I. Mysteriöser Hans

Wie
a. der französische Enzyklopädist Aubert Des Bois und seine Adepten,  nämlich Chr. Cellarius und J. G. Goldtbeeg im „Gotha” sowie C. von Wurzbach, den von ihnen als Stammträger ihrer Generation IV gesehenen JEAN bzw. JOHANN oder HANS I. VON WIMPFFEN, geboren angeblich 1418 in Nürnberg als Sohn des Nürnberger Senators und Herrn auf Brixenstein, Zabietstein und Ebershausen Friedrich August, als – urkundlich zu belegen versuchend durch die Elsass-Chronik des Bernhard Hertzog von 1592 – Teilnehmer an mannhaften Ritterzügen der Mitte des 16. Jahrhunderts im Elsass  sowie durch seine merkwürdigen Reisen über Land und Meer in Italien und Frankreich zu Ruhm Gekommenen beschreiben, der aber dann im elsässischen Hagenau BARBARA VON RECHTENBACH heiratend und von dieser – wie beides urkundlich angeblich durch eine Nürnberger Pergamenturkunde belegt – 1544 einen Sohn namens JOHANN(ES) bzw. HANS oder JEAN (bezeichnet als II.) bekommend, sesshaft geworden und dort auch 1591 gestorben und seine dortige angesehene Stellung durch an einem der Stadttürme angebrachtes Denkmal bezeugt sei.
Wie jedoch
b. im Blick auf die konstatierte Inexistenz der von diesen aufgeführten angrenzenden Stammträger hinab wie hinauf überraschenderweise dessen Existenz im Hagenau des 16. Jahrhunderts über die vorgenannte Elsaß-Chronik sowie einen vorhandenen Brief des Leiters des Stadtarchivs Hagenau von 1959 insofern bezeugt ist, als in jener dessen 1591 erfolgter Tod festgehalten und in diesem sich dessen dortige mehrmalige Wahl zum Schöffen sowie auch zum Stettmeister angegeben, dazuhin sein dort in den Schöffenurkunden auftauchendes Siegelzeichen wiedergegeben finden.
Und wie
c. von 
ein an dessen in Hagenau herausragenden Rang erinnern sollendes Denkmal auf einem der Stadttürme sich als nicht (oder vielleicht nicht mehr) vorhanden erweist, auch von den angebenen zwei Nürnberger Pergamenturkunden im heutigen Hagenau nichts bekannt ist und die angebliche Rückkehr des Sohnes JOHANN(ES) II. nach Nürnberg, die Eingliederung des angeblichen sog. Enkels JOHANN(ES) III., Urenkels FRIEDRICH oder SEBASTIAN und Ururenkels JOHANN(ES) JACOB in die Nachfolgegenerationen V bis VIII die Von-Wimpffen-Genealogie wider die Wirklichkeit perfekt erscheinen lässt.
Wie schließlich
d. der laut dem Chronisten JOHANN DANIEL SCHÖPFLIN (1694 – 1771) „Pronepos“ = Urgroßvater des JEAN bzw. JOHANN oder HANS I. (der Generation IV) gewesene und wegen seiner kriegerischen Heldentaten 1473 geadelte 
HERMANNUS À WIMPFFEN sich als mit der Person des von allen den am Anfang aufgeführten Adelsgenealogen als Stammahn der Von Wimpffen beschriebenen, angeblich 1393 gestorbenen, HERMANN SIG(IS)MUND HEEREMANN VON WIMPFFEN (der Generation I) deckend zu konstatieren ist.

Eröffnend sei als Orientierungshilfe wieder C. von Wurzbachs I. Stammtafel gezeigt:

  • Abb. I 1: Die I. Stammtafel der Freiherren und Grafen v. Wimpffen. Aeltere Linie des Constantin von Wurzbach (1888), hier am linken Rand versehen mit der Kennzeichnung der ersten zehn Generationen mit römischen Zahlzeichen.

Bei der Wahrnehmung des Namens und der Suche nach diesem hier zur Behandlung stehende HANS I.  gewahrt man in der  vorstehenden I. Stammtafel des C. Wurzbach, dass dieser den Platz des Stammträgers der Generation IV einnimmt, die in der Parallelgeneration 4 des Stammbaums von J. W. Stör, übereinstimmend mit L. Sporhan-Krempel, mit dem bereits in Kapitel D. Auswanderer Heinrich beschriebenen HEINRICH DEM ÄLTEREN (geb. ca. 1485, gest. 1632 in Nürnberg) besetzt ist. Hätte man keine Kenntnis von dessen nachweislich im Jahr 1512 erfolgten Auswanderung von Augsburg her nach Nürnberg sowie der ihm dort bereits drei Jahre später gelungenen Einrückung in den Großen Rat, so wäre man versucht, diesen sog. HANS I. mit dem Bruder des vorgenannten Stammträgers der Generation 4 namens und geschrieben bei Stör HANß (DEM ÄLTEREN) gleichzusetzen; siehe diesen in den Abb. D 1 und D 4, in der letztgenannten gesondert herausgestellt zusammen mit seiner Gattin BARBARA LINDENMAIRIN, markiert mit 4 f. Dieser Gedanke wird genährt, wenn man daran denkt, dass einerseits dieser von Sporhan-Krempel wegen seines Wegzugs nach Italien und der Niederlassung in Venedig als Fernkaufmann, der „Italienfahrer” genannt wird, andererseits übereinstimmend Wurzbach und der Gotha sowie auch Aubert Des Bois von diesem JOHANN oder HANS oder JEAN I. ihrer Generation IV ganz ähnlich davon sprechen, dass jener von ihnen aufgeführte Reisen in Italien und Frankreich (die beiden Letztgenannten sprechen von „merkwürdigen” solchen) unternommen habe. Wenn man aber die nachstehenden wörtlichen Darlegungen der vorgenannten Autoren-Dreiergruppe sich zusammenschauend vor Augen führt und mit dem vergleicht, was Spör und Sporhan-Krempel über den Stammträger ihrer Generation 4 berichten, so wird klar, dass es sich mit Sicherheit nicht um die gleiche Person handeln kann. Wir beginnen mit den diesbezüglichen Angaben des

Constantin von Wurzbach (1888):
Dieser führt (siehe oben in der Abb. I 1, Kennzeichnung IV an:

