu lassen. Wir wollen zu Gott hoffen, daß dieses das erste und letzte Paar in hiesiger Gemeinde ist, welches ohne Gottes Segen zu begehren in den Ehestand eintritt.“
Dass der Wunsch des Pfarrers in Erfüllung gegangen ist, das zeigt der Umstand, dass von 1877 bis 1890 in der Chronik der Evangelischen Kirchengemeinde der dortigen Eintragung der Anzahl der Eheschließungen sich stets „alle kirchlich getraut“ und der ab 1881 gesondert angegebenen Eheschließungen in Hohenstadt und später auch Helmhof dieselbe Amerkung oder solche wie „blos kirchliche Eheschließung“ oder „keine bürgerliche Eheschließung“ oder „keine bürgerliche Eheschließung ohne Trauung“ beigefügt findet. Ab 1891 ist dann der Zahl der Eheschließungen nichts mehr beigegeben. 1902 heißt es jedoch:
„Ein Methodist ließ sich nicht kirchlich trauen und ist nach dem gegen ihn laut Kirchengesetz eröffneten Verfahren aus der Kirche ausgetreten.“
Ob man aus dieser Eintragung schließen kann, dass sich auch weiterhin im Zeitraum von 1891 bis 1901 alle evangelischen Zivilgetrauten kirchlich trauen ließen, muss offen bleiben. In der ab 1878 wieder geführten Chronik der Katholischen Kirchengemeinde sind wie zuvor keinerlei Eintragungen über Geburten und Sterbefälle sowie Eheschließungen vorgenommen, so dass Aussagen über das Heiratsverhalten der Katholiken nach der Einführung der Zivilehe nicht getroffen werden können.

Schon 14 Monate vor Einführung der obligatorischen Zivilehe, die in Preußen bereits durch ein Gesetz des Landtags ein Jahr früher als in den übrigen Ländern des Deutschen Reiches eingeführt worden war, hatte der „Wimpfener Bote“ aus der Berliner historisch-satirischen Wochenzeitschrift „Kladderadatsch“ eine in acht lange Reimverse gefasste Art Anleitung über die „Civil-Trauung“ abgedruckt und so seine Leserschaft humorig auf das Kommende eingestellt. Diese ist gezeigt in

  • Abb. C 7: „Die Civil-Trauung. Ein Hülfs- und Lehrbüchlein für Alle, die davor stehen.[14]

Der nach dem Gesetz vorgeschriebene Ablauf ergibt sich eingängig aus den fett herausgehobenen Überschriften von Nr. 2 (Vorlage der Papiere)), Nr. 3 (14-tägiger öffentlicher Anschlag), Nr. 4 und 6 (Trauakt auf dem Standesamt mit zwei Zeugen) und Nr. 7 (Empfehlung der nachträglichen kirchlichen Trauung).

Genau so waren nach den Bestimmungen des „Reichgesetzes über die Beurkundung des Personenstandes und der Eheschließung“ die bislang herkömmlich von den Geistlichen der beiden Konfessionen in den kirchlichen Geburts- und Sterbebüchern vermerkten Meldungen der Geburten sowie Sterbefälle erstrangig dem zuständigen Standesamt anzuzeigen und von diesem im sog. Geburtsregister und Sterberegister einzutragen. Siehe dazu:

    • Abb. C 8: Die erste im sog. Geburtsregister des Standesamtes Wimpfen unter der Nummer 1 am 3. Januar 1876 vom Bürgermeister und Standesbeamten Ernst eingetragene Geburt des an diesem Tage geborenen und bereits zwei Tage später am 5. Januar 1876 gestorbenen Jungen Jacob Friedrich Kautter;

  • Abb. 9: Der erste im sog. Sterberegister des Standesamtes Wimpfen unter der Nummer 1 am 2. Januar 1876 vom Bürgermeister und Standesbeamten Ernst eingetragene Todesfall des am 1. Januar 1876 im Alter von zwei Monaten und 23 Tagen gestorbenen Kindes Ludwig Adolf Lipp.

Welch eminente Bedeutung staatlicher- wie gemeindlicherseits der Registrierung der Geburten, Eheschließungen und Sterbefälle durch das Standesamt zubemessen worden ist, zeigt sich darin, dass fortab nach Jahresbeginn der „Wimpfener Bote“ bzw. die „Wimpfener Zeitung“ es nie versäumte, der Leserschaft die Zahl der im abgelaufenen Jahr im sog. Standesamtsbezirtk Wimpfen erfolgten solchen bekanntzugeben.