Hans I. (26)
geb. 1418; gest. 1491.
Barbara von Rechtenbach

Und er schreibt in der Rubrik „Genealogie der besonders denkwürdigen Sprossen” unter Nr. 26 der alphabetisch geordneten Lebensbeschreibungen über darüber hinaus Folgendes (die vom Autor entweder fett oder meist gesperrt gedruckten Namen sowie weitere Zielbegriffe sind hier – wie auch die der nachfolgenden Autoren – in Großbuchstaben hervorgehoben):

26. JOHANN (HANS) (geb. zu Nürnberg 1418, gest. in Hagenau 1491). Auch einer jener merkwürdigen Menschen des 15. Jahrhunderts, die noch ihres Biographen harren. Ein Sohn des Nürnberger Patriziers und Senators FRIEDRICH AUGUST VON WIMPFFEN, Herrn auf Brixenstein, Zabietstein und Ebershausen und LUDOVICA THERESIAS geborenen WOLFSKEHL, hat er sich durch seine namhaften Ritterzüge und seine Belagerung der Veste Lindbronn im Elsaß im Jahre 1450, ferner aber auch durch seine merkwürdigen Reisen in Frankreich und Italien berühmt gemacht. BERNHARD HERZOGER in seiner Chronik weiß darüber Näheres zu berichten. Endlich seiner Fahrten über MEER UND LAND müde, ließ sich HANS WIMPFFEN in HAGENAU in der Nähe von Straßburg nieder und vermälte sich mit BARBARA VON RECHTENBACH, welche ihm den Sohn JOHANN II. gebar. Eine Nürnberger Pergamenturkunde aus dem Jahre 1444 spricht von dieser Ehe und dem derselben entsprossenen Sohne, und ein auf einem Stadtthurme zu HAGENAU angebrachtes Denkmal zeugt von der angesehenen Stellung, die HANS V. WIMPFFEN daselbst einnahm.”

– Dann sei der zwar kürzere, doch inhaltlich gleichgerichtete Text von Christoph Cellarius und Julius Gerhard Goldtbeeg im „Gotha” (1853) wiedergegeben:

Sein (gemeint ist FRIEDRICH AUGUST) Sohn, ‚HANS VON W. WOHLBEKANNT’, wie ihn die Chronik Bernard Herzogers nennt, geb. 1418 in Nürnberg, ebenso berühmt durch seine mannhaften Ritterzüge und durch die Belagerung der Veste Lindbronn im ELSAß im J. 1450, wie durch seine merkwürdigen Reisen in FRANKREICH und ITALIEN, ließ sich in HAGENAU nieder, wo er BARBARA VON RECHTENBACH zur Gemahlin nahm, und starb dort 1491 mit Hinterlassung des Sohnes JOHANN II.”

– Zum Schluss sei der originale Text des Aubert Des Bois (1778) über die nachstehende Abbildung gezeigt:

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  • Abb. I 2: Eintragung in der Von Wimpffen-Genealogie des Aubert (de la Chesnaye) Des Bois des Jahres 1778 unter Generation IV, den dort aufgeführten Jean de Wimpffen betreffend.

Dazu die Übersetzung (die Zielbegriffe hier wieder durch Großbuchstaben herausgehoben):
„IV: HANS VON WIMPFFEN, geboren in Nürnberg 1418, der in ITALIEN und in FRANKREICH reiste und sich in HAGENAU IM ELSASS niederließ, wo er einen herausragenden Rang einnahm, wie noch in unseren heutigen Tagen ein öffentliches Denkmal auf einem der Stadttürme beweist. Die berühmte Chronik von BERNHARD HERZOGER aus dem Jahr 1592, S. 41, 42 & 43, Buch V, genau so die Geschichte der Provinz Elsaß des HERRN SCHORPLING, in Latein geschrieben, tun davon eine ehrenhafte Erwähnung. Eine Pergamenturkunde von 1484 in der glaubwürdigsten Art und Weise des Nürnberger Magistrats, ausgehändigt im Zuge einer Recherche in dessen Archiv, erinnert an JEAN, der folgt, seinen Sohn, den er BARBARA VON RECHTENBACH hatte, die er in HAGENAU geheiratet hatte.”

Wenn man die von allen drei vorgenannten Autoren übereinstimmend festgestellte Lebenszeit des beschriebenen HANS bzw. JOHANN bzw. JEAN von 1418 bis 1491 mit jener des als Stammträger ihrer Generation 4 festgestellten HANß DEM ÄLTEREN vergleicht, der laut Sporhan-Krempel 1485 geborenen, 1512, d. h. mit ca. 27 Jahren, von Augsburg nach Nürnberg ausgewandert sowie 1532, d. h. dort schon im Alter von ca. 47 Jahren gestorben ist, so kommt man, auch wenn er von Aubert Des Bois und von Wurzbach in dieselbe Generation (IV bzw. 4) eingereiht ist, auf eine knappe sieben Jahrzehnte frühere Lebenszeit desselben und damit auf einen Unterschied zwischen beiden von stark zwei Generationen. D. h., dass man diesen Hans I. der vorgenannten drei älteren Autoren von den angegebenen Lebensdaten her erstrangig in der Generation 2 von Stör suchen musste, wo er aber nicht auffindbar ist; denn dort sind nur genannt: der Stammhalter LIENHARD (2a) und die Brüder NICOLAUS (2b) und CHRISTOFF (2e). Und auch in dessen Generation 3 sucht man den Namen Hans vergeblich: siehe dort nicht mehr als den Stammhalter HEINRICH DEN ÄLTEREN (3a) sowie die Brüder ALBRECHT (3c), WOLFGANG (3d) und LIENHARD (3f). Damit ist eine Identität von HANß DEM ÄLTEREN (4f) nach Sporhan-Krempel und Stör mit HANS I. nach Wurzbach etc. auszuschließen. Unabhängig davon spricht natürlich auch, dass dieser von den vorgenannten drei Autoren, im Gesamten gesehen, gleichermaßen (in Mischung von Wahrem und Angedichtetem)
– als ein zuerst über Land und Meer in Frankreich und Italien Gereister,
– dann streitbarer Rittersmann im Elsass sowie Besitzer mehrerer Burgherrschaften,
– schließlich in Hagenau im Elsass sich Niederlassender und Heiratender,
– dort einen herausgehobenen Stand des Schöffen und Stettemeisters Erreichender
– und dort auch Sterbender
– sowie denkwürdig Werdender,
– außerdem einen Sohn JEAN oder JOHANN oder HANS (I.) Hinterlassener
beschrieben wird, dessen Personalien mit dem von Stör und Sporhan-Krempel beschriebenen Personenkreis von Handel Treibenden in keinerlei Weise zusammengehen.