So meldet das Blatt am 31. Januar 1877 Folgendes:

-„Im Jahr 1876 sind im Standesamtsbezirk Wimpfen 135 Geburten, 36 Trauungen und 78 Sterbefälle vorgekommen.“

Dagegen meldet dieser unter dem 21. Januar 1874, wo die Ziviltrauung noch nicht eingeführt gewesen ist, Folgendes:

– „Im Jahre 1873 wurden geboren 114 Kinder, 55 Knaben und 59 Mädchen, darunter 14 uneheliche und 7 totgeborene; getraut wurden 27 Ehepaare und gestorben sind 80 Personen, 30 männlichen und 50 weiblichen Geschlechts; es finden sich darunter 41 Erwachsene und 39 Kinder.“

Die Zahlen der letztgenannten Angabe entsprechen genau denen der Chronik der Evangelischen Kirchengemeinde. Es fehlen also hierin die Zahlen der Katholischen Kirchengemeinde, die in den nunmehr vom Standesamt übernommenen Meldungen der Zeitung jetzt einbezogen sind, so z. B.:

– 1979 sind im ganzen Jahr vorgekommen: 135 Geburten, 16 Heiraten und 10 Sterbefälle, worunter 4 Totgeborene.

– 1980 wurden geboren 119, getraut 15, sind gestorben 96 Personen.

– 1881 (1887) wurden beim hiesigen Standesamt 132 (132) Geburten, 23 (21) Eheschließungen und 95 (81) Todesfälle registriert.

Regelmäßig wurde jetzt auch in der Zeitung in gewissen Abständen ein namentlicher Auszug der in den Standesamtsregistern verzeichneten A. Geburten, B. Trauungen und C. Sterbefälle bekanntgemacht. Dazu ein wahllos herausgesuchtes Beispiel:

  1. Nach dem Tod des Stadtpfarrers Georg Wagner bleibt im Gefolge des weiter andauernden Kulturkampfes die katholische Pfarrstelle fast ein Jahrzehnt sowie nach dem Tod des diese mitversehenden Verwalters des Kaplaneibenefiziums Jakob Koch auch dessen Stelle lange unbesetzt.

Für die kleine Katholische Kirchengemeinde Wimpfen sollten die Auswirkungen des bislang lediglich direkt durch die Auflösung der Katholischen Schule Wimpfen im Tal und die eingeführte Zivilehe spürbar gewordenen Kulturkampfes erst in dem Moment folgenschwerer werden, als im Frühjahr 1878 die Neubesetzung der katholischen Pfarrerstelle durch den Tod ihres Inhabers anstand. Darüber erfahren wir aus der Chronik der Katholischen Kirchengemeinde, in der für das Jahr 1878 von unbekannter Hand (möglicherweise von Bürgermeister Ernst) nach 20-jähriger Pause plötzlich wieder eine erste Eintragung zu finden ist und solche künftig wieder alljährlich zu finden sind, das Folgende:

„Im Jahre 1878 den 24. März starb dahier Herr Stadtpfarrer Wagner im hohen Alter von beinahe 77 Jahren in Folge eines Gehirnschlages. Die Beerdigung fand statt den 27. März in Gegenwart von 17 benachbarten Geistlichen, des Herrn Dekan Vierling, der die Leichenrede hielt, und des Herrn Dekan Goeser von Sontheim, der das feierliche Requiem celebrierte. Aus dem Decanat Heppenheim war noch erschienen Herr Beneficiat Kemb von Heppenheim.“

Die breite Beteiligung katholischer Geistlicher der Umgegend ist vor allem damit zu erklären, dass die Wimpfener Katholiken und ihre Kirche zum Heiligen Kreuz insbesondere in den jenseits und diesseits des Neckars gelegenen ehemals deutschherrischen katholischen Gemeinden hohe Geltung hatten und von dort her in der Kulturkampfzeit betonten Zuspruch und Unterstützung fanden.

Aus dem Folgeabschnitt geht die nun auftretende Problematik der Wiederbesetzung der Stelle hervor:

„Wegen des Gesetzes vom 23. April 1875, betreffend die Vorbildung und Anstellung der Geistlichen, konnte die Pfarrei nicht besetzt und auch ein Pfarrverwalter nicht ernannt werden. Letzeres war auch insofern nicht nothwendig, als ja der Verwalter des Kaplaneibeneficiums, Beneficiat Koch berechtigt und verpflichtet war, die Seelsorge in ihrem ganzen Umfange auszuüben. Die Regierung wollte dieses nicht anerkennen und ernannte auch das weltliche Mitglied des Kirchenvorstandes zum Vorsitzenden dieses Vorstandes.“

Damit war vorläufig von der hessischen Regierung auf der Grundlage des genannten Kirchengesetzes das in Zweifel gestellt, was seit der Gründung der Katholischen Pfarrgemeinde und der Pfarrstelle im Jahre 1818 stets bei Abgang des katholischen Pfarrers durch Wegversetzung oder Tod hatte geschehen dürfen, nämlich die Versehung der verwaisten Pfarrstelle bis zu deren Wiederbestzung durch den Kaplan und Inhaber des Beneficiums St. Catharinae in Wimpfen im Tal durch dessen Bestellung zum Pfarrverwalter. Hier soll noch einmal kurz aufgezeigt werden (siehe darüber in Band 2, S. 498 und 499), wie seit der Wegversetzung des ersten KATHOLISCHEN PFARRERS CASPAR GRIMM im Jahr 1835 diese Regelung über vier Jahrzehnte des 19. Jahrhunderts hinweg immer wieder praktiziert worden ist:
Versehung der durch dessen Berufung ins Dompapitel Mainz verwaisten Pfarrstelle ab dem 04. 11. 1835 durch KAPLAN JOHANN BAPTIST EDER bis zum Dienstantritt von Pfarrer IGNAZ COMO zum 15. 06. 1836; dann nach dessen Tod am 07. 02. 1842 wieder durch den Vorgenannten bis zur Stelllenübernahme durch Pfarrer ANTON ALOIS JOSEPH KRONENBERGER am 02. 11. 1842; schließlich nach dessen Tod am 08. 02. 1857 durch KAPLAN JOHANNES RIES bis zum Dienstantritt von Pfarrer GEORG WAGNER sowie nach dessen Tod im Jahr 1878 durch Vorgenannten; Bestellung nach dessen Tod ab 25. 05. 1857 bis zur Übernahme der Pfarrei am 06. 05. 1858 durch Pfarrer GEORG WAGNER wieder von KAPLAN JOHANNES RIES. Dem Letztgenannten war 1859 KAPLAN PETER JOSEPH VOSS gefolgt, der am 24. Januar 1875 verstorben war. An dessen Stelle war KAPLAN JAKOB KOCH getreten, der, wie oben dargelegt, nach dem Tod von Stadtpfarrer GEORG WAGNER am 24. O3. 1878 dessen Aufgaben übernahm, was jedoch von der Regierung zunächst keine Anerkennung fand.

Die Chronik-Eintragungen für die beiden Folgejahre weisen aus, dass letztlich denn doch die behördliche Genehmigung zur Abwendung des entstandenen personellen Notstandes in der früher geübten Weise erteilt wurde:

– „1880: Am 18. März erklärte das Großh. Ministerium des Innern und der Justiz, es sei zwar nicht unzweifehaft, aber doch die Auffassung nicht geradezu als unberechtigt abzuweisen, daß die Kaplaneistelle bei der vereinigten Pfarrei für Wimpfen a. B. und Wimpfen i. Th. eine selbständige dotierte Stelle, somit die eines sog. selbständigen Hilfspriesters bilde, welcher auch zur Ausübung der Seelsorge mit ihrem vollen Umfang im Falle der Pfarrvacanz ermächtigt war. In Konsquenz dieser Erkenntnis wurde Beneficiat Koch als Pfarrverwalter anerkannt, ihm der Vorsitz im Kirchenvorstand übertragen, der Überzug in das Pfarrhaus gestattet, sowie genehmigt, daß er die Stiftungen gegen Bezug der Gebühren lese resp. nachhalte.“

– „1881 wurde Pfarrverwalter Koch auch zum Vorsitzenden des Schulvorstandes ernannt. Auch wurde die Vornahme von Reparaturen im Pfarrhaus sowie die Anschaffung von Obstbäumen zu Lasten des Vacanzfonds der Pfarrei genehmigt.“