Prüft man die angeblichen Ritterzüge dieses Hans I. und seine angegebene Beteiligung an der Belagerung der Feste Lindbronn des Jahres 1450 mittels Durchsicht der von diesen drei Autoren als Quelle genannten „Chronikon Alsatiae – Beschreibung des undern Elsaß, Das Fünffte Buch” des Deutschen Juristen und Historikers – wie heute allgemein geschrieben – Bernhard Hertzog (geb. 1537 in Weißenburg, gest. um1596/1597 in Wörth an der Sauer) aus dem Jahre 1592, S. 41, 42 und 43, nach, so entpuppt sich dieser dort nur auf Seite 43 (und nicht auch, wie von Aubert Des Bois behauptet, auf den Seiten 41 und 42) erwähnt. Dazuhin erscheint dort „Hans von Wimpffen” als einer von ca. zwei Dutzend damaligen rittermäßigen Kampfgenossen und keineswegs, wie man von Wurzbachs und des Gotha hochtrabenden Worten her meinen möchte, als nam- oder mannhafter Teilnehmer an (mehreren) Ritterzügen oder gar, wie man von den Aussagen der vorgenannten Adelsgenealogen her meinen möchte,  als deren führender Kopf.
Siehe dazu als Beleg die

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  • Abb. I 3: Die Seite 43 von „Das Fünffte Buch” von „Chronikon Alsatiae II. Edelsasser Cronick … von 1592 … beschrieben … Durch Bernhart Hertzogen …”, erschienen zu Straßburg und gedruckt durch Bernhart Jobin.

Auf der vorgenannten Seite 43 erscheint dieser durch rote Unterstreichung kenntlich gemachte Name in etwa der Mitte von rund zwei Dutzend aufgeführten Reisigen, die an der Belagerung vom „Hauß Lindelbron” zur Befreiung des dort gefangen gesetzten HANS VON HELMSTETT teilgenommen haben. Unterzieht man die Namen all der angeführten Kampfesgenossen einer Prüfung, so erkennt man, dass es sich bei all denen weniger um Adlige denn um Nichtadlige gehandelt hat, bei denen zwar jeweils ein „von” erscheint, das jedoch vielfach nicht mehr als den dem Vollnamen folgenden Herkunftsort signalisiert, so z. B.: „beywesen … (hier zunächst die Namen am Anfang) Hans Brendels vŏ Altdorffs / Philips Dalheims von Dürckheim / Ruprecht Vlners von Dieperg … (und die Namen am Ende) Niclaus der Büchsenmeisterr von Speyer / Thoman Rürings von Hochstett / und German Rindtfleischs von Römlingen”. Somit dürfte das „von Wimpffen” nicht unbedingt einen Adelsnamen, sondern eher eine Herkunftsbezeichnung beinhalten. Und die Bezeichnung „HANS VON W. WOHLBEKANNT”, wie der Gotha angibt, ist in der Elsass-Chronik des Bernart Hertzog nicht zu finden!

Doch ist immerhin die Existenz dieses HANS VON WIMPFFEN durch die Namensnennung zweifelsfrei nachgewiesen, zumal darüber hinaus dessen Name noch an späterer Stelle dieser Chronik erscheint.
Siehe dazu die

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  • Abb. I 4: Die Seite 155 von „Das Neunt Buch” der vorgenannten Chronik des Bernhart Hertzog.

Die hier in Rot herausgehobene Stelle lautet: „Hans von Wimpffen starb vff Sontag vor S. Margrethetag anno 1591”. Aus diesen beiden Chronik-Nennungen ergibt sich mit Sicherheit, dass dieser immerhin im Hagenau des 16. Jahrhunderts wohnhaft gewesen, als einer der damaligen 24 Schöffen der Stadt fungiert hat und dort auch tatsächlich in dem von allen drei Autoren genannten Jahr 1491 gestorben ist. Beim Lesen des Nachnamens „von Wimpffen” muss man nach der an früherer Stelle mehrfach getroffenen Feststellung, dass erst der 1512 nach Nürnberg gekommene HEINRICH HERMANN DER JÜNGERE den Nachnamenzusatz VON WIMPFFEN angenommen habe, sich wundern, dass bei diesem um zwei Generationen voraus existent gewesenen HANS I. bereits schon als Nachname (und ohne den vorausgehenden Urnamen „Hermann”) „von Wimpffen” auftaucht. Wenn dieser wirklich der Sippe der „Hermann” entwachsen sein sollte, so wäre dieser zwei Generationen vor jenem es gewesen, der schon diese Herkunftsorts-Bezeichnung getragen hat – und zwar bereits ohne den vorgehängten Urnamen, denen, wie noch zu sehen sein wird, den Stammträgern viel späterer Generationen immer noch anhaftet!

Da aus alledem immerhin zu vermuten stand, dass dieser HANS I. VON WIMPFFEN im Hagenau des 15. Jahrhunderts wirklich existent gewesen ist und evtl. auf einem der Stadttürme durch ein Denkmal oder einen Denkstein mit Inschrift o. ä. dokumentiert sein bzw. einstens dokumentiert gewesen sein könnte und die von Aubert Des Bois als Quelle genannte Chronik in Latein des sog. Sieur Schorpling von mir über Jahre hinweg jedoch vergeblich gesucht worden war, versuchte ich 2011 wie folgt weiterzukommen:
Damals stand eine Studienfahrt des Vereins Alt-Wimpfen unter Leitung von Stadtarchivar Günther Haberhauer nach Haguenau an. Und so gab ich diesem einen diesen Hans I. betreffenden Fragekatalog mit, der sich auf dessen Person sowie auf die von den Genealogen angesprochenen Fakten bezog, so auf:
– die Lateinische Elsass-Chronik des sog. Herrn Schorpling,
– das angebliche Siegel bzw. Wappen des Hans von Wimpffen,
– die Pergamenturkunde über die Eheschließung mit Barbara Rechtenbach des Jahres 1444 bzw. von (wohl auf den Sohn Jean/Hans bezogenen solchen) des Jahres 1484,
– einstiges oder noch bestehendes Denkmal auf einem Stadtturm,
– evtl. andere auf den genannten bezogene Spuren.
Nach Rückkunft von dort erklärte mir Herr Haberhauer, dass er vom dortigen Archivar und Museumsleiter die Auskunft bekommen habe, es seien in Haguenau weder die Chronik, noch Urkunden, noch Sonstiges über einen einstigen Hans von Wimpffen bekannt. Dementgegen versicherte mir jedoch Dr. Hans H. von Wimpffen, dass auf Grund seiner Kenntnis der dortigen Gegebenheiten durchaus Nachweise solcher Art sowie vor allem auch über dessen Urgroßvater sowie über Nachfahren in Haguenau und anderen Orten vom Elsass ansässsig gewesener Wimpffen-Abkömmlinge vorlägen.