Die spitzfindige Argumentation des Ministeriums mittels zweimaliger doppelter Verneinung zeigt an, wie schwer sich dieses mit der Genehmigung auf dem Hintergrund des Kulturkampfes getan hat. Dieser wird im Großherzogtum Hessen trotz des inzwischen erfolgten Todes der beiden Hauptwidersacher, BISCHOF EMMANUEL VON KETTELER im Jahr 1877 und PAPST PIUS IX. im Jahr 1878, und trotz der Annäherungsbereitschaft sowohl des NEUEN PAPSTES LEO XIII. ALS auch des REICHSKANZLERS BISMARCK weitergeführt; denn die hessische Landesregierung stimmt der Wahl des Leiters des Mainzer Priesterseminars CHRISTOPH MOUFANG, der als Gründer der hessischen Zentrumspartei u. a. m. einer der führenden Köpfe des politischen Katholizismus ist, zum neuen Bischof durch das Domkapitel nicht zu, so dass der Mainzer Bischofsstuhl unbesetzt bleibt.[15]

Wie der Pfarrchronik der Katholischen Kirchengemeinde im Fortgang zu entnehmen ist, hatte sich BENEFIZIAT KOCH seiner nach der Auflösung der Katholischen Schule Wimpfen im Tal zunächst bloß auf die Aushilfe in der Seelsorge beschränkten Tätigkeit mit Eifer gewidmet. Und nach dem Tod von PFARRER WAGNER tat er für die Pfarrei, jetzt der einzige Seelorger und „keiner besonders kräftigen Constitution sich erfreuend, … was in seinen Kräften stand“. Seinen 1883 und 1884 vorgenommenen nachhaltigen Versuchen, das Geläute der Pfarrkirche zu verbessern, war kein Glück beschieden. Die diesbezüglichen Berichte der Pfarrchronik und der Zeitung zusammenfassend, entsteht das folgende Situationsbild: Die Katholische Pfarrkirche besaß nur ein vom Kloster übernommenes kleines Glöckchen (hohes cis) und eine noch unter Pfarrer Wagner durch Umguss geschaffene und Anfang September 1877 geweihte größere Glocke (h). Beide Glocken konnten nach Kochs Meinung den Bedürfnissen einer Pfarr- und Wallfahrtskirche sowie einer Bade- und Fremdenstadt nicht genügen. Nach vielen Bemühungen gelang es der Katholischen Kirchengemeindevertretung, höheren Orts die Genehmigung zur Anschaffung von zwei neuen Glocken zu erlangen. Die zwei aus Überschüssen des Benefiziums St. Catharinae in der rühmlichst bekannten Gießerei A. Hamm zu Frankenthal gegossenen Glocken in gis und cis, zusammen 645 kg schwer und 2.189 Mark und 50 Pf. kostend, trafen gegen Mitte November ein. Sie erschienen auf das Beste gelungen, erfreuten das Auge durch ihr schönes Äußere und man hoffte auf den herrlichsten Ton. Auch waren sie mit passenden Reimen versehen:

– Die größere mit: „Ich rufe die Lebenden zum Gotteshaus. Ich begleite die Todten zum Grabe hinaus.“

– Die kleinere mit: „Ich verkünde Euch täglich des Engels Gruß. Ich lade Euch ein zu Gebet und Buß.“

Die kirchliche Weihe sollten diese am Sonntag früh um ½ 10 Uhr empfangen. Der Gesangverein „Concordia“ erbot sich, bei dieser Gelegenheit das schöne Lied „Jauchze den Herrn“ u. a. m. zu singen und auch der Katholische Kirchenchor wollte geeignete Gesänge vortragen. „So ist nun die katholische Gemeinde im Besitze eines schönen harmonischen Geläutes, das, wenn es erst seinen herrlichen Ruf erschallen lassen wird, nicht nur den Katholiken, sondern auch allen Einwohnern hiesiger Stadt zu Freude gereichen dürfte.“ So der Vorbericht in der „Wimpfener Zeitung“. Der überraschende unglückliche Weitergang ist in der Kirchenchronik so beschrieben. „Das Aufstellen verursachte noch 295 M 58 Pf Kosten (incl. Herrichtung des Thurmes). Doch beim Probeläuten schon zeigte sich ein so bedenkliches Schwanken, daß das Läuten der größten Glocke ganz untersagt, das der beiden anderen nur einzeln, nie zusammen, gestattet wurde. Das Klosterglöckchen war aus dem Thurm entfernt worden. Es wurde der Versuch gemacht, (inzwischen ist das Jahr 1884 erreicht) durch Umhängen der Glocken, so daß sie in der Richtung der Längsachse der Kirche schwingen, das Geläute für den Thurm weniger gefährlich zu machen und es wurde zu diesem Zweck weiter 19 M 70 Pf verausgabt, jedoch vergeblich: Das schöne Geläute blieb stumm.“