Zunächst erschien mir in der Tat die Existenz dieses Hans I. durch die in der Website des Dr. Hans H. von Wimpffen gezeigte Fotografie eines diesem zugeschriebenen Wappensiegels bekräftigt, das im Archiv der Stadt Haguenau vorhanden sei und nachstehend wiedergegeben ist in der

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  • Abb. I 5: Das dem Schöffen der Stadt Haguenau Hans von Wimpfen (1418 – 1491) zugeschriebene Wappensiegel mit einem aufrecht stehenden Sparren als Wappenzeichen.

Dieser Sparren nimmt einen im unteren Mittelteil des Siegels füllenden Schild ein und erreicht mit seiner Spitze genau die Mitte des Siegels, auf dem beidseitig und oben je ein geschwungenes Wortband und schemenhaft darauf sich die Aufschrift (die eingeklammerten Buchstaben stellen Ergänzungen des Verfassers dar) die Beschriftung „Hans (v)on Wi(m)pf(e)n” abzeichnen könnte.

Dass in diesem Siegel als Wappenzeichen ein Sparren und nicht der auf den Wappenschilden des Stammbaumes Stör erscheinende Widder zu finden ist, ließ meine Hinordnung zu diesem Hans von Wimpffen zunächst keineswegs ins Wanken geraten. Denn die Hermann und späteren von Wimpffen der ersten vier Generationen haben, wie aus Kapitel G. Wappenempfang, bezogen auf das Jahr 1555, zu erschließen ist, ja zuvor noch gar kein Wappen besessen! Am 19. Februar 2015, der Text dieses Kapitels I. Mysteriöser Hans schien endgültgig zu stehen, erreichte mich nach die Thematik „Hans von Wimpfen und Haguenau” berührenden Gesprächen mit Dr. Hans H. von Wimpffen unversehens eine von diesem zugesandte Kopie eines höchst aufschlussreichen Briefes vom 14. April 1959, den ihm damals (vor 5 ½ Jahrzehnten) der damalige Vorsteher des Archivs, der Bibliothek und des Museums der Stadt Haguenau im Elsass namens A. M. BURG im Zuge dessen während seiner Studienzeit in Heidelberg dort getätigten persönlichen Recherchen zugeschickt hatte. Aus den Angaben dieses Briefes geht in mehrfacher und damit überzeugender Weise denn doch die einstige dortige Existenz dieses Hans von Wimpffen hervor, indem sich dort eine ganze Reihe von Auskünften über das dort vorliegende diesbezügliche Archivmaterial (Lateinische Chronik Schoepflin, Statutenbuch, Ukunden mit Siegel u. a. m.) aufgeführt finden. Der Klarheit und Bedeutsamkeit wegen sei dieser Brief nachfolgend gezeigt in

Abb. I 6: Wiedergabe des am 14. April 1959 an Hans von Wimpffen seitens des Vorstehers der Bibliothek und des Museum der Stadt Haguenau im Elsass namens A. M. Burg in Sachen des Hagenauer Schöffen namens Hans von Wimpfen (auch: HANS VON WYMPFFEN) des 15. Jahrhunderts abgegangenen Schreibens.

Das vom Briefschreiber durch ein den gesamten Wappenschild füllendes Winkelzeichen wiedergegebene Wappen entspricht genau jenem, das auf dem in der Abb. I 5 gezeigten Wappensiegel des Schöffen Hans von Wimpfen bzw. von Wympffen zu finden ist. Beim Lesen des am Anfang zu findenden Namens „Schoepflin” kam mir die Vermutung in den Sinn, dass dessen Person mit dem von Aubert Des Bois angeführten „Sieur Schorpling” und die ebenfalls in Latein geschriebene Chronik des Elsass desselben, die ich ja trotz jahrelangen Suchens nicht hatte aufspüren können, mit jener zitierten Lateinischen Chronik dieses Schoepflin identisch sein könnten. Die Suche im Internet ließ mich denn auch tatsächlich eine solche des JOHANN DAVID SCHÖPFLIN, wie dessen voller Name lautet (geb. 1694 in Sulzburg/Baden, gest. 1771 in Straßburg), des Titels „Alsatia illustrata” (2 Bände, Colmar 1751 – 1761) finden, womit meine Vermutung voll und ganz bestätigt wurde. Und darüber hinaus fanden sich im mit „Germanica Gallica“ betitelten und 1761 in Colmar erschienenen Band II dieser Chronik auf der von Archivvorstand Burg angegebenen Seite 356 innerhalb §. DCLVII (Erster Abschnitt „Incolae“ = Einwohnerschaft) tatsächlich die folgenden auf das Haguenau (Hagenoe) des späten Mittelalters gerichteten und aus dem vorgenannten fast einunddreiviertel Jahrhundert älteren Elsass-Chronikwerk des Bernhard Hertzog der Jahre 1592 geschöpften Eintragungen (die in Klammer gesetzten eingestreuten Partien in Aufrechtschrift stellen meinerseitige Erläuterungen dar):

„ … Ex nobilibus & patritiis gentibus, quas HERZOGIUS (q) recenset, illustriores fuerunt Bernsteinii, Bogneri, Breuningii, Gotteshernii … (Es folgen noch 16 – hier weggelassene – Namen von solchen, die aus religiösen Gründen – da Gegner in Hagenau eingeführten Reformation – von dort vertrieben worden sind) … . Soli Wangii adhuc supersunt & et Wimpfii. ( r )“
In der Fußnote q steht als Erläuterung zu lesen:
„ ( q ) Chron. Alsat. Lib. IX. Cap. X.”
– Und in der zugehörigen Fußnote r heißt es ergänzend:
„( r ) Horum auctor Hermannus à Wimpfen, ob virtutem bellicam, An. MCCCCVIII. nobilitate donatus, posteros multos reliquit; quos inter pronepos Johannes, An. MCCCCVIII. natus, Hagenoe sedes fixit, ubi Magistratum gessit, suumque genus propagavit.”
Zu Deutsch:
„… Von den angesehenen und patrizischen Geschlechtern, die HERZOGIUS ( q ) aufzählt, waren die Vornehmsten die Bernstein, Bogner, Breuning, Gotteshern … . Allein die Wanger sind noch weiter vorhanden & die Wimpf ( r ).” –
Die Übersetzung der beiden Fußnoten lautet:
„( q ) Elsass-Chronik Buch IX Kapitel X.“
„( r ) Deren Urheber Hermannus à Wimpfen, wegen kriegerischer Heldentaten 
(man könnte auch übersetzen: wegen Tapferkeit) im Jahre 1373 geadelt; er hat zahlreiche Nachkommen hinterlassen; dessen Urenkel Johannes ist 1408 geboren, er machte Hagenau zu seinem Wohnsitz, wo er im Magistrat eine Rolle spielte und sein Geschlecht fortpflanzte.”

Hier seien zum Zwecke sowohl der Veranschaulichung wie der Verstärkung der Verifizierung der komplexen Sachverhalte nachträglich in der

  • Abb. I 7a und I 7b: Die vorstehend zitierten beiden Textstellen der Seite 356 der in Latein geschriebenen Elsass-Chronik (Band II/Germanica Gallica) von 1761 des Johann David Schöpflin

wiedergegeben.

Mit der Aufspürung der originalen Textstelle aus der Elsass-Chronik des J. D. Schöpflin ist zwar die Schlussfolgertung verifiziert, die A. M. Burg hinsichtlich des im Hagenau des 15. Jahrhunderts als Schöffe u. a. m. nachweisbaren HANS VON WIMPFEN (WYMPFFEN) eröffnend trifft, nämlich: Dass dieser laut Schöpflin ein „Pronepos“, d. h. ein Urenkel, des im Jahr 1373 geadelten HERMANNUS À WIMPFEN gewesen sei.

Vom erstgenannten Faktum der Tapferkeit und Kriegestaten desselben her in Verbindung mit der Feststellung der diesem im Jahr 1373 verliehenen Adelseigenschaft drängt sich der Gedanke auf, dass dieser mit dem laut Wurzbach durch Kaiser Karl IV. wegen seiner kriegerischen Heldentaten im selben Jahr 1373 geadelten SI(E)GMUND oder SIGISMUND HEEREMANN bzw. laut Stör 1377 als Rittersmann angeblich existent gewesenen SIGMUND HÖRMANN VON WIMPFFEN identisch sein könnte. Was den als dessen Urenkel bezeichneten JOHANNES oder HANS VON WIMPFEN (WYMFFEN) betrifft, so differiert das von Schoepflin mit 1408 angegebene Geburtsjahr mit jenem von Aubert Des Bois, dem Gotha und Wurzbach übereinstimmend mit 1418 angegebenen solchen allerdings um 10 Jahre; auch ist Nürnberg als dessen Geburtsort nur von diesen drei Vorgenannten, nicht bei Schoepflin und Hertzog, aufgeführt. Was aber von Burg aus dem alten Statutenbuch der Stadt Hagenau zusätzlich geschöpft ist, das ist das genaue Datum der Wahl des Hans von Wimpffen sowohl zum Schöffen (15. Januar 1581) als auch dessen Todestag (10. Juli 1491), dazuhin dessen in der Zeit als Schöffe diesem zugekommene mehrfache Wahl zum Stettmeister (auch Stadtmeister), deren es in den elsässischen Reichsstädten drei bis vier gab und die eine dem Rat und Gericht im Jahreslauf abwechselnd vorstehende Art Bürgermeister darstellten. Dazuhin trifft A. M. Burg die Feststellung, dass in Haguenau Urkunden erhalten sind, die dessen Siegel tragen, welches vom Briefschreiber so dargestellt ist, wie es in der Wiedergabe auf der Basis der Fotografie von Dr. Hans H. von Wimpffen (siehe Abb. I 5) erscheint, nämlich als Sparren. Hinzu tritt bei Schoepflin die Auskunft, dass Hans von Wimpfen im Magistrat von Haguenau eine Rolle gespielt und sich in dieser Stadt fortgepflanzt habe. Doch wird von Burg ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Hinweise auf die ihm zugeschriebene Gattin BARBARA VON RECHTENBACH sowie auf ein auf diesen HANS VON WIMPFEN bezogenes Denkmal auf einem (der einst um die 60 und jetzt nur noch vorhandenen 3) Stadttürme nicht bzw. nicht mehr vorliegen. Und auch von dem bei den Genealogen genannten Sohn derselben namens JOHANNES II. oder JEAN II. oder weiteren Nachkommen ist bei Schoepflin wie auch bei Hertzoger und Burg nirgends die Rede. Aus der von A. M. Burg an Baron Hans von Wimpffen gerichteten Bitte um die Zusendung einer Kopie oder des Textes der von den Autoren der Gruppe 1 aufgeführten (Nürnberger) Pergamenturkunde des Jahres 1444 (bzw. laut Aubert Des Bois abweichend des Jahres 1484) lässt sich schließen, dass in Haguenau eine solche (auf die Gattin Barbara Rechtenbach und die Geburt des Hans oder Johannes bezogene) nicht vorhanden bzw. dort nicht bekannt ist. Besonderes Kopfzerbrechen macht das „à” = „in” oder „zu” statt das den Adel aufzeigende „de” im Nachnamen des angeblich 1373 geadelten HERMANNUS À WIMPFEN. Wenn man dennoch die von Schoepflin behauptete Adelsherkunft des HANS VON WIMPF(F)EN anerkennen wollte, so wäre das „von” im Namen desselben nicht als bloße Herkunftsbezeichnung, sondern in der Tat als Adelsbezeichnung zu betrachten. Schoepflin rechnet diesen jedoch nur zu den patrizischen Geschlechtern (Stadtadel) Haguenaus und belegt das durch die alphabetische Auflistung deren aller Namen einschließlich der „WIMPFII”. Doch sucht man im Chronicon Alsatiae des Bernhard Hertzog sowohl in der dort aufgeführten Liste „Vom Adel im Elsas” (siehe in Das Sechste Buch, S. 145 und 146) als auch im Kapitel „Von alten Adenlichen auch Burgerlichen geschlechten zu Hagenaw/ Jhren Wappen vnd Genealogien” (siehe in Das Neundt Buch Das X. Capitel, S. 163 – 174) den Namen und auch das Wappen der „Wimpffen” oder gar „Von Wimpffen” vergeblich.