Bald darauf, „1884 am 1. November starb der Hochwürdige Herr Verwalter des Kaplaneibeneficiums und der Pfarrei Jakob Koch und wurde am 4. Nov. im Beisein von (die hier gelassene Lücke findet sich unausgefüllt) Geistlichen durch den hochw. Dekan Göser von Sontheim beerdigt. Die Leichenrede hielt Herr Dompräbendar Nostedt (?) aus Mainz.“

Und jetzt begann das Unheil dadurch perfekt zu werden, dass die Stelle des Katholischen Stadtpfarrers drei Jahre lang verwaist blieb. Die Gründe:

– „Wegen Dissonanzen zwischen der Regierung und dem bischöflichen Ordinariat“, so in der Chronik der Evangelischen Kirchengemeinde;
– „da die unheilvollen Gesetze, welche die Ernennung eines Pfarrers oder auch nur eines Pfarrverwalters unmöglich machten noch bestanden“, so die Chronik der Katholischen Pfarrgemeinde.

Hilfe in dieser Not kam jetzt aus den jenseitigen katholischen, einstens deutschherrischen, beiden Nachbargemeinden jenseits des Neckars: Es „übernahm der hochwürdige Herr Pfarrer Hofmann von Jagstfeld in bereitwilliger Weise die Nothseelsorge in Wimpfen und hielt, zeitweilig unterstützt durch den hochwürdigen Herrn Pfarrverweser Jettinger in Offenau und später des Pfarrers Rothenfels (?) von da, den sonntäglichen Gottesdienst binando. Es wurde ihm auch die Ertheilung des Religionsunterrichtes in der Volksschule und in der Realschule übertragen, sowie später die Abhaltung der gestifteten Gottesdienste. Die Verwaltung der Korporalien lag in den Händen des bloß aus Laien bestehenden Kirchenvorstandes.“

  1. Die Wiederbesetzung der beiden verwaisten katholischen Pfarrstellen erfolgt erst nach der im Zuge der Beendigung des Kulturkampfes erfolgten Neubesetzung des fast ein Jahrzehnt verwaisten Mainzer Bischofstuhls.

Über die beiden Folgejahre ist diesbezüglich Folgendes berichtet:

– 1885: „Der durch die Verwaisung eingetretene Nothstand dauert fort.

– 1886: „Das 3. Jahr der Verwaisung beginnt. …“

Nun aber heißt es:
Die Diözese Mainz erhält nach 9jähriger Verwaisung einen Oberhirten in der Person des hochw. Herren Domkapitulars Dr. Paul Leopold Haffner, welcher am 25. Juli durch den Hochwürdigsten Herrn Bischof und erwählten Erzbischof Dr. J. Chr. Roos unter Assistenz der Hochwürdigsten Bischöfe Korum von Trier und Frhr. v. Leonrod von Eichstätt im Dom zu Mainz zum Bischofe geweiht wird. Im September desselben Jahres besuchte er (und zwar zum Kreuzfest) die verwaiste Pfarrei Wimpfen und wurde mit großem Jubel unter Theilnahme auch der nicht katholischen Bevölkerung der Stadt, welche in reichem Flaggenschmuck prangte, empfangen. Er nahm sein Absteigequartier bei Herrn Pfarrer Hofmann von Jagstfeld, wo ihm am Abend von den Katholiken Wimpfens eine Serenade gebracht wurde. Der Hochwürdigste Herr spendete, nachdem er die Festpredigt zum Kreuzfest gehalten, das hl. Sakrament der Firmung.“
Dass die berichtete Anteilnahme des evangelischen Einwohneranteils tatsächlich vorhanden gewesen ist, das bezeugen zwei große (natürlich aus katholischer Hand stammende) Berichte der „Wimpfener Zeitung“, die hier ihrer originären Aussagen zum Problem des Kulturkampfes wegen fast ungekürzt wiedergegeben werden sollen:

–  „Das Kreuzfest, das am kommenden Dienstag, den 14. September (= Fest der Kreuzerhöhung), gefeiert wird, wird durch die Anwesenheit des HH Dr. Paul Leopold, Bischofs von Mainz, seine ganz besondere Weihe erhalten. Wenn das ganze Hessenland vor einigen Monaten von inniger Freude bewegt war, als die Kunde kam, durch Verständigung Sr. Heiligkeit mit dem Papste durch den Großherzog sei für die Diözese Mainz nach neunjähriger Verwaisung ein neuer Bischof bestellt worden, so hat die katholische Gemeinde Wimpfen ganz besonderen Grund darüber erfreut zu sein, da sie durch den Tod ihres Geistlichen schon lange Zeit jeder geordneten Seelsorge entbehrt. Und wenn es bei dem Mangel an Theologen dem bischöflichen Stuhle auch vorerst nicht möglich ist, Wimpfen einen Seelsorger zu geben, so erfüllt doch der Umstand, daß es eine der ersten Amtshandlungen des neuernannten Bischofs ist, seine abgelegenste Pfarrgemeinde zu besuchen, mit der sicheren Hoffnung, daß in nicht allzuferner Zeit, wie im ganzen Lande, so auch hier die Wunden eines langjährigen Kampfes vernarben mögen. Es ist also gewiß berechtigt, wenn die hiesige katholische Gemeinde die Vorbereitungen trifft, ihren Oberhirten würdig zu empfangen und durch Bekränzen und Beflaggen der Häuser ihrer Anbahnung des Friedens zwischen Staat und Kirche auch äußerlichen Ausdruck zu geben. Sollten aber auch, wie zu wünschen, Nichtkatholische zum Empfang des Oberhirten ihrer katholischen Mitbürger etwas beitragen, so wäre es gewiß ein schönes Zeichen dafür, daß Friede und Eintracht zwischen den Konfessionen in Wimpfen wie seither so auch fernerhin herrschen wird.“

–  „Bischof Dr. Haffner in Wimpfen.- Wohl selten hat ein Kirchenfürst einen festlicheren Einzug gehalten, als dies gestern (gemeint der 14. September) seitens des neu ernannten Bischofs Dr. Haffner in Wimpfen geschah. Als der gestern um ¾ 4 Uhr mit der Bahn von Mainz angekomme Oberhirt durch die festlich beflaggten Straßen, deren Häuser sämtliche mit Kränzen und Laubgebinden geschmückt waren und durch die errichteten Triumphbogen zog, als ganz Wimpfen ohne Ausnahme ihm den Willkommensgruß bot, da mochte sich der hohe Würdenträger der kath. Kirche wohl einen Begriff machen von der Achtung der Bürgerschaft ohne Unterschied der Confessionen gegen einander, von dem ächten Gemein- und Bürgersinn der hies. Einwohner, die dem kleinen Bruchteil ihrer kath. Mitbürger wetteifernd zur Seite standen und ihnen den festlichen Empfang ihres Oberhirten zu verschönern halfen. Als der Zug in die Kirche eingezogen war, gedachte aber auch der Bischof in warm empfundenen Worten der Einwohner Wimpfens, dieser ihm von allen Seiten so herzlich entgegengebrachten Ovationen, die ihn tief gerührt haben, er gedachte des langen Zeitraumes der Verwaisung des bischöfl. Stuhles in Mainz und wie die hies. kath. Gemeinde leider schon so lange ohne Seelsorger sei, er sprach aber auch die zuversichtlichen Worte, daß der so lange gestörte Frieden zwischen Kirche und Staat wiederhergestellt werde, und daß auch die kath. Gemeinde hier bald wieder einen Seelsorger erhalten werde. Abends 7 ¾ Uhr wurde dem hochwürdigen Herrn, welche im Pfarrhause in Jagstfeld wohnte, ein Ständchen gebracht, das derselbe am offenen Fenster stehend entgegennahm. Herr Steueraufseher Hammer bewillkommnete in herzlichen Worten den neuen Oberhirten u. brachte einen begeistert angenommenen Toast auf ihn aus, für welchen der hohe Herr in freundlichen, von Humor und Geist sprudelnden Worten herzlich dankte, und einen Toast auf Hrn. Pfarrer von Jagstfeld, der unermüdet bestrebt ist, der kath. Gemeinde Wimpfen den Seelsorger zu ersetzen, ausbrachte.“