In diesem Zusammenhang erscheint es notwendig, auf die folgende am Ende des Briefes von A. M. Burg vom 14. April 1959 vertretene Meinungsäußerung zurückzukommen:
Die im 16. Jh. in Hagenau wieder auttauchenden Wimpf sind wohl nach Schoepflin Nachkommen jenes ersten Hans; mir scheint dies aber fragwürdig. Diese führen einen Fuchs im Schild; ihre Nachkommen leben noch heute in Innerfrankreich als ‚de Wimpffen’. In Sedan war 1870 ein französischer General de Wimpffen mit Napoleon III. gefangen genommen worden.”
Zu meiner großen Überrraschung fand sich in der Fortschreibung (erschienen 1903) des „Armorial Général de France … 1696 – 1700, Alsace, Strassbourg”, page 2, No. 17, die folgende Eintragung, die laut der dort gegebenen Namens- und Berufsbezeichnung zweifelsfrei dem in den Kapiteln N. Umorientierung und O. Johann Georg behandelten JOHANN GEORG VON WIMPFFEN (1689 – 1767) galt: „Jean-Georges Wimpff, conseillier des princes palatins des Deux-Ponts, et grand Bailly de Gonstemberg et autres lieux. PORTE: d’azur, á un renard contourné d’argent, tenant une croix au pied fiché d’or, et posée sur une monticule de trois coupeaux de sinople.”
Übersetzt: „Johann Georg Wimpff, Fürstlich Pfalz-Zweibrückenscher Rat und Oberamtmann von Gonstemberg – gemeint: Guttenberg – und anderer Orte. Besagt (bezogen auf das Wappen): In Blau (gemeint: Hintergrund), ein silbern umrandeter Fuchs, ein in den Fuß gestecktes goldenes Kreuz haltend, und auf einen gelben Dreiberg gesetzt.”
Hier liegt sicherlich eben diese von Burg beanstandete Verwechslung der „Wimpff” mit den „de” bzw. „von Wimpffen” vor und insofern sogar eine Verwechslung doppelter Art, als hier dessen Wappenzeichen, der Widder, offenkundig für ein Fuchs gehalten wird. Dass die „Wimpff” (oder auch „Wimff”), die es im Elsass nicht nur in Haguenau oder auch z. B. im Stuttgart des 18./19. Jahrhunderts gab und die keineswegs dem Adel, sondern bestenfalls dem Stadtpatriziat angehörten, in der Tat einen Fuchs im Wappen trugen, das zeigt die folgende in einer Variante (hier nur Wappendarstellungen ohne Wappenbeschreibungen) des o. g. französischen Wappenkompendiums auf S. 39 zu findende und einem „IEAN WIMFF, Fermier des Revenues de la Ville de Brisack” (Pächter der Natural-Einkünfte der Stadt Breisach) zugehörige Wappenwiedergabe; denn diese zeigt einen (heraldisch) nach rechts schreitenden weißen Fuchs und nicht einen Widder, und zwar mit einem im rechten Vorderfuß gehaltenen roten Kreuz über drei grüne Berge schreitend. Immerhin schon sehr merkwürdig, dass bei den Wimpff oder Wimff genau wie bei den Von Wimpffen im Wappen sowohl das Kreuz wie der Dreiberg und auch der blaue Hintergrund zu finden ist! Die Verwunderung wird noch dadurch gesteigert, dass bei der flüchtigen Durchsicht der dort gezeigten nicht weniger als 4.650 auf 812 Seiten gezeigten kleinen Wappendarstellungen des Elsass‘ des ausgehenden 17. Jahrhunderts ff. vier solche gefunden werden konnten, die alle Trägern des Namens „Herman” bzw. auch „Hertmann”, demnach Trägern vom „Urnamen” der Von Wimpffen, stammend aus den verschiedensten Orten des Elsass’, zugeordnet sind:

– S. 86 (4. von 5 Wappen) des Bernard Herman, Greffier et Notaire (Gerichtsschreiber/Kanzleibeamter und Notar) de la ville de Molsheim: Eindeutig zeigt dieses einen nach rechts sich über drei grüne Berge springenden weißen Widder auf schwarzem Grund.
– S. 267 (1. von 5 Wappen) des Bernard Herman, Ministre (evangelischer Pfarrer) à Hauspach: Dieses führt ebenfalls einen weißen Widder, der sich jedoch nach links vor blauem Grund gehend fortbewegt.
– S. 343 (3. von 5 Wappen) des Christoph le Hertmann (Christoph der Hertmann), Bourguemestre (Bürgermeister) de la Ville de Rosheim: Dort geht ein weißer Widder nach rechts über eher ebenen hellen Grund vor grünem Hintergrund.
– S. 576 (1. von 5 Wappen) des Jean Thibault Herman, ohne Berufs- und Herkunftsnennung: Hier springt ein weißer Widder nach rechts über ebenen grünen Grund vor blauem Hintergrund.
Allerdings stößt man
– S. 3 (4. von 5 Wappen) auf Mathieu Herman, Prevot (Vorstand/Vorsteher?) de la Ville et la Baillage de Marckolzem (Markolzheim): Dort springt flach-langgestreckt ein schwarzbrauner Fuchs über fehlendem Grund sowie farblosem Hintergrund nach rechts.

Demnach gab es auch einen elsässischen (oder gar mehrere?) HERMAN, der (die) den Fuchs der WIMPFF statt den Widder der HERMANN und der VON WIMPFFEN im Wappen führte. Im übrigen finden sich dort auch zahlreiche Beispiele, wo das Widderwappen anderen Namen zugeordnet ist, so z. B. sinnvollerweise S. 511 dem Namen Pierre Bokelin, aber auch häufiger solchen, wo es keinen Namenssinn-Hintergrund zu geben scheint wie auf S. 39 bei George Frideric Bruuek, S. 584 Anne-Marie Fridéric de Mullenheim oder S. 608 La Seigneurie de Blosheim (die Herrschaft Blosheim). Die Frage ist, ob es sich bei diesen elsässischen Herman um Eingesessene oder um Zugewanderte handelt, und wenn, dann vielleicht von in viel früheren Jahrhunderten von Wimpfen oder Kaufbeuren oder Augsburg oder Nürnberg her Gekommene? Doch können diese auch von sonstwo zugewandert sein. Denn der Name „Hermann” (oder in seinen vielerlei Schreibvarianten wie auch „Hörmann”, „Hoermann“ oder „Herrmann”) war und ist in Deutschland auch heute noch weitesthin verbreitet und häufigst.

Fragen über Fragen und ziemliche widersinnige, Aufklärungsbedarf signalisierende, Wirrnis, die wächst, wenn wir nun zu dem sog. HANS I. VON WIMPFEN des 15. Jahrhunderts zurückkehren, dessen – wie gezeigt – Existenz zwar eindeutig belegt ist, zu dem hin aber immer noch sowohl von unten her wie nach oben hin die verbindenden Glieder fehlen, so dass dessen Einordnung in den Stammbaum Stör sowie in die Genealogie von Sporhan-Krempel immer noch auf unüberwindliche Schwierigkeiten stößt. Wie schon gesagt, ist schon von den Lebensdaten her eine Idendität mit dem nachweislich in Venedig als Fernkaufmann tätig gewesenen „Italienfahrer” HANß HERMANN oder HÖRMANN der 4. Generation des 16. Jahrhunderts (siehe im Stammbaum Stör bei 4f) mit Sicherheit auszuschließen. Dies gilt ebenso für dessen Bruder, den Stammträger der Generation 4 HEINRICH (DEN JÜNGEREN, ca. 1485 bis 1535). Wir müssen, wie bereits festgestellt, den Erstgenannten innerhalb in etwa der Generation 2 oder vielleicht auch 3 suchen, können aber einen solchen bei Stör nicht finden. Im Gegensatz hierzu erscheint dort der Name HANß – wie der Fortgang zeigen wird – in den Generationen 6 – 9 ebenfalls immer wieder und ab der 7 bis zur 9. Generation wachsend auch JOHANN (mit einem angehängten zweitem Vornamen). Demgegenüber ist in der I. Stammtafel von Wurzbach HANS I. der Generation IV nahtlos sowohl rückwärts wie vorwärts in die Genealogie eingegliedert und tragen auch die stammtragenden Nachkommen desselben auffallenderweise durchgängig (mit Ausnahme von FRIEDRICH bzw. SEBASTIAN der Generation VII) bis zur Generation IX hin den Erstnamen JOHANN (V: JOHANNES II., VI: JOHANNES III., VIII: JOHANN JACOB, IX: JOHANN FRIEDRICH bzw. JOHANN DIETRICH). Dass alle diese Namen sowie auch die der Frauen bei Aubert Des Bois, im Gotha (Cellarius-Goldtbeeg) und bei Wurzbach das „von” in sich tragen und somit auch von daher mit jenen des Wappenbaumes von Stör nach wie vor in keiner Weise übereinstimmen und als unglaubwürdige Nennungen zu werten sind, das wird der Weitergang vollends zeigen. Allerdings, das sei noch einmal als bedeutsam im Sinne der versuchten Identifizierung der Glieder der Vorfahrenkette des HANS I. VON WIMPFFEN herausgestellt, besteht zwischen dem die Wurzel der Stammtafel I des Constantin von Wurzbach sowie des Stammbaumes des J. W. Stör einnehmenden und angeblich 1373 wegen seiner Kriegestaten als Feldoberster von Kaiser Karl dem IV. persönlich zum Rittersmann geschlagenen SIGISMUND HEEREMANN VON WIMPFFEN bzw. SIGMUND HÖRMANN VON WIMPFFEN einerseits und dem von F. D. Schoepflin überlieferten Urgroßvater des HANS I. VON WIMPFFEN namens HERMANNUS À WIMPFEN andererseits eine ausgesprochene Affinität, nachdem jener ebenfalls wegen seiner kriegerischen Heldentaten sowie im gleichen Jahr 1373 geadelt worden sein soll. Daraus muss aber in keiner Weise auf eine wirkliche Idendität der beiden geschlossen werden, sondern nicht minder wiegt im Gegensatz dazu der Gedankenschluss, dass Aubert Des Bois, Wurzbach wie auch Stör ihr von J. D. Schoepflin über HERMANNUS À WIMPFEN gewonnenes Bild vielleicht auf ihren Wurzelbildner, den sagenhaften SIG(IS)MUND, ohne wirkliche Belege dafür vorweisen zu können, einfach übertragen haben.

Das nunmehr trotz der vorstehend offen gebliebenen Fragen angezeigte Weiterschreiten geht dahin, abschließend nunmehr alle auf die Generationen V – VIII bezogenen und großteils zusammenstimmenden Angaben von Aubert Des Bois von 1778, des Gotha von 1853 (Kneschke bleibt, da dieser diese Generationen übergeht, ausgeschlossen) und des von Wurzbach von 1888 zusammenfassend-vergleichend darzustellen, wobei zunächst die der Einfachheit halber gleich die ins Deutsche übersetzte Textwiedergabe des erstgenannten ältesten Autors Aubert Des Bois wiedergegeben und in den Texten des Gotha und von Wurzbach abweichende Sachverhalte oder auch Zusätze in Klammer dazugesetzt und alle Zielnamen wiederum durch Schreibung in Aufrechtschrift und Großbuchstaben hervorgehoben sind:

– „V. JEAN DE WIMPFFEN II. des Namens, geboren 1444, Herr von Brixenstein, Zabietstein, Ebershausen & anderer Orte, hervorgehend aus zwei mit dem Wappenzeichen versiegelten Pergamenturkunden von 1492 und 1493, kehrte (nachdem er laut Gotha zuerst im Elsass und in kurpfälzischen Diensten gewesen war) nach Nürnberg zurück, wo er, den in dieser Stadt bewahrten Registern folgend, 1490 BARBE DE KNOBELSDORFF heiratete, wovon stammen: – 1. SÉBASTIAN, geboren 1492, gestorben ohne Nachkommen; – JEAN, der folgt; – 3. MARIE-EVE, geboren 1495; – 4. LOUISE-DOROTHÈE, geboren 1499.
– VI. JEAN DE WIMPFFEN, III. des Namens, geboren 1494, heiratete 1520 LOUISE-GABRIELLE DE WILDENSTEIN (laut dem Gotha und Wurzbach LUDOVICA GABRIELE VON WILDENSTEIN), und hatte von ihr außer anderen Kindern:
– VII. FRÈDEREIC DE WIMPFFEN (laut Gotha SEBASTIAN II., laut Wurzbach FRIEDRICH bzw. nach Anderen SEBASTIAN), geboren 1521, der ins Elsaß zurückkehrte, um einen Erbnachlass in der Nachfolge seines Urgroßvaters (das wäre HANS I.; laut Gotha aber kommt das Erbe von seiner Großmutter, das wäre BARBARA VON KNOBELSDORF) anzutreten. Er heiratete 1545 in Schlettstadt DOROTHÉE-SUSANNE DE NEUSTEIN (bei Wurzbach NEUENSTEIN), die ihm mehrere Kinder hinterließ, wie es aus einer originalen Teilungsakte hervorgeht; aber man kennt dessen Schicksal nicht. So findet man nur JEAN-JACQUES erwähnt, der folgt und die Nachkommenschaft fortführte.
– VIII. JEAN-JAQUES DE WIMPFFEN, Herr von Brixenstein, Zabietstein, etc. (laut Gotha abgekürzt: „Herr von B. etc.“), heiratete in Franken 1571 MARIA GRÄFIN VON SCHWARZENBERG, und daraus gingen vier Kinder hervor, an die er in seinem Testament erinnert: 1. SÉBASTIAN, geboren 1580, gestorben ohne Kinder;- 2. JEAN-FRÉDERIC, geboren 1581, – 3. JEAN-DIETRICH, geboren 1581, dessen Nachkommenschaft sich in Saugershausen (gemeint: Sangerhausen in Sachsen-Anhalt; darüber an späterer Stelle im Zusammenhang mit dem der Generation IX angehörenden Genannten) niedergelassen hat, der folgt; – 4. ELISABETH, geboren 1587.”