Staatsminister Finger erließ nach dieser Wiederbesetzung des Mainzer Bischofsstuhls eine Reihe von Kirchengesetzen, die in Übereinstimmung mit den von Preußen, Württemberg und Baden damals geschaffenen sog. Friedensgesetzen standen, allerdings die Anzeigepflicht und das staatliche Einspruchsrecht bei der Besetzung von Pfarrstellen aufrecht erhielten. So erklärte Papst Leo XIII. am 23. Mai 1887 öffentlich den „Kampf, welcher die Kirche schädigte und dem Staat nichts nützte“ für beendet.[16] Somit meldet die „Wimpfener Zeitung“, allerdings in sarkastischem Unterton, unter dem 22. Januar 1886:
„So dick ist die Freundschaft bereits, daß sie sich ‚duzen’, der Papst und der Reichskanzler Bismarck. Wenn nur Windthorst beiden nicht in die Suppe spuckt.“
Und jetzt konnte der Schreiber der Chronik der Katholischen Pfarrgemeinde auch für Wimpfen Positives vermelden:

– 1887: „Da endlich die Hindernisse beseitigt waren, welche der Anstellung eines Seelsorgers für Wimpfen entgegenstanden, wurde Herr Kaplan Mischler von Darmstadt zum Pfarrverwalter ernannt, welcher am 8. August sein Amt antrat.- Bartholomäus Mischler ist geboren zu Biblis am 13. Oktober 1846 und wurde, nachdem er seine Studien in Mainz vollendet, am 30. Juli 1870 zum Priester geweiht. Er wirkte mit großem Eifer als Kaplan zu Herbstein, Oppenheim und Darmstadt und vom 1. August bis 16. Oktober als Pfarrverwalter von Wimpfen, sowie als Pfarrverwalter von Groß-Umstadt, bis ihm am 1. Februar folgenden Jahres die dortige Pfarrei übertragen wurde.- Am 10. Okt. 1887 wurde Pfarrer Klein von Groß-Umstadt zum Pfarrer ernannt. Er trat die Stelle am 16. November 1887 an und wurde Sonntag, den 20. von Herrn Definitor Schmitt von Fürth unter Assistenz der Herren Pfarrer Hofmann von Jagstfeld und Rothenfels (?) von Offenau feierlich installiert.“

Der danach dargestellte Lebensgang mit der langen Liste von Dienstorten von Pfarrer Jakob Klein sei hier in gestraffter Form wiedergegeben:

– geboren am 9. Mai 1839 in Hechtsheim bei Mainz;
– Gymnasial- und theologische Studien in Mainz;
– Priesterweihe am 9. August 1863 durch Bischof Wilhelm Emmanuel von Ketteler;
– vom 16. September 1863 an Kaplan in Nieder-Olm/Rheinhessen;
– vom 18. Oktober 1864 an in Kirdorf bei Homburg vor der Höhe, aber namentlich in letztgenannter Stadt;
– von November 1866 an in Gau-Algesheim/Rheinhessen;
– vom 22. September 1870 an Versehung der Stelle des als Divisionspfarrer den Feldzug in Frankreich mitmachenden; Pfarrers Konrad Sickingen von Oppenheim;
– nach zweimonatigem Urlaub zur Kräftigung der Gesundheit;
– vom 24. August 1871 an Kaplan in Mühlheim am Main;
– vom 16. August 1872 an Pfarrverwalter in Gundheim/Rheinhessen;
– nach mehrmonatigem weiteren Urlaub wegen wiederum geschwächter Gesundheit;
– vom 15. Juli 1873 an Kaplan in Herrelheim (?);
– vom 18. November 1873 an Pfarrverwalter in Groß-Umstadt, ab 4. April 1874 Verleihung der dorigen Pfarrei:
– am 10. Oktober 1887 zum Pfarrer in Wimpfen ernannt und Antritt der Stelle am 16. November 1887.

Im selben Jahr wurde auch für die seit 1884 verwaiste Stelle des Kaplanei-Beneficiums im Tal die Ernennung von PFARRER FRIEDRICH KÖSTERIUS ausgesprochen, der aber diese – wohl wegen seiner schlechter Gesundheit – erst am 1. September 1888 antrat. Er war am 27. Januar 1830 in Darmstadt geboren, hatte seine theologischen Studien in Tübingen und Mainz absolviert und als Kaplan in Worms und Mainz an St. Emmeran und dort auch als Verwalter der Pfarrei St. Christoph gewirkt, dann als solcher in Ockenheim/Rheinhessen und Bürstadt im hessischen Ried. Nach dem Wirken als Pfarrverwalter in Neckarsteinach und Kleinkrotzenburg am Main bei Seligenstadt, wo er noch länger als Kaplan verblieb, war er 1869 Pfarrer im nahen Nieder-Roden geworden. „Größtentheils körperlich leidend,“ so schließt der Chronik-Bericht, „fand er noch Zeit zu schriftstellerischen Arbeiten, die er z. T. unter dem Pseudonym Friedrich Clericus (z. B. Zehn Gebote katholischer Kindererziehung. Ein Volksbüchlein für katholische Eltern’. Mainz 1870) veröffentlichte und welche sich hauptsächlich auf pädagogischem und ascetischem Gebiete bewegten. Jahrelang war er auch Redakteur der in Donauwörth erscheinenden Zeitschrift Ambrosius.- Sein leidender Zustand hinderte ihn, die Frühmesse in der Pfarrkirche zu halten. Ämter halten konnte er gar nicht, predigen wenig, dagegen hörte er gern Beicht.“[17]