Was die Unterschiedlichkeiten von Aubert Des Bois gegenüber dem Gotha und Wurzbach betrifft, so ist hier noch Folgendes nachzutragen:
Laut Wurzbach war JOHANNES II. (gemeint JEAN II. in zweiter Ehe mit ANNA VON ALB (gest. angeblich 1526) verheiratet, woraus 5. SIMON, gestorben 1538 zu Haguenau, hervorging; laut dem Gotha dort begraben neben seinem Großvater (JEAN/HANS I.), laut Wurzbach vermählt mit SUSANNE VON GRETZINGEN. Als deren Sohn erscheint im Gotha und bei Wurzbach WILHELM, geb. 1516. Dieser soll laut Wurzbach mit MAGDALENA VON LAUENBURG und deren Sohn CHRISTOPH mit VERONICA VON HEINSPERG verheiratet gewesen sein. Laut dem Gotha zog der Erstgenannte ebenfalls ins Elsass, wo überhaupt Zweige der Familie fortan bis zur französischen Besitznahme von diesem verblieben sein sollen. Ein abschließender Blick in die I. Stammtafel des C. von Wurzbach (siehe die obige Abb. I 1) und dort auf die Generationen VI – VIII) lässt die vorstehend komplex erscheinenden genealogischen Sachverhalte in übersichtlicher Kurzform erscheinen und erleichtert den Zugang und das Verständnis. Demgegenüber zeigt der Blick auf die Stammträger der Parallel-Generationen 5 bis 8 des Stammbaumes von J. W. Stör völlig andere Namen, ein Umstand, der beim weiteren Durchschreiten derselben in den Folgekapiteln J. Christoph und Niclas, K. Unterpfleger Christoph und L. Adelswerdung nach und nach vollends sichtbar werden wird

Der zu empfehlende vergleichende Blick auf die oben in Abb. I 1 zu findende I. Stammtafel des Constantin von Wurzbach bringt den Vorteil, dass dort, was den Durchblick fördert, allein die Namen der Stammträger mit meist nur Geburtsjahr und deren allesamt dem Adel entstammten Gattinnen sowie nur im Falle der Generation VI auch mit den vier Geschwistern und dazuhin des Viertgenannten dieser Geschwisterreihe mit Sohn und dessen Gattinnen aufgeführt sind.

Die demgegenüber jedoch nachgewiesene Existenz dieses HANS oder JOHANN I. (der Generation IV nach den Autoren der Gruppe I) in Verbindung mit dem allerdings fehlenden Anschluss nach unten und oben signalisiert Folgendes: Die vorgenannten elsässischen zwei Städte Haguenau, Schlettstadt und auch die später noch ins Spiel gelangenden Städte Weißenburg, Molsheim und Neu-Breisach sind (natürlich neben Augsburg, Nürnberg, und auch Wimpfen selbst, dazuhin nach den neuesten an späterer Stelle aufgezeigten Erkenntnissen auch Kaufbeuren) als erstrangige Zielorte der weiteren Von- Wimpffen-Forschung zu begreifen, was helfen könnte, bestehende Lücken zu schließen und vor allem auch die bestehenden Widersprüche, Ungereimtheiten und Unklarheiten zu beseitigen. Hinzu muss auch noch Straßburg treten, wohin nach Auskunft von Dr. Hans H. von Wimpffen innerelsässische Akten verlagert worden sind und nach denen dieser baldig weitere Ausschau halten will. Es wäre zwar verwunderlich, wenn solche Forschungen volle Sicherheit für die Richtigkeit von dessen These bringen würden, dass die Adelsfamilie der Von Wimpffen letztlich nicht aus dem 1512 von Augsburg nach Nürnberg umgesiedelten HEINRICH HERMANN (DEM JÜNGEREN), der sich der Nachnamenserweiterung VON WIMPFFEN bediente, herausgewachsen ist, sondern bereits Jahrhunderte vorher im Elsass unter diesem Namen bestanden hat und gar zumindest bis auf den kaiserlichen Vogt der Königspfalzen Wimpfen und Hagenau im Elsass sowie der dieser nahen Burg Trifels des 12. Jahrhunderts WILHELMUS DE WIMPFFEN der sog. Stauferzeit zurückzuführen ist. Damit wären der vorstehend zweifesfrei nachgewiesene Schöffe und Stettmeister in Hagenau der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts HANS VON WIMPFFEN sowie dessen von Johann Daniel Schoepflin aufgeführter Urgroßvater HERMANNUS À WIMPFEN des 14. Jahrhunderts und die angeblichen zahlreichen Nachfahren desselben und die elsässische ehemalige Freie Reichs- und Schwesterstadt Wimpfens Hagenau im Elsass als eigentlicher Ursprungsort des Geschlechtes der Von Wimpffen anzusehen. Dass diese These mit den bislang vorhandenen dürftigen urkundenmäßigen Fakten und ganz besonders mit dem Umstand, dass diese nachweislich ja zunächst „Hermann” oder „Hörmann” hießen, in keiner Weise zusammengeht, soll im Endkapitel Z. Rück- und Weiterschau anhand der kritischen Durchleuchtung der von Constantin von Wurzbach in seinem speziell den Von Wimpffen geltenden Werk des Jahres 1888 als deren sog. vorurkundlichen Vertreter der ersten Hälfte des 11. bis 14. Jahrhunderts vorgezeigten ARNOLD, DAGOBERT, CONRAD sowie ominösen HEEREMANN VON WIMPFFEN des angeblichen letzten Magdeburger Turniers des Jahres 1036 dargelegt werden.