Diese Besetzung der Benefiziaten-Stelle im Tal mit einem gesundheitlich schwer angeschlagenen und ganz erheblich in seiner Berufstauglichkeit eingeschränkten Geistlichen einerseits sowie die 1875 erfolgte Einschränkung der Dotierung der Stelle sowie des Pflichtenkreises ihres Inhabers andererseits bewirkten, dass die mit dieser verbundene ehemalige Stiftskirche Wimpfen im Tal mehr und mehr in den Augen der Einwohnerschaft wie der Behörden als bloße „Diätenkirche“ galt. Doch hatte die kleine Katholische Gesamt-Kirchengemeinde Wimpfen mit PFARRER JAKOB KLEIN nach 9 ½-jähriger Nichtbesetzung der Pfarrstelle endlich wieder ihren regulären Seelsorger. Dieser kann in der Pfarrchronik des Folgejahres 1888 über erste gemeindliche Aktivitäten berichten:
„Am 14. März wurde die Jak.bruderschaft, deren Einführung Pfarrer Wagner trotz seiner Bemühungen nicht gelungen war, eingeführt, im Juli auch das Apostolat des Gebetes. Es wurden zu den vorhandenen 9 Stationen die noch fehlenden 5 angeschafft und der Kreuzweg am 10. Juni durch P. Petrus Ord. Cap. Aus Dieburg eingeweiht. Auch ein neues Krippchen wurde für die Kirche angeschafft.“
Unter dessen Walten sollte es mit deren Geltung und Entwicklung, um dies – vorläufig abschließend – vorwegzunehmen, weiter tüchtig vorangehen, aber auch – wider die vorstehend berichteten öfteren Worte der vorhandenen konfessionellen Eintracht – der Kulturkampf auf Wimpfener Ebene erst beginnen und über fast die ganze Kaiserzeit hinweg immer wieder aufflammen. Konkretes wird an späterer Stelle bei der Behandlung der Bürgermeisterwahl des Jahres 1889 unter E.3.c und E.4 sowie schließlich J.3, J.4 und J.5 zu berichten sein.

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[1] Aus: Haberhauer, Günther, 1999, S. 29

[2] Aus: Wikipedia, der freien Enzyklopädie, Kulturkampf, S. 1 – 4, entnommen am 29. 02. 2012

[3] Siehe: Meyers Konversations-Lexikon, 1909, (Großherzogtum) Hessen – Geschichte, S. 273

[4] Bericht vom 25. Mai 1873 im „Wimpfener Bote“

[5] Birkmeyer, Karl, 1971, S. 127

[6] Text unverändert entnommen: Haberhauer, Günther, 1999, S. 50

[7] Stadtarchiv Bad Wimpfen B 44

[8] Siehe Band 2, S. 153 und 154 (Übersicht: Besoldung des Kaplans … vom 1. November 1834)

[9] Chronik der Katholischen Kirchengemeinde, 1884, S. 119

[10] Zahlenangaben aus: Haberhauer, Günther, 1999, S. 38

[11] Haberhauer, Günther, 1999, S. 39 und 40

[12] Klein, Thomas, 1995, S. 320

[13] Aus: Wikipedia, der freien Enzyklopädie, Reichstagswahl 1871 und 1874, entnommen 13. 02. 2012

[14] Wimpfener Bote vom 21. 10. 1874

[15] Demandt, Karl Ernst, 1972, S. 600

[16] Aus: Wikipedia, der freien Enzyklopädie: Kulturkampf, S. 4; entnommen 13. 03. 2012

[17] Haberhauer, Günther, 2007/08, Band 1, S. 30 (einschließlich der Fußnote Nr. 9